Rheinpfalz Kein kurzzeitiges Phänomen

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Die Ziele des Bundesprogrammes „Demokratie leben“ werden im Landkreis Südwestpfalz und in den Städten Pirmasens und Zweibrücken verfolgt. Jetzt waren die Akteure, die sich in den Gremien, in den Begleitausschüssen der jeweiligen kommunalen Gebietskörperschaft engagieren, zur ersten gemeinsamen Demokratiekonferenz eingeladen. Ein Thema, das alle derzeit umtreibt: Wie umgehen mit wachsendem Rechtspopulismus, mit Akteuren, die rechtspopulistisches Gedankengut befeuern und die Demokratie gefährden?

„Demokratie ist nicht selbstverständlich. Wir müssen uns täglich für sie einsetzen“, sagte der Kreisbeigeordnete Peter Spitzer. Der Kreis war Gastgeber der Konferenz. Überschrieben ist das Bundesprogramm mit der Aufforderung, sich aktiv gegen Rechtsextremismus, Gewalt und Menschenfeindlichkeit einzusetzen. Dass der Rechtspopulismus, für den in Deutschland aktuell die Partei AfD und die Bewegung „Pegida“ exemplarisch stehen, für die Demokratie genau so gefährlich ist wie der Rechtsextremismus, unterstrich Luis Caballero. Er ist Mitglied der Forschungsgruppe „Rechtspopulismus Rheinland-Pfalz“, die von der Heinrich-Böll-Stiftung gefördert wird. „Rechtspopulismus ist nicht die weichere Variante des Rechtsextremismus“, betonte Caballero. Im Zusammenspiel seien beide Kräfte eine besondere Gefahr für die Demokratie. Sie bedienten unterschiedliche Zielgruppen, seien dadurch besonders schlagkräftig. „Teilweise im wahrsten Sinne des Wortes“, ergänzte Caballero. Intensiv beschäftigt sich die Forschungsgruppe mit dem Rechtspopulismus. Aus den bisher gewonnen Erkenntnissen leitet sie Handlungsmöglichkeiten für den Umgang mit den Rechtspopulisten ab. Nach Abwägung aller bisherigen Erkenntnisse steht für die Forscher fest: Wichtig sei, sich täglich für eine offene und pluralistische Gesellschaft einzusetzen. Demokraten sollten grundsätzlich auf den öffentlichen Dialog mit Funktionären rechtspopulistischer Organisationen verzichten. „Verabschieden Sie sich von der Idee, sich mit Inhalten der AfD faktisch auseinanderzusetzen“, unterstrich Caballero und verwies auf das Nachbarland Österreich, den dortigen Umgang mit der rechtspopulistischen FPÖ und die Folgen. Caballero unterstrich, dass irre, wer glaube, der aktuelle Rechtspopulismus sei ein kurzzeitiges Phänomen. „Vergessen Sie das“, sagte er. Ausländerfeindliche Einstellungen seien bei einem Teil der Bevölkerung immer vorhanden. 2012, also vor der Flüchtlingswelle, sei der Anteil der Bevölkerung, die so denke, mit 25 Prozent erfasst worden. Der Unterschied zu heute sei, „dass die Leute damals dachten, was sie dachten, aber nicht so wählten. Heute denken sie, was sie denken und wählen auch so“, sagte Caballero zu den Wahlerfolgen der AfD. Natürlich setze man sich, entziehe man sich der öffentlichen Diskussion mit rechtspopulistischen Vertretern, dem Vorwurf der Rechtspopulisten aus, dass die so genannten Eliten ihnen den Umgang verweigern würden, bestätigte Caballero einen Diskussionsteilnehmer, der die Handlungsempfehlung hinterfragte. Der Vorwurf werde aber auch erhoben, wenn in den öffentlichen Dialog mit Rechtspopulisten getreten werde. Daraus begründe sich eine Legitimation der Rechtspopulisten. Die gingen davon aus, dass wir in einem Zeitalter der Dekadenz lebten. Daraus ergebe sich der Gegensatz von „die da oben“ und „wir da unten“. „Die Rechtspopulisten reklamieren für sich, den Willen des Volkes erkannt zu haben“, sagte Caballero. Sie inszenierten sich als Opfer und Außenseiter. Ob man versuche, mit ihnen in den politischen Diskurs zu treten oder nicht. Biete man öffentlich die Möglichkeit, mit ihnen zu diskutieren, bereite man dafür nur eine Bühne. Im politischen Diskurs die teilweise völlig konträr laufenden Meinungen zu entlarven, die beispielsweise das AfD-Grundsatzprogramm beinhalte, „das funktioniert nicht“, fasste Caballero Forschungsergebnisse zusammen. Der Rechtspopulismus sei eher als strategisches Konzept zu begreifen, bleibe bei vielen politischen Inhalten eher diffus. Ideologien vertrete er dennoch. Eines der Ziele des Rechtspopulismus sei es, das politische System insgesamt nach rechts zu drehen. Das sei auch in Deutschland durchaus schon gelungen, wie Reden und Wortwahl anderer Parteien oder der Medien eindeutig zeigen würden. Hauptadressat für eine Ansprache seitens der Rechtspopulisten sei die bürgerliche Mitte. Deshalb bemühe sich der Rechtspopulismus um ein seriöses, bürgerliches Auftreten. Ein Kennzeichen sei, dass Rechtspopulisten ganz klar in Freund-Feind-Schemata denken und handeln würden. In allen Konfliktlagen. Ausgegangen werde immer von einem national konstruierten, grundsätzlich widerspruchsfreien Volkskörper, also Volk. Daraus leiteten Rechtspopulisten einen gemeinsamen Willen des Volkes ab. Das habe zur Folge, dass alle sozio-ökonomischen Probleme immer im Freund-Feind-Schema betrachtet würden. Immer komme der Feind von außen. Beispiele: Die Wirtschaft läuft nicht, die EU ist schuld. Es gehen Arbeitsplätze verloren, die Ausländer sind schuld. Aktuell seien für Rechtspopulisten die Flüchtlinge der Feind von außen. Migration werde fast ausschließlich als Bedrohung von außen aufgefasst. |add

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