Kultur Südpfalz Malerei ist wie ein Schachspiel

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Tokyo – Berlin – Edenkoben: Der japanische Maler Ryo Ozeki kann überall gut leben und lässt das jeweilige Umfeld auf sich und seine Kunst wirken. Die zart-poetischen Bilder, die während seines aktuellen Stipendiums im Herrenhaus in Edenkoben entstehen, lassen vermuten, dass es ihm hier gut geht. Vernissage der Ausstellung ist am Sonntag um 17 Uhr.

Ohne Plan, ohne Zielvorgabe, ohne schweres Gepäck ist Ryo Ozeki im August nach Edenkoben gekommen und hat sich dort als Malerstipendiat in die Wohnung und das Atelier des Herrenhauses eingenistet. Ein paar Leinwände, ein paar Tuben Ölfarbe, ein Sortiment Pinsel, alles so fein säuberlich und akkurat auf dem großen Werktisch und einer Wandtafel platziert, dass man den Arbeitsraum auch als Ruheoase sehen könnte. Und wenn der Blick aus dem Dachfenster über die bunten Wingertzeilen, das Hambacher Schloss und den Haardtrand streift, werden die Sinne ganz von alleine geweckt. „Oft beginnen meine Arbeiten mit der Farbigkeit“ erklärt Ryo Ozeki, der 1986 in Aichi (Japan) geboren wurde, von 2006 bis 2009 an der Tokio University of the Arts Ölmalerei und von 2011 bis 2013 an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste in Karlsruhe Malerei studierte und heute in Berlin und Tokio lebt. Oder lebt er vielmehr in den Traumwelten seiner Bilder? Seine sanften, lyrischen Gemälde, die Konkretes nur andeuten und mit abstrakter Sinnlichkeit umgeben, wirken wie in sich abgeschlossene, von jeder Hektik und Alltagsbanalität entrückte Inseln der Harmonie und Stille. Es sind verspielte Bilder, die man nicht müde wird, zu betrachten, weil es viel Vages zu entdecken gibt und ihre gelassene Heiterkeit ansteckende Wirkung entfacht. So wie die Schneekugel, aus der die Flocken auf einen geöffneten Schirm fallen, der sie wiederum als lustige Farbpunkte wegspringen lässt. Oder der Obstbaum, um den Strichmännchen zu tanzen scheinen und einen zarten Farbreigen hinter einem eirunden Ausguck vollführen. Der Betrachter wird zum Zuschauer und wünscht sich selbst in diese märchenhafte Welt, die durch das starke Verdünnen der Ölfarbe und den dünnen, diffusen Farbauftrag besonders licht und leicht wirkt. Auch Ryo Ozeki selbst ist von sehr zierlicher Gestalt und wenn er spricht, dann sind die Worte so leise, dass man schon genau hinhören muss, was sie in gebrochenen Deutsch erklären: Dass seine Bilder „spontan“ entstehen, dass sie aber den Dialog mit dem Maler einfordern, manchmal Langmut abverlangen und eine Art Eigenleben führen. „Ich male, das Bild antwortet, dann ich kann wieder malen. Es ist wie ein Schachspiel – Zug um Zug“, sinniert der Künstler und verweist auf ein Werk, das ursprünglich als Zirkusidee gedacht war und nun Kopf steht und – vielleicht – eine Häuserzeile andeutet. Weil sich Ozekis Ölgemälde so langsam entwickeln, arbeitet er stets an mehreren Bildern gleichzeitig. Dabei ist er so produktiv, dass er schon viele Ausstellungen in seiner Heimat und seinem Gastland bestritt. Die Ölgemälde aber, die in Edenkoben entstanden, werden bei der Vernissage erstmals exklusiv für das Herrenhaus-Publikum gezeigt. Dazu gibt es einen einleitenden Prosatext des Literaturstipendiaten Matthias van den Höfel und im Anschluss ein Konzert mit einer Uraufführung des Musik-Stipendiaten Yari Klartag. Info Ryo Ozeki, Malerei, bis 13. Dezember Samstag und Sonntag,14 bis 18 Uhr, und nach Vereinbarung, Telefon 06323 2322, www.herrenhaus-edenkoben.de. (ttg)

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