Rheinpfalz Mannheims Vielfalt betonen

Mannheim. Dass die Linke immer noch mit der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED) der ehemaligen DDR in Verbindung gebracht wird, entlockt Gökay Akbulut nur ein Achselzucken. Für die 31-Jährige gibt es die Linke erst seit 2007, als PDS und WASG zusammengingen. Und dass Akbulut, die in Heidelberg Politikwissenschaft studiert hat, Mitglied der Linken wurde, begründet die neue Kommunalpolitikerin, die seit 2010 in Mannheim lebt, damit, dass diese die einzige Partei sei, die sich eindeutig gegen Krieg, Kriegseinsätze der Bundeswehr und gegen deutsche Waffenlieferungen einsetze. Das Interesse Akbuluts an derlei Themen findet sich nicht zuletzt in ihrer Herkunft begründet. Akbulut ist kurdisch-alevitischer Herkunft, geboren in der Türkei. „Wenn man staatenlos ist, ist man immer am Weltgeschehen interessiert“, sagt sie. Und weil das auch für ihre Eltern und Großeltern gelte, komme sie eben aus einer an Politik interessierten Familie. Als die kleine Gökay neun Jahre alt war, kam die Familie nach Deutschland. Akbulut ist in Hamburg aufgewachsen und hat dort ihr Abitur gemacht. Zum Studium ist sie nach Heidelberg gezogen, wo sie heute auch beruflich tätig ist. „Es geht“, sagt sie auf die Frage, wie gut sie inzwischen Mannheim kenne. Was sie als künftiges Gemeinderatsmitglied in der und für die Stadt bewirken will, das weiß die 31-Jährige, die seit vorigem Jahr auch Mitglied des baden-württembergischen Landesvorstands der Linken ist, indessen sehr genau. Zwei Themen stehen für Akbulut dabei ganz oben: Bildung und Integration. Rund 60 Prozent aller Kinder in Mannheim hätten mittlerweile einen Migrationshintergrund, sagt sie. Die Probleme, die daraus resultierten, seien bekannt, „aber das deutsche Bildungssystem tut sich nach wie vor schwer, diese Probleme zu lösen“, sagt die Neu-Kommunalpolitikerin, die mit zwei weiteren Linken im neuen Gemeinderat sitzen wird. Akbulut, die sich in Heidelberg auch beruflich darum kümmert, dass mehr ausländische Jugendliche eine Ausbildung machen können, kann sehr emotional werden bei diesem Thema. „Wenn man nicht von Anfang an in die Bildung dieser Kinder investiert, darf man sich auch nicht wundern, wenn sie mit 15 das Handtuch schmeißen und in kriminelle Milieus abrutschen.“ Akbulut und ihre Parteikollegen wollen sich deshalb beispielsweise für mehr Gemeinschaftsschulen in Mannheim einsetzen. Und dass in einer Stadt, in der seit Jahrhunderten Migranten leben, auch Populisten und Rechtsradikale in den Gemeinderat einziehen, zeige doch, dass in Sachen Integration auch sonst einiges „schief läuft“, meint die 31-Jährige. Deshalb wolle sie sich auch gegen Diskriminierung stark machen und die Vielfalt, die Mannheim doch ausmache, betonen. Ebenso wolle sie die Rechte von Frauen stärken. Die Abschaffung der Kita-Gebühren ist dabei eines ihrer Anliegen. „Ich kenne alleinerziehende Frauen, die rund zwei Drittel ihres Gehalts dafür ausgeben“, nennt Akbulut einen Grund dafür. Abseits der Politik liest die 31-Jährige gerne, russische Klassiker etwa oder Gabriel García Márquez. Reisen ist eine weitere Leidenschaft, am liebsten in die USA oder nach Kanada. Ganz so weit weg wird ihr anstehender Urlaub sie nicht führen. „Entweder in die Türkei oder nach Frankreich“ werde es demnächst gehen. Noch einmal ausspannen, bevor sie los geht, die politische Arbeit.

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