Rheinpfalz Keine zweite Polizei
«Mannheim.» Das Thema Sicherheit ist in Deutschland aktueller denn je. Terrorgefahr, aber auch Straßenkriminalität sorgen für Ängste. Welche Möglichkeiten die Städte haben, dem Sicherheitsbedürfnis der Bürger gerecht zu werden, haben Experten des Rechts- und Verfassungsausschusses des Deutschen Städtetags in Mannheim diskutiert.
Ein wichtiger Punkt in der Diskussion der Sicherheitsexperten ist die Frage, welche Bedeutung künftig den kommunalen Ordnungsdiensten (KOD) zukommt. Deren Befugnisse sind in den Ländern unterschiedlich geregelt. In Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg sind diese recht weitreichend. Zu den Aufgaben gehört das Einschreiten bei Ordnungswidrigkeiten wie Ruhestörungen und anderen Belästigungen. Die Kräfte dort sind befugt, Mittel des körperlichen Zwangs einzusetzen. In der Praxis betreiben die einzelnen Städte und Gemeinden ihre KODs eigenständig und recht verschieden, wie sich im Gespräch mit Ordnungsamt-Leitern mehrerer Städte zeigt. „In Deutschland war Düsseldorf in den 1990er Jahren Vorreiter im Aufbau eines KOD, heute verfügt die Stadt über 150 gut ausgebildete Kräfte“, so Stephan Keller als ehemals zuständiger Amtschef. Inzwischen ist er in vergleichbarer Position zur Kölner Stadtverwaltung gewechselt. In Köln werde nach der Silvesternacht kräftig Personal aufgestockt, rund 100 KOD-Leuten sollen 150 weitere zur Seite gestellt werden, kündigt er an. Von Größenordnungen wie im doppelt so großen Düsseldorf ist Mannheim weit entfernt. Gerade sei der KOD von 30 auf 36 Kräfte aufgestockt worden, berichtet Erster Bürgermeister Christian Specht (CDU). Die Anforderungen seien hoch, eine spezielle Ausbildung notwendig, es sei nicht einfach, hier geeignete Mitarbeiter zu finden, meint Specht. Einig waren sich die Sicherheitsexperten in der Analyse, dass die Aufgaben der Ordnungsdienste wachsen werden. „Wir hatten 320 Demonstrationen in Mannheim im vergangenen Jahr, also fast jeden Tag eine“, sagt Specht. Aus der Region kämen die Gruppen zu ihren Kundgebungen nach Mannheim, stellt der Bürgermeister fest. Dazu kommen nicht-organisierte Treffen mit Menschenansammlungen wie auf Rhein- oder Neckarwiesen oder „Flash-Mobs“. Es gebe die Tendenz, immer mehr Polizeiaufgaben an die Kommunen abzuschieben. „Eine kommunale Polizei können wir aber nicht befürworten“, warnt Helmut Fogt, Leiter des Dezernats Recht und Verwaltung des Deutschen Städtetags, vor einer Überforderung. Die in Mannheim geplante Videoüberwachung hält er für ein interessantes Pilotprojekt. Vorgesehen ist dabei der Einsatz einer computergesteuerten Bildauswertung, die in Verdachtsfällen zum Einsatz kommen soll. Dazu sollen bestimmte Bewegungsmuster gehören, etwa wenn jemand auf dem Boden liegen bleibt. „Die Software läuft bereits im Versuch am Fraunhofer Institut in Karlsruhe. Wenn im Herbst die nötigen rechtlichen Änderungen am Landespolizeigesetz erfolgt sind, kann die Technik in Mannheim sofort starten“, kündigt Specht an.