Rheinpfalz Ministerin pariert CDU-Angriff auf Dreyer

Mainz (kad). Sozialministerin Sabine Bätzing-Lichtenthäler (SPD) verteidigte gestern im Mainzer Landtag die freihändige Vergabe eines 212.000 Euro schweren Auftrags an die Firma Schneider Organisationsberatung im Jahr 2012. Damals war ihre Vorvorgängerin, die heutige Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD), noch Chefin des Sozialministeriums. Wie berichtet, sagt die CDU-Opposition, das Ministerium habe gegen Vergaberecht verstoßen. Die CDU-Vorwürfe reichen noch weiter: Im Zusammenhang mit der Verteilung der Gelder aus dem Europäischen Sozialfonds laufe immer alles auf ein Unternehmen hinaus: „Die Firma des früheren Inhabers Klaus Jensen“, sagte gestern die sozialpolitische Sprecherin der CDU, Hedi Thelen, bei der Besprechung der großen Anfrage der CDU zur Verwendung der Gelder aus dem Europäischen Sozialfonds (ESF). Sie ergänzte: „Über eine solche Nähe zu Entscheidungsträgern würde sich manch’ anderes Unternehmen auch freuen.“ Hedi Thelen sprach nicht aus, was landläufig bekannt ist: Klaus Jensen ist seit 2004 Dreyers Ehemann. Bereits 1994 war Jensen aus dem Beratungsunternehmen ausstiegen, nachdem er den Ruf erhalten hatte, Staatssekretär im Mainzer Sozialministerium zu werden. Das blieb er bis 1999. Dreyer, die gestern während der Debatte fast demonstrativ mit Regierungsmitgliedern redete oder ihre Akten bearbeitete, hatte am Vortag die CDU-Vorwürfe zurückgewiesen. Es gehe der Opposition nur darum, ihre persönliche Integrität anzugreifen, sagte sie. Die CDU spricht seit zwei Jahren von „Filz und Vetternwirtschaft“ im Zusammenhang mit der Verteilung der ESF-Mittel und der zentralen Rolle der Schneider Organisationsberatung. Tatsächlich deckte die Union mittels einer Vielzahl parlamentarischer Anfragen Unstimmigkeiten auf, etwa, dass Schneider sowohl die „Landesberatungsstelle ESF“ betreibt, die Projektträger berät, als auch selbst in sechs Fällen Projekte angeboten und dafür Mittel aus dem ESF erhalten hat. Vor wenigen Tagen nun trat die CDU mit dem mutmaßlichen Vergaberechtsverstoß bei der Beratungshotline an die Öffentlichkeit. Begründung: Weil der Schwellenwert von 200.000 Euro überschritten sei, hätte ausgeschrieben werden müssen. Unterstützt wurde sie von dem Verwaltungsjuristen Jens Hoffmann, wissenschaftlicher Mitarbeiter der Universität Mainz. Was die CDU nicht mitgeteilt hatte, war, dass Hoffmann zugleich CDU-Ortsvereinsvorsitzender in Münster-Sarmsheim (Landkreis Mainz-Bingen) ist. Die SPD wertete die Expertise deshalb als Gefälligkeitsgutachten. Deshalb hagelte es von der SPD gestern im Landtag Häme. Deren sozialpolitische Sprecherin Tanja Machalet sagte: „Er ist nur ein ausgewiesener CDU-Aktivist und kein ausgewiesener Vergabeexperte.“ Das wiederum bezeichnete der stellvertretenden CDU-Fraktionschef Baldauf in einer Kurzintervention als „Geschmacklosigkeit“. „Das ist unanständig“, schimpfte Baldauf. Fred Konrad von den Grünen legte nach: „Die CDU hat den Eindruck erweckt, er habe ein Gutachten erstellt. Dabei hat er nur seine Meinung mit dem Hintergrundwissen als Jurist gesagt. Das macht Herr Baldauf auch manchmal. Und wir wissen von ihm: Er hat nicht immer Recht.“ In der Sache widersprach Bätzing-Lichtenthäler der CDU. 2008 sei der Auftrag für die ESF-Beratungsstelle an Schneider Organisationsberatung nach einer nationalen Ausschreibung vergeben worden. Das Auftragsvolumen betrug 1,6 Millionen. Dieser Spezialfall der nationalen Ausschreibung habe vier Jahre später eine „geringfügige Nachbestellung“ ermöglicht. Unter der großen Überschrift ESF-Beratung passen nach Ministeriumsangaben auch die unterschiedlichen Tätigkeiten zusammen – die Beratung von Projektträgern einerseits und die von Privatpersonen, die einen Zuschuss in Form eines „Quali-Schecks“ für eine Weiterbildungsmaßnahme wollen. Einen Schwellenwert von 200.000 Euro, der laut CDU eine europäische Ausschreibung erzwungen hätte, sehe das Recht im Fall der nationalen Ausschreibung nicht vor. Seit 2014 wird die Hotline für diesen Quali-Scheck im Landesamt für Soziales und Jugend betrieben. Wie es hieß, habe 2012 dafür das Personal gefehlt. (Fotos: dpa/Trierischer Volksfreund)

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