Karlsruhe Mitreißender Gute Laune-Abend: Premiere der „Großen Hitparade“ am Staatstheater

Christina Niessen und Cindy Weinhold konkurrieren in ihrem Glitzerfummel mit der Discokugel.
Christina Niessen und Cindy Weinhold konkurrieren in ihrem Glitzerfummel mit der Discokugel.

Zumindest bei den älteren Zuschauern im Staatstheater Karlsruhe weckt Philipp Eckles Bühnenbild für „Die große Hitparade“ viele nostalgische Assoziationen. Der Charme dieses Abends, der am Mittwoch Premiere feierte, besteht nicht nur in der stimmungsvollen Wiedergabe von Lieblingshits, sondern auch in deren Einbettung in den historischen Kontext.

Gleich wird der weibliche Schlagerstar in großer Robe eine der beiden geschwungenen Showtreppen herunterschweben, Dieter Thomas Heck in rasantem Stakkato den nächsten Hit ankündigen und Ilja Richter „Spot an“ rufen. Discokugeln warten auf ihren Einsatz. Der allerdings kann noch etwas dauern, denn im Theater hangelt man sich natürlich nicht einfach durch die aktuellen Top Ten. „Evergreens mit Ohrwurmgarantie von den 1920ern bis heute“ stehen auf dem Programm.

Und die werden nicht einfach nacheinander abgesungen. Ein jedes Jahrzehnt wird anmoderiert und charakterisiert. Damit die Hitparade aber nicht wie eine Geschichtsstunde wirkt, kommen die Epochen nicht in chronologischer Reihenfolge, sondern bunt durcheinander. Und zu jedem Jahrzehnt schlüpfen die Solisten ins passende Outfit, und das bedeutet eine Reihe schneller Kostümwechsel.

Solistenquartett hat spürbar Spaß

Das Entscheidende, dass der Funke überspringt, ist der spürbare Spaß, den das Solistenquartett auf der Bühne hat, und die hörbare Freude, mit der gesungen und musiziert wird. Man spürt den monatelangen Auftrittsentzug. In dem zwangsweise halbleeren Großen Haus für Stimmung zu sorgen, ist gar nicht so einfach, aber es gelingt. „Die große Hitparade“ ist ein musikalisch mitreißender Gute Laune-Abend.

Cindy Weinhold, Jazzsängerin und musikalisches Multitalent, hat gekonnt kühne Medleys arrangiert, in denen sich kurze Ausschnitte aus Hits vergangener Jahrzehnte überraschend geschmeidig aneinanderfügen. Gerne lässt Weinhold auch zwei sehr bekannte Evergreens sozusagen im Wechsel singen, als sei dies ein musikalischer Dialog. Und ihre Arrangements für die Band mit Trompeter, Posaunist, Saxofonist, Schlagzeuger, Gitarrist, Bassist und ihr selbst am Keyboard sind ebenso raffiniert wie anspruchsvoll.

Gestandene Opernsopranistin schmettert den „Honolulu-Strand-Bikini“

Dafür hat das coronagerecht weit auseinander sitzende Publikum das Vergnügen, die gestandene Opernsängerin Christina Niessen von einer ganz anderen Seite zu erleben. Mit dem „Itsy bitsy teeny weeny Honolulu-Strand-Bikini“ zum Beispiel. Und die warme dunkle Farbe ihres Soprans in der tiefen Lage kommt in „Ganz Paris träumt von der Liebe“ wunderbar zur Geltung. Niessen erweist sich – wie auch ihre Mitstreiter – zudem als souveräne Moderatorin, ein Talent, das bei Wagner und Verdi nicht ausgespielt werden kann.

Sven Daniel Bühler ist der ideale Co-Moderator, der lässig und selbstironisch Pointen setzt. Musikalisch zeigt sich Bühler bemerkenswert wandlungsfähig, ob Rock, Pop oder Disco, ob mit Brust- oder Kopfstimme, er kann praktisch alles singen, von Frank Sinatras „Love and Marriage“ bis zu „Another One Bites the Dust“ von Queen. Auch Laura Teiwes vom Schauspielensemble singt sich stilsicher von den 1920ern bis hin zu Adele. Beachtliche vokale Wandlungsfähigkeit demonstriert Cindy Weinhold.

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