Rheinpfalz Polen fühlen sich wie im Paradies

RUMBACH. „Ein Paradies auf Erden – das beneiden wir“, sagt der Leiter der polnischen Gruppe von Dorferneuerungsfachleuten aus der Woiwodschaft Oppeln zur Gemeinde Rumbach. Die polnische Gruppe ist interessiert an den deutschen Konzepten der Dorferneuerung und scheut sich auch nicht, kritische Fragen zu stellen.

So hören die 21 Teilnehmer der Studienfahrt interessiert Heidelinde Koslowski, Bürgermeisterin von Rumbach, bei der Beschreibung ihrer Gemeinde und deren Erfolge bei der Erneuerung zu. Die Sprachbarriere scheint kein Problem zu sein, da die Gruppe einen eigenen Übersetzer dabei hat, der alles dolmetscht. Die Dorferneuerungsgemeinde Rumbach erhielt 2010 die Silbermedaille beim Bundesentscheid „Unser Dorf hat Zukunft“ und im Jahr zuvor gewann sie beim Landesentscheid den Sonderpreis für Innenentwicklung. Zudem ist sie die erste „Fairtrade-Gemeinde“ in Rheinland-Pfalz. Daher können die Polen viel von der Gemeinde lernen: Das „Zusammenspiel aus Geschichte und Kultur“ begeistert den Woiwoden Ryszard Wilczynski, Leiter der Gruppe. An den demografischen Wandel dachte die Gemeinde neben der Erneuerung natürlich auch, und so kommt die Betreuung und Pflege der Senioren im Dorf nicht zu kurz. Durch Nachbarschaftshilfe, die Gemeinde und Kirche sowie durch polnische Frauen, die den Bedürftigen im Haushalt helfen, ist für die Senioren bestens gesorgt. Die polnischen Teilnehmer verfolgen bei Kaffee und Kuchen einen Vortrag von Christine Halfmann, Planerin und Moderatorin der Dorferneuerung in Rheinland-Pfalz, über die Planungsleistungen und -grundlagen für eine ganzheitliche Dorferneuerung am Beispiel der Gemeinde Ober-Flörsheim. Zunächst ist die Bestandsaufnahme wichtig und die Erstellung von einem Regional-, Flächennutzungs- und Bebauungsplan, erklärt Halfmann ihr Vorgehen. Danach werden die Einwohnerentwicklung, die soziale Struktur des Ortes und die Bauentwicklung untersucht und letztendlich daraus eine Hilfestellung für die Gemeinde entwickelt. Auch die Innenentwicklung, ökologische und finanzielle Situation werden beim Erstellen eines Konzepts zur Dorferneuerung berücksichtigt. Die polnischen Gäste stellen immer wieder Zwischenfragen, zum Beispiel ob bei einem Fragebogen die Dorfbewohner wirklich alle freiwillig Daten preisgeben oder wie die leerstehenden Häuser in den Gemeinden ermittelt werden. Die Finanzierung ist auch ein Thema, das die Polen beschäftigt. Ihnen ist unklar, wie die ganzen Projekte und die Arbeiter bezahlt werden. Halfmann macht klar, dass die Arbeitsgruppen in den Gemeinden alle ehrenamtlich wirken und die Dorferneuerung von vielen Seiten gefördert wird. Dennoch kann man die Kosten eines Konzepts „unmöglich abschätzen“, räumt sie ein. Bevor es weiter zum Ortsrundgang in Rumbach geht, macht Franz Kattler, Referatsleiter Dorferneuerung vom Ministerium des Inneren für Sport und Infrastruktur, klar, dass es sehr wichtig ist, dass die Planer und die Maßnahmen finanziell eine gute Ausstattung erhalten. Außerdem leisten die Mitarbeiter der Kreisverwaltung einen wichtigen Beitrag. „Ohne diese Leute könnten wir hier keine Dorferneuerung machen“, sagt Kattler und weist dabei auf Peter Martini von der Bauaufsichtsbehörde. Beim Rundgang durch Rumbach zeigt die Bürgermeisterin zunächst das „multifunktionelle Rathaus“, in dem ein Arztzimmer, eine Bücherei und ein Saal für die zehn Vereine im Dorf zu finden sind. Beeindruckt wandern die Polen durch das Gebäude, das 1866 erbaut und 1995 durch die Initiative der Gemeinde erneuert wurde. Dass ein Arzt zweimal in der Woche im Rathaus Sprechstunde hat, „ist ganz wichtig für die älteren Leute“, so Koslowski. Außerdem hat Rumbach eine Quelle im Naturschutzgebiet, die die sieben Brunnen und die Wassertretanlage der Gemeinde speist. Diese kann nun auch Landrat Hans Jörg Duppré besichtigen, der zu der Gruppe hinzugestoßen ist und den Rundgang kurze Zeit begleitet, da er das Mittagessen nicht wie geplant mit den Polen verbringen kann. Früher nutzten die Einwohner die Brunnen zur Trinkwasserversorgung, doch heute dienen sie nur noch der Verschönerung und erinnern durch Informationstafeln an die Geschichte des Ortes. Als Zierde dient auch ein Wasserlauf, der sogar bei Halfmann für Begeisterung sorgt. Der Schwerpunkt der Dorferneuerung in Rumbach liegt allerdings auf der Umnutzung alter ortsprägender Gebäude, wie zum Beispiel Scheunen zum Wohnen für junge Familien. In diesem Zusammenhang zeigt die Bürgermeisterin den polnischen Teilnehmern viele sanierte und umgebaute alte Gebäude, die zu schönen neuen Wohnhäusern oder auch Ferienwohnungen wurden. Die Polen zeigen sich beeindruckt von der Schönheit des Dorfes und schießen viele Fotos von den historischen Gebäuden. Eine weitere kleine Erneuerungsmaßnahme „mit großer Wirkung“, so Kattler, sind die aufgestellten Bänke, auf denen die Senioren bei ihrem Spaziergang verweilen können. Auch der Dorfladen mit seiner eigenen Bäckerei lädt sowohl Touristen als auch Einheimische zum Kaffeeklatsch ein. Der Laden ist wichtig für die Grundversorgung der Senioren im Ort, da gibt es „alles was man braucht“, so Koslowski. Zurzeit baut die Gemeinde einen Generationenpark in den Heuwiesen, der bei den polnischen Teilnehmern auf großes Interesse stößt. So blicken die Polen zwar noch etwas skeptisch zur Wassertretanlage, aber die Boulebahn zaubert einigen ein Lächeln aufs Gesicht. Auch der geplante Spiel- und Grillplatz mit seinem Baumhaus und dem Bewegungsparcour für Senioren erntet anerkennendes Kopfnicken. Fasziniert sind die Polen vor allem von dem großartigen ehrenamtlichen Engagement der Rumbacher, die überall freiwillig mitarbeiten und ihr „Dorf am Leben erhalten wollen“, sagt Koslowski. Dennoch stellen sich die Dorferneuerungsfachleute die Frage, wie Rumbach all das finanziert. Hierzu erklärt Ralf Weber, der am Sonntag die Nachfolge von Koslowski als Ortsbürgermeister anstrebt und als Büroleiter des Forstamts Wasgau tätig ist, dass die Gemeinde durch 10.000 Hektar Wald jährlich einen Gewinn von 20.000 bis 30.000 Euro beim Holzverkauf erwirtschaftet. Trotzdem war es nur durch Zuschüsse und Förderung möglich, Rumbach zu einem solch malerischen Ort umzugestalten. Im Anschluss besucht die Gruppe Nothweiler und lässt den Tag bei einem Abendessen in Fischbach ausklingen.

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