Kultur Südpfalz Premiere am Bistum Speyer: Chawwerusch-Theater spielt Auftragsstück

Das Chawwerusch-Theater blickt aus individuellen Perspektiven auf die Speyerer Bistumshistorie.
Das Chawwerusch-Theater blickt aus individuellen Perspektiven auf die Speyerer Bistumshistorie.

Das Herxheimer Theater Chawwerusch beleuchtet zum 200. Jahrestag der Neugründung des Bistums Speyer Kirchengeschichte. Titel des Stücks: „Wer die Wahrheit tut“

„Seht ich mache alles neu“ lautet das Motto, das sich das Bistum Speyer für die Feier seiner Neugründung vor 200 Jahren auserkoren hat. Und neu ist auch die Art und Weise, wie die Kirche dieses Jubiläum begeht: Mit einem Bühnenstück, das sie beim Chawwerusch-Theater in Herxheim in Auftrag gegeben hat, um die jüngere Kirchengeschichte zu beleuchten und mit der Gegenwart zu verbinden. „Wer die Wahrheit tut“, so der Titel, hat heute in Edenkoben Premiere und wird bis 10. Juni in allen Dekanaten des Bistums aufgeführt. Fast 800 geschichtsträchtige Jahre hatten sich in die dicken Mauern des altehrwürdigen Doms eingegraben – dann ist das Fürstbistum Speyer in Folge der Französischen Revolution für die nächsten 17 Jahre „von der Landkarte einfach verschwunden“, erzählt Generalvikar Franz Jung bei der gemeinsamen Pressekonferenz der Diözesanvertreter und der Theaterleute im Proberaum des Chawwerusch-Theaters in Herxheim. „Es war die große Katastrophe in unserer Geschichte – die Rechtsperson des Bistums war erloschen“. Der Dom diente den französischen Truppen fortan als Pferdestall, andere Gotteshäuser wurden völlig zerstört, die katholische Kirche lag am Boden. „Und dann ist sie in einem ganz anderen Setting noch mal neu erstanden“, macht der Kleriker verbal schon fast eine Filmszene aus diesem Fakt, der damit zusammenhängt, dass die Pfalz nach dem Wiener Kongress 1817 zu Bayern kam: Zwischen Bayern und dem Papst wurde ein Vertrag – das berühmte Konkordat – geschlossen, das die Neugründung des Bistums Speyer besiegelte. Seitdem sind wieder 200 Jahre vergangen und das Jubiläumsfest, so Jung, „soll mehr sein als ein mit Wein gefüllter Domnapf“, den es natürlich auch geben wird. Wichtiger noch ist der Diözese der Blick auf das, was die 200 Jahre seit der Wiedergeburt füllte. Was die Menschen bewegte, was sie dazu antrieb, am Aufbau des Bistums mitzuarbeiten, wo sie freie Hand und von wem sie Restriktionen bekamen. „Es geht nicht darum, im Feiern das Bistum hochleben zu lassen, sondern die damaligen Probleme darzulegen“, und den Weg zum Hier und Heute aufzuzeigen, erklärt Jung. Ein klarer Fall für das Chawwerusch-Theater also, das immer dort besonders stark ist, wo einfache Menschen Großes leisten und dabei auch mal mit sich selbst hadern dürfen. Die Herxheimer Theaterleute nahmen die Herausforderung der Auftragsarbeit zusammen mit dicken Bündeln geschichtlicher Unterlagen an und konzipierten mit dem bewährten Führungsteam Jürgen Flügge (Regie) und Danilo Fioriti (Buch) ein Theaterstück, das den Neuanfang mit all seinen Höhen und Tiefen in drei Kirchenmännern, zwei Nonnen und dem bayrischen Regierungspräsidenten Zwack auf ernste, aber auch humorvolle Art bündelt. Alle Personen und Situationen, so versichern sie, „haben historisch verbürgte Vorbilder, auch die Handlungsstränge sind geschichtlich fundiert“, aber aus dramaturgischen Gründen wird manches Vorkommnis neu arrangiert. Fels in der Brandung ist Nikolaus von Weis (Ben Hergl), der als junger Priester nach Speyer berufen wird, um am Aufbau des Bistums mitzuarbeiten. Er macht seine Sache gut und ist zwei Jahrzehnte später Bischof einer blühenden Kirchenlandschaft mit restaurierten Gotteshäusern und engagierten Geistlichen. Zu ihnen zählt Paul Josef Nardini (Stephan Wriecz), ein junger, schüchterner, an sich selbst zweifelnder Priester, den die Not der Menschen so erbarmt, dass er trotz vielfacher Widerstände und ohne Erlaubnis den „Orden der Armen Franziskanerinnen“ – später Mallersdorfer Schwestern – gründet, die rasanten Zulauf, unter anderem von Oberin Agathe (Monika Kleebauer) und Schwester Katharina (Gastschauspielerin Hanna Gandor) erfahren. Rasant ist auch die Entwicklung von Pfarrer Franz Tafel (Thomas Kölsch), der als Geistlicher in Zweibrücken wirkt, zum flammenden Demokraten wird, als Abgeordneter an der Nationalversammlung in der Paulskirche teilnimmt und sich schließlich von der Kirche so weit entfernt, dass er suspendiert wird. Dass die Kirchenmänner in ihren eigenen Charakteren und Temperamenten auf so verschiedene Weise dazu beitrugen „die Wahrheit zu tun“, hat Bistums- und Theatervertreter zu einer überraschenden übergeordneten Wahrheit geführt: Schon immer gab es, noch immer gibt es diese verschiedenen Wahrheitssucher in der Kirche: Die Streiter für die Armen, die klerikalen Ästhetiker und die Befreiungstheologen. So zwingt das Stück im Grunde auch jeden Zuschauer zur persönlichen Stellungnahme. Info Das Stück „Wer die Wahrheit tut“ geht auf Tournee in die Dekanate des Bistums. Karten gibt es in den jeweiligen Pfarrämtern oder am zentralen Kartentelefon 06232 102-0.

x