Kultur Südpfalz Igor Levit spielt heute Schumann

Endspurt bei den Osterfestspielen der Berliner Philharmoniker in Baden-Baden: Heute um 18 Uhr ist das zweite große Orchesterkonzert. Riccardo Chailly dirigiert, für die erkrankte Martha Argerich ist jetzt Igor Levit der Solist am Klavier beim a-moll-Konzert von Schumann.

Weiter erklingen die Ouvertüre zu „Ruy Blas“ op. 95 von Mendelssohn Bartholdy und von Sergej Rachmaninow die Sinfonie Nr. 3 a-Moll op. 44. Der in Nizhni-Nowgorod geborene Igor Levit wuchs in Deutschland auf. Das kurzfristig entstehende Zusammentreffen mit den Berliner Philharmonikern ist eine der seltenen Gelegenheiten, Levit 2015 Jahr mit großem Orchester zu erleben. Die FAZ schrieb über ihn: „Dieser junge Mann hat nicht nur das Zeug, einer der großen Pianisten dieses Jahrhunderts zu werden. Er ist es schon.“ Sinfonische Musik der Romantik hat Riccardo Chailly mit „seinem“ Gewandhausorchester Leipzig auf drei CDs eingespielt: die Sinfonien von Brahms nebst den Alternativfassungen (darunter dem Andante der Ersten, wie es bei der Uraufführung in Karlsruhe erklang), Haydn-Variationen und Ouvertüren, dazu drei Ungarische Tänze, neun Liebesliederwalzer und zwei Intermezzi aus op. 116 und 117, letzterer orchestriert von Paul Klengel. Nach seinem phänomenalen Beethoven-Zyklus ist auch Chaillys Sammlung zu Brahms (Decca 478 5344) erstens Zeugnis der überaus produktiven Zusammenarbeit zwischen dem italienischen Maestro und dem mitteldeutschen Traditionsorchester und zweites Beleg für Chaillys interpretatorische Offenheit und Intelligenz. Riccardo Chailly bietet keine im strengen Sinne historisch informierte Aufführungspraxis, aber er entfernt sich selbst auch im Vergleich mit seinem Amsterdamer Brahms-Zyklus aus dem Concertgebouw, der um 1990 entstand, von einer schwerblütigen spätromantischen Brahms-Deutung. Sein Brahms ist jetzt mehr denn je glasklar im Satz, ausgeglichen im Klang mit exponiert eingesetzten Bläserstimmen und sehr differenziert in der Artikulation. Die klassizistischen wie die modernen Züge dieser Musik werden hier aufs Trefflichste zur Wirkung gebracht. Morgen um 11 Uhr spielt im Festspielhaus bei den Osterfestspielen das Bundesjugendorchester zusammen mit Mitgliedern der Berliner Philharmoniker. Zuerst steht Sir Simon Rattle am Dirigentenpult bei Schuberts Sinfonie Nr. 7 h-Moll „Die Unvollendete“ und Strauss’ „Tanz der sieben Schleier“ aus „Salome“. Karl-Heinz Steffens, Chefdirigent der Deutschen Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz und ehemaliger Philharmoniker, übernimmt bei Tschaikowskys Sinfonie Nr. 4 f-Moll op. 36. Morgen um 18 Uhr ist dann die zweite Aufführung von Berlioz’„Fausts Verdammnis“ unter Simon Rattle. Bekanntlich spielt ja der Beginn von Goethes „Faust I“ am Ostersonntag. Noch vier Meisterkonzerte mit Mitgliedern der Berliner Philharmoniker gibt es, dazu morgen im 14 Uhr im Theater noch einmal Offenbachs „Die Prinzessin von Trapezunt“ und am Ostermontag um 11 Uhr die Kinderoper „Der kleine Rosenkavalier“. Der „große“ beschließt am Ostermontag ab 18 Uhr das Festival. „Revolution“ nennt Emmanuel Pahud, Soloflötist der Berliner Philharmoniker, der am Montag um 11 Uhr im Casino Baden-Baden als Kammermusiker auftreten wird, seine aktuelle CD (Warner 0825646276783), die gemeinsam mit dem hervorragenden Basler Kammerorchester unter Giovanni Antonini Werke aus dem Um- und Vorfeld der französischen Revolution vereint. Die Brillanz des Flötisten, seine souveränen Staccati, der Glanz der Höhe, aber auch das breite Fundament der Tiefe seines virtuosen Spiels kommen bestens zum Tragen. Während das Konzert von Gluck noch dem Barock verbunden ist, stehen die Werke auf der hervorragenden Einspielung von Luigi Gianella, Ignaz Pleyel, vor allem aber das 7. Konzert von François Devienne für die Zukunft. Ebenfalls aus Mitgliedern der Berliner besteht das renommierte Philharmonia Quartett Berlin, das bei Thorofon (2 CDs CTH 2623/2, über Naxos) eine überzeugende Einspielung der drei Streichquartette von Brahms vorgelegt hat. Die große Kammermusikerfahrung der Streicher, ihr ausgewogen-transparenter Klang, aber auch die Souveränität ihres Spiels überzeugen hier. Bei aller Klangfülle ist ihr Musizieren immer transparent und sehnig. Das Formgefühl der Musiker und klangliche Gestaltung der Quartette überzeugen ebenso wie die gute Aufnahmetechnik. Eine Einspielung, die trotz hochkarätiger Konkurrenz bestehen kann. (rg/gt)

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