Rheinpfalz Integrationsministerin platzt der Kragen

(kad). Gut sechs Wochen vor der Landtagswahl wurden gestern die Töne zwischen Regierung und Opposition zur Flüchtlingspolitik in der Landtagssitzung in Mainz schärfer. Selbst bei den Themen „Erinnerungskultur“ und „Kampf gegen Rechts“ nahm die Debatte kontroverse Züge an.

MAINZ Kurz vor Ende der Aktuellen Stunde ging Integrationsministerin Irene Alt (Grüne) mit deutlich spürbarer Empörung ans Rednerpult. Mehrfach hatte CDU-Fraktionschefin Julia Klöckner der rot-grünen Landesregierung vorgeworfen, diese habe mehrfach verhindert, dass der Flüchtlingszuzug reduziert werde. Etwa, indem das Land immer noch Bargeld auszahle statt ausschließlich auf Sachleistungen zu setzen. Der ansonsten engagiert, aber immer freundlich wirkenden Alt platzte förmlich der Kragen. „Man kann es sich fast nicht anhören, was hier alles durcheinander geworfen wird“, sagte sie. Das Land sei bei den Rückführungen der Flüchtlinge ohne Bleibeperspektive bundesweit an erster Stelle, und zwar bei den freiwilligen – nicht bei den Abschiebungen. Die Abschaffung der Residenzpflicht für Flüchtlinge sei richtig, sagte sie. So könnten die Menschen an Sprachkursen in der nächstgelegenen Stadt teilnehmen oder ihre Verwandten besuchen. Das sogenannte Asylverfahrensbeschleunigungsgesetz entpuppe sich tatsächlich als „Verlangsamungs-Gesetz“, sagte Alt und kritisierte die Bundesbehörde. Die Asylanträge würden in Trier oder Ingelheim gestellt, dort sei auch die Anhörung, dann werde alles nach Mannheim geschickt, danach nach Bremen und von dort werde die Entscheidung nach Wochen per Post zugestellt. Alt verteidigte, dass die Flüchtlinge in den rheinland-pfälzischen Erstaufnahmeeinrichtungen neben Sachleistungen pro Woche 32 Euro Taschengeld erhalten: „Und dabei wird es bleiben, solange ich Integrationsministerin in diesem Land bin.“ Alts Amtszeit endet zunächst mit dem Ablauf der Legislaturperiode im Mai. Wie es danach weitergeht, hängt vom Ausgang der Landtagswahl am 13. März ab. Schon vorher hatten sich Klöckner und Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) einen Schlagabtausch geliefert. „Wir brauchen mehr Ordnung, mehr Überblick, keine neuen Pläne“, sagte Dreyer. Sie wandte sich gegen den von Klöckner am vergangenen Wochenende vorgelegten Plan „A2“, der Flüchtlingszentren an der Grenze vorsieht, von wo aus die Flüchtlinge „kontingentiert’“ einreisen sollten. Grünen-Fraktionschef Daniel Köbler frotzelte, er habe zunächst gedacht, die CDU wolle eine neue Autobahn bauen, als er „A2“ gehört habe. SPD-Fraktionschef Alexander Schweitzer sagte: „Wir in Rheinland-Pfalz haben unsere Hausaufgaben gemacht.“ Auf der Bundesebene dagegen gebe es Streit in der Union und eine „völlig vereinsamte Kanzlerin“. Klöckner kritisierte ihrerseits Dreyers Haltung, nicht mit der AfD zusammen an der SWR-Elefantenrunde teilnehmen zu wollen. „Der Kampf gegen Rechts beginnt nicht dort, wo es warm ist“, sagte Klöckner. Die Bürger, die rechtsextreme Parteien wählten, dürften nicht abgekanzelt werden, sagte sie. Dreyer wies die Vorwürfe zurück (siehe Titelseite). Der aus der Grünen-Fraktion ausgetretene Mainzer Abgeordnete Rahim Schmidt beklagte, er werde in die rechte Ecke gestellt, wenn er den politischen Islam kritisiere. „Das macht mich traurig“, sagte der 1978 aus dem Iran geflohene Mediziner. Die Landtagssitzung fand gestern im Mainzer Rathaus statt, weil das Landtagsgebäude saniert wird. Die neue Legislaturperiode im Mai wird dann in der Steinhalle des Landesmuseums Mainz eröffnet.

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