Rheinpfalz „In absehbarer Zeit“

Mainz. Die bislang unter Verschluss gehaltenen Gutachten zu den islamischen Verbänden im Land könnten demnächst doch veröffentlicht werden. Zumindest teilweise. Das kündigte Wissenschaftsstaatssekretar Salvatore Barbaro (SPD) gestern im Mainzer Landtag an.

Seit 2012 verhandelt die Landesregierung, wie mehrfach berichtet, mit fünf islamischen Verbänden (Reformgemeinschaft Ahmadiyya Muslim Jamaat, Ditib, Verband der islamischen Kulturzentren, Schura Rheinland-Pfalz und Alevitische Gemeinde). Ziel ist ein Staatsvertrag, der unter anderem den islamischen Religionsunterricht im Land regeln soll. Zwei vom Land bestellte Gutachter kamen zu dem Ergebnis, dass die Verbände dafür grundsätzlich geeignet seien. Nach dem Putschversuch in der Türkei hatte das Land die Gespräche im August unterbrochen. Die bisherigen Gutachter sollen nun zwei weitere Untersuchungen vorlegen, in denen sie die Staatsferne von Ditib noch einmal unter die Lupe nehmen. Damit solle aktuellen Hinweisen „auf eine andere Form der Einflussnahme“ seitens des türkischen Staats nachgegangen werden, sagte Barbaro gestern im Landtag. Entgegen anderslautender Aussagen von Oppositionspolitikern sieht der Staatssekretär keine Widersprüche zwischen dem religionswissenschaftlichem Gutachten und der juristischen Expertise. Beide Dokumente kämen „aus unterschiedlicher Perspektive“ zum gleichen Ergebnis: Mit den Verbänden könnte über einen Staatsvertrag verhandelt werden. Der SPD-Politiker kritisierte, dass die aktuelle Debatte nichts mit der Sache zu tun habe, sondern lediglich den Umgang der Landesregierung mit den Gutachten in den Blick nehme. Diesen Umgang sehen allerdings auch Politiker der Regierungskoalition kritisch. Die parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen, Pia Schellhammer, erinnerte Barbaro gestern im Plenum an das Landestransparenzgesetz. Demzufolge muss die Regierung steuerfinanzierte Gutachten veröffentlichen. Barbaro konterte, dass das erst geschehen müsse, wenn die Verhandlungen abgeschlossen seien. Daniel Köbler (Grüne) sprach sich erneut dafür aus, die Gutachten nicht länger unter Verschluss zu halten und wenigstens die Handlungsempfehlungen der Experten zur Verfügung zu stellen. Barbaro sagte, die Regierung strebe eine „weitreichende umfassende Veröffentlichung an“. Die Verbände bekämen derzeit die Passagen, die sie betreffen. Dann sollen sie darum gebeten werden, einer Veröffentlichung zuzustimmen. Laut Barbaro soll das „in absehbarer Zeit geschehen“. Der CDU-Opposition geht das nicht weit genug. Sie kritisierte gestern erneut, dass momentan nur die Mitglieder bestimmter Landtagsausschüsse Einsicht in die teils geschwärzten Gutachten nehmen dürfen. So sei weder eine fraktionsinterne Debatte noch eine öffentliche Auseinandersetzung mit dem Thema möglich. Das Parlament werde zudem nicht ausreichend an den Verhandlungen des Landes mit den muslimischen Verbänden beteiligt, sagte Abgeordnete Susanne Ganster nach der Sitzung. Die Beauftragte für Kirchen und Religion der CDU-Landtagsfraktion forderte, dass die Regierung das Parlament künftig regelmäßig über die Verhandlungen mit dem muslimischen Verbänden informiere. Die von Barbaro in Aussicht gestellte teilweise Veröffentlichung der Gutachten reicht der CDU nicht aus. Sie pocht weiterhin auf eine schnelle und komplette Offenlegung der Expertisen. KOMMENTAR |gana

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