Kultur Südpfalz Herrschaft der Küchenmaschine

Gerd Kannegieser bringt Verqueres auf den Punkt.
Gerd Kannegieser bringt Verqueres auf den Punkt.

30 Jahre ist der aus der Westpfalz stammende Gerd Kannegieser als Kabarettist schon unterwegs. Nicht auf den großen Bühnen dieser Welt ist er zu Gast, eher auf den kleinen, aber für ihn wichtigeren Kleinkunstbühnen oder in Gemeindehallen wie der Dalberghalle in Essingen. Denn da ist Kannegieser am Puls der Realität. Das ist die Wirklichkeit und die liebt er. Das merkt man, wenn er sein neuestes Programm „Warum verzehl ich Eisch das?“ unters Publikum bringt.

Zu Gast beim Arbeiter-Bildungsverein, tritt er mittlerweile schon im vierten Jahr als gern gesehener Gast vor ausverkauftem Haus auf. Er nimmt das Publikum mit auf seine Gedankenreisen und scheut auch vor einem direkten Dialog nicht zurück. Er plaudert locker vom Hocker über die wirklich wichtigen Themen des Lebens wie Intimpiercing, das sich im Duschvorhang verheddert, Tattoos, „ansonsten ist das Mädchen ja wirklich lieb“. Auch über die Energiesparlampe „aufm Klo“ wird diskutiert. Da ist man ja fertig, bis die leuchtet, und Zeitung kann man da auch nicht lesen. Was soll das? Oder eins seiner Lieblingsthemen an diesem Abend „Die heimliche Herrschaft der Küchenmaschinen über uns Menschen!“ Da ist die Waschmaschine der Chef der Truppe, der mit dem sprechenden Kühlschrank, der Plaudertasche, der Heizdecke und dem Pürierstab gemeinsame Sache machen. Das macht ihm dann doch etwas Angst. Vor allem der selbstreinigende Backofen. Horror! Großes Interesse zeigt er an Twitter und an den neuesten Smartphones. Letztere vergleicht er mit dem Telefon von damals zu Hause: „Des mit dem Brokatponcho und der zehn Meter langen Schnur, die auch bis auf die Toilette gereicht hat.“ Und Twitter gab es auch schon früher. Da hieß sowas Kätsche. Die Nachbarin, die bei offenem Fenster jeden an ihren lautstarken Disputen mit ihrem Mann teilnehmen ließ. Oder „uff Pälzisch: immer nur gebebbert hat“. Auch seine Kindheit ließ er Revue passieren. Vor allem die Episode, als er zum ersten Mal auf dem Schoß der Mutter im Kino „Räuber Hotzenplotz“ sah und total erschrocken von dem Räubergesicht war. An seinem Fazit: Sport is nix für ihn, hält er unvermindert fest. Doch Kannegieser verplempert seine Zeit nicht, sondern sitzt bis zu sieben Stunden in seinem Sessel. Da bürstet der Kabarettist jeden Gedanken gegen den Strich, schreibt wie wild. Das schlaucht so wie ein Zehn-Kilometer-Lauf. Allerdings steht selten etwas auf dem Papier. Dafür spielen sich in seinem Kopf massivste Gedankengänge ab, die stehen allerdings auf kleinen Zetteln, die sich in der Wohnung häufen. Eine Schneeschaufel wäre da manchmal von Vorteil, um schnell ins Bad zu kommen. Ernst kann der Kabarettist Gerd Kannegieser aber auch. Ganz leise schleicht sich das ein. Er nimmt Stellung zu: Warum keine politische Szenen in seinem Repertoire zu finden sind? Da ist er ehrlich, er brauche keine Statements auf der Bühne, nur um sich kurzzeitig besser zu fühlen, so seine Aussage. Trotzdem ist der Kabarettist ganz am Puls dieser Welt und kann es sich nicht ganz verkneifen, ab und zu etwas Politisches einfließen zu lassen. Da hält er es mit seinem großen Vorbild Hanns Dieter Hüsch und dem liebevollen, ganz und gar realistisch zutreffenden Gedicht:„Ich möcht’ ein Clown sein und immer lachen, Ich möchte ein Clown sein und die anderen lachen machen“. Das ist sein Credo.

Ihre News direkt zur Hand
Greifen Sie auf all unsere Artikel direkt über unsere neue App zu.
Via WhatsApp aktuell bleiben
x