Kultur Südpfalz Inbrunst und Zerknirschung

Nur mit seiner Solostimme vermochte Countertenor Matthias Lucht bei der Fasten-Andacht „Cantate Domino“ den Dom zu Speyer am Samstagabend trefflich zu füllen. In lamentierenden Klageliedern aus Renaissance und Barock schwang sich seine helle Obertonstimme in kerniger Kraft durch das Langhaus.

Diese wehklagenden Lamentationen, die biblisch auf die alttestamentlichen Klagen des Jeremias über die Verwüstung Jerusalems zurück gehen, haben für die Fastenzeit eine symbolhafte Tradition für den Opfertod Christi. Intensiv geführte Schmerz- und Trauer-Affekte in langen, vokalreichen einstimmigen Sentenzen charakterisieren sie.

Dazu braucht es eine bewegliche, höhenstabil-feste Stimme, die den emotionell aufgeladenen Tonfolgen makellos folgt. Die war bei diesem gut besuchten Passionskonzert mit dem explosiven Counter von Matthias Lucht zur Stelle.

Sein Stimmansatz war direkt, seine Melodieführung energisch und resolut. Dabei liefen ihm die rezitativischen Bewegungen wie ariosen Bögen völlig locker aus der Kehle. Bruchlos gelangen die Registerwechsel bei der Überbrückung weiter Tonräume. Lucht schien die Leichtigkeit und Virtuosität seines Gesangs geradezu locker flockig aus dem Ärmel zu schütteln. Nie lispelte oder haspelte er. Vielmehr besaß sein in der mittleren Alt-Lage gut aufgehobener Counter auch noch in schnellen Passagen kernige Tragfähigkeit.

Der von Domkapellmeister Markus Melchiori an der Truhenorgel dezent, aber punktgenau begleitete, unter anderem bei Andreas Scholl ausgebildete Solist ließ einleitend im motettischen „Ergo sum pauper et dolens“ von Ludovico Grosso de Viadana die verzierungsreichen Vokalisen luftig wie Girlanden auffliegen.

In Johann Rosenmüllers „Lamentationes Jeremiae Prophetae“ vernahm man erstmals die Jeremia-Klagen, die Lucht in energischer Zerknirschung und verhaltener Trauer herüber brachte.

Auch die ton-symbolisch reiche Schilderung in den Geistlichen Konzert „Was hast du verwirket“ von Heinrich Schütz verfolgte Lucht beredt. Zu einem ersten Höhepunkt setzte der Gast in den beiden Lamentationen des Giovanni Paolo Colonna an: Kleinen strophischen Balladen voller Inbrunst und dramatischer Impulse, die er in Resignation wie Unmut mitteilsam gestaltete.

Melchiori leitete an der Chororgel nach einer ruhigen Toccata Frescobaldis zur Kommunion mit dem plastisch gefärbten Bach-Choralvorspiel „O Lamm Gottes“ zum Barock-Teil der Andacht über. Lucht formte hier zuerst drei Schemelli-Lieder gerundet und elastisch aus. Bevor er mit der Trauermette „Leçon de Ténèbres pour le Mercredy“ Couperins in altfranzösischer Diktion leicht und virtuos schloss.

x