Rheinpfalz Lebender Oktopus und geröstete Larven

Immer mehr Studenten verschlägt es für ein Auslandssemester in die Ferne. Erasmus-Programme in Europa erfreuen sich größter Beliebtheit, und auch exotischere Ziele sind mittlerweile längst keine Seltenheit mehr. Für „Wir sind Zukunft“-Mitarbeiter Felix Kupferer hieß es vor einigen Wochen ab nach Südkorea, wo er für vier Monate in Seoul an der Chung-Ang University studiert.

Seoul ist laut. Seoul ist hektisch. Seoul ist toll. Obwohl ich jetzt schon seit über einem Monat hier bin, habe ich das Gefühl, immer noch nicht wirklich viel von der Hauptstadt Südkoreas gesehen zu haben. Spätestens seit Psys Überhit „Gangnam Style“ dürfte zumindest dieser Teil der Stadt den meisten bekannt sein, doch darüber hinaus hat Seoul noch so unglaublich viel mehr zu bieten, dass es kein großes Kunststück ist, hier den Überblick zu verlieren. Kein Wunder. Mit zehn Millionen Einwohnern in Seoul selbst und knapp 25 Millionen in der Metropolregion zählt es schließlich auch zu einer der größten Städte der Welt. Ziemlich groß, aber im Vergleich zu den Dimensionen der Stadt an sich fast doch schon wieder klein, ist auch der Campus der Chung-Ang University, an der ich mein Auslandssemester verbringe. Studieren in Korea ist definitiv anders als zu Hause. Das Klischee der hart schuftenden asiatischen Studenten trifft wirklich zu. Die Bibliothek meiner Universität hat rund um die Uhr geöffnet, und selbst mitten in der Nacht herrscht dort meist noch Hochbetrieb. Auch wenn mit Austauschstudenten relativ locker umgegangen wird, werden auch wir hier mit einer ordentlichen Ladung an Arbeit eingedeckt. In jedem meiner Kurse stehen Gruppenarbeiten und Präsentationen auf der Tagesordnung, und so ist meist nach Vorlesungsende noch lange nicht Schluss mit arbeiten. Trotz allem bleibt natürlich auch noch genug Zeit, Land und Leute auf sich wirken zu lassen. Etwas schwierig kann es schon sein, mit Koreanern ins Gespräch zu kommen. Besonders die Sprachbarriere kommt dabei zum Tragen. Koreanisch unterscheidet sich so dermaßen von allen Sprachen, die ich bisher gelernt habe, dass ich mir wirklich schwer damit tue. Der Sprachkurs, den ich hier an der Uni belegt habe, hilft mir nur bedingt weiter, und so muss ich mich hauptsächlich mit Englisch durchschlagen. Doch gerade bei jungen Koreanern kommt man damit relativ weit, und so habe ich auch schon einige koreanische Freunde gewonnen. Diese sind hier Gold wert. Durch sie bekommt man die interessantesten Einblicke in die koreanische Kultur. Eine große Unterstützung beim Einleben habe ich hier sogar ausgerechnet aus Kaiserslautern bekommen. Anna Riehlmann, die ein Jahr vor mir ihr Abitur am Rittersberg-Gymnasium gemacht hat, war mir gerade bei den ersten Schritten in der völlig fremden Kultur eine enorme Hilfe. Ziemlich praktisch, dass sie nach mehreren Aufenthalten in Südkorea fließend Koreanisch spricht und bestens mit den Gepflogenheiten des Landes vertraut ist. Wie klein die Welt doch sein kann. Bei gemeinsamen Ausflügen nach Hongdae, dem Universitätsviertel der Stadt, konnte ich viel über Land und Leute erfahren. Auch in puncto Essen gibt es hier einiges Neues zu entdecken: Kein Weg führt in Korea an „Kimchi“ vorbei, scharf eingelegtem Chinakohl. Generell darf das Essen hier gerne scharf, sehr scharf, sein. Und Reis ist natürlich auch ein Muss. Mit den Essstäbchen quäle ich mich nach mehreren Wochen immer noch herum, aber zum Glück liegt auch meistens ein Löffel griffbereit. Auch an etwas exotischere Gerichte habe ich mich schon herangetraut, allerdings waren „Bundegi“, geröstete Larven, dann doch nicht so ganz mein Fall. Als nächstes möchte ich unbedingt lebenden Oktopus probieren, der zwar eigentlich nicht mehr wirklich lebt, aber dessen Tentakel sich beim Verzehr immer noch sehr lebendig hin und her bewegen. Neben Studium und Stadterkundung darf natürlich auch das Reisen nicht zu kurz kommen. Alle sind schon fleißig am Planen. Was auch immer kommen mag, langweilig wird es mir hier die nächsten Wochen und Monaten bestimmt nicht werden.

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