Rheinpfalz Ho, ho, oh: Kultobjekt Weihnachtspulli

Kitschig, kitschig, tralalalala: Weihnachtspullis sind in den USA und in England Kult – und das, obwohl sie gar nicht mal so festlich aussehen. Auch bei uns gibt’s inzwischen überall solche schrillen Strickoberteile mit Wohlfühlgarantie. Da ist es nur eine Frage der Zeit, bis auch wir endlich einen Weihnachtspullitag bekommen. Von Jan Peter Kern

Spitzohrige Elfen mit Zuckerstangen, umfunktioniert zu einer Selfie-Stange. Ein riesiger Rentierkopf mit feuerrotem Bommelnäschen. Ein Weihnachtsmann auf einem fliegenden Einhorn. Ein hipsterbärtiger Nussknacker, umrahmt von Walnüssen und Plätzchen. Star-Wars-Figuren mit Mistelzweigen drumherum. Und alles auf roter, weißer oder grüner Wolle. Geschmack kann man nicht kaufen, Geschmackloses aber schon: Vor und in der Weihnachtszeit gibt’s nicht nur überall Deko zum Zieren des Vorgartens und Wohnzimmers, sondern auch zum Schmücken des Körpers – in Form von flauschigen Weihnachtspullis. Erlaubt ist, was auffällig ist. Und: je kitschiger, desto besser. In den USA sind sogenannte Christmas Jumper schon lange Kult. Wesentlich zum Erfolg des Festtagsstricks beigetragen hat wohl, dass Schauspieler Colin Firth in seiner Rolle als Mark Darcy im Film „Bridget Jones“ plötzlich in einem Rollkragenpullover mit Comic-Elch auftaucht. Seit ein paar Jahren werden solche Pullover in Großbritannien sogar fast so sehr gefeiert wie das Fest an sich – am „Christmas Jumper Day“, der immer an einem Freitag im Dezember über die Bühne geht. „Weihnachtspullovertag“ hört sich sehr lustig an – und ist es auch. Dennoch hat der Aktionstag, der gerade erst vorgestern gefeiert worden ist, einen ernsten Hintergrund: Die Organisation „Save the Children“ sammelt Geld für Kinder, denen es nicht gut geht. Auch der Fußballverein FC Arsenal macht immer mit – und spendet 20 Prozent des Erlöses aus dem Weihnachtspulli-Verkauf. Apropos Fußball: Auch in Deutschland gibt’s in Fanshops nicht nur Schals und Fähnchen zu kaufen, sondern auch Kuschelkitsch für obenrum. Der 1. FC Kaiserslautern zum Beispiel verkauft den roten „Pulli Rudolph“ – Model ist FCK-Stürmer Lukas Görtler – mit lustigem Rentier-Kopf, „Merry Christmas“-Schriftzug und dezentem Vereinslogo drauf. Der 1. FC Köln hingegen trägt etwas dicker auf: Die Rheinländer preisen ihre ebenfalls roten Pullis samt kulleräugigem Vereinswappentier, dem Geißbock Hennes, mit den fast noch schmeichelnden Worten „schäbbisch, aber oho“ an. Neben Profikickern wie Mesut Özil und Formel-1-Jungs wie Daniel Ricciardo und Max Verstappen, die bei Facebook in weihnachtlich anmutender Tracht um die Wette grinsen, sind es vor allem Popstars, die den Motiv-Pulli-Trend befeuern. Justin Bieber schlüpft in der kalten Jahreszeit gerne in dicke Weihnachtssweater, ebenso Miley Cyrus und Katy Perry. Sogar das Wachsfigurenkabinett Madame Tussauds in Hollywood hat seine Promis nun mit festlichen Seelenwärmern geschmückt: Sänger wie Rihanna, Taylor Swift und Justin Timberlake, alle aus Wachs, posen in Strick. Und bei Madame Tussauds in London sind die Royals saisonal aufgemotzt worden: Die Queen trägt jetzt einen tannenbaumgrünen Pulli mit einem ihrer Corgi-Hündchen drauf; Prinz William und seine Kate teilen sich einen schrillen Weihnachtspartnerpulli. Auch Whoopi Goldberg steht im Londoner Wachsfigurenkabinett, allerdings in Nonnenkluft. Dabei ist die US-Schauspielerin so vernarrt in Weihnachtspullis, dass sie vor Kurzem gleich eine ganze Kollektion selbst entworfen hat. Ihre neun verschiedenen „Ugly Christmas Sweater“ („hässliche Weihnachtspullis“) kosten rund 130 Euro – und machen ihrem Namen alle Ehre. „Ich mochte so etwas schon immer“, sagt Whoopi Goldberg über ihre kitschigen Oberteile. „Sie machen mich glücklich.“ Auch in Deutschland gibt’s mittlerweile in so gut wie jedem Klamottenladen Pullis mit Lebkuchenmännchen, Wichteln und Pinguinen zu kaufen. Wer seinen Mitmenschen zeigen will, dass er sich schon richtig aufs Fest der Liebe freut, aber nicht in kindlichen Fummel mit „Ho, ho, ho“-Sprüchen schlüpfen möchte, für den gibt’s Alternativen. Beispielsweise schlicht gehaltene Norwegerpullis mit Schneeflöckchen, die problemlos auch noch im Januar getragen werden können. Ganz ohne Santa und Zuckerstangen kommen auch viele Pullis daher, die jedoch nur an Weihnachten getragen werden sollten, da sie auch ohne Motive sehr auffällig sind. Im Internet gibt’s beispielsweise einen grauen Pulli mit ganz viel silbernem Lametta dran. Oder einen mit angenähten schwarz-roten Pompons, die an Christbaumkugeln erinnern. Übrigens: Wer schon immer mal heller strahlen wollte als die Nordmanntanne neben Muttis Sofa, der sollte sich noch schnell ein Strickteil mit eingenähten Lichtern besorgen, die ein- und ausgeknipst werden können. Angepriesen werden die batteriebetriebenen Pullis im Netz auf der Shopping-Seite Etsy. Als das, was sie nun mal sind: als „ultimativ hässliche Pullover“. Nur an Weihnachten gibt’s vielleicht nix Schöneres.

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