Rheinpfalz Geldstrafe für falschen Kriminalbeamten

Eine leere Dose Pfälzer Lyoner auf dem Richtertisch ist Hauptgegenstand des Verfahrens wegen Erpressung vor dem Amtsgericht Bad Bergzabern. Das überschriebene Mindesthaltbarkeitsdatum benutzt ein 70-Jähriger, um als „Polizist“ und mit weiteren dreisten Lügen den Standbetreiber um 940 Euro zu erpressen. „Sie lügen, wenn sie den Mund aufmachen, das war Erpressung und eine Mordssauerei,“ sagte Richter Christoph Sommer in seiner Urteilsbegründung. 90 Tagessätze zu 25 Euro und die Verfahrenskosten muss der Angeklagte bezahlen. „Wenn sie nicht zahlen, sitzen sie im Bau“, warnt ihn Sommer.

Die Vorfälle ereignen sich im Frühsommer des vergangenen Jahres an einem der zahlreichen Stände an der Weinstraße, an denen Pfälzer Produkte verkauft werden. Der Angeklagte kauft eine kleine Dose Lyoner an einem Stand und stellt zuhause fest, dass das Mindesthaltbarkeitsdatum per Hand geändert und um einen Monat verlängert ist. Dreimal besucht er den Standbetreiber, stellt sich mit falschem Namen als „Herr Schneider“ und als Kriminalbeamter vor und fordert insgesamt 940 Euro. Seine Begründung: Sein Enkel habe die Wurst gegessen, sie sei ihm nicht bekommen, er habe ihn ins Krankenhaus gefahren, wo ihm der Magen ausgepumpt worden sei. Die Erpressung bestreitet er. Die Beträge brauche er, um die Kosten für das Krankenhaus und seinen Verdienstausfall zu decken. „Wenn eine Kuh sich einmal melken lässt, dann auch zwei -oder dreimal“, kommentiert Sommer. „Isch des erlaubt, dass mer verdorbene Wurscht verkääft?“, fragt der angeklagte Rentner, seit vierzehn Tagen frisch verheiratet, höchst aufgeregt in die Runde. Dass das Mindesthaltbarkeitsdatum überschrieben ist, bestätigt der Standbetreiber, der als Zeuge gehört wird. „Die Kreisverwaltung war nach meiner Selbstanzeige da, das ist schon lange abgeschlossen, ich habe ein Bußgeld bezahlt. Ansonsten gab es keine Beanstandungen, es waren zwei Dosen, bei denen ich das Datum einen Monat weiter datiert habe, das mache ich nie wieder“, sagt er aus. Der Angeklagte sei zum ersten Mal im Juni vergangenen Jahres gekommen und habe 300 Euro verlangt, er habe ihm 120 Euro gegeben. „Ich war nervlich am Ende weil ich das gemacht hatte und weil ein Kind zu Schaden gekommen ist“, so der Betreiber, der insgesamt 300 Euro bezahlt. Das Kuriose: Es gibt keinen Enkel, der im Krankenhaus war, die Geschichte ist frei erfunden. „Er ist mehrmals gekommen auch auf den Hof der Familie und hat Geld gefordert“, sagt eine Freundin der Familie aus. „Er hat sich zum Richter aufgespielt und es ist eigentlich ein Witz, dass keine Vorstrafen zu berücksichtigen sind“, so die Staatsanwaltschaft in ihrer Begründung für die Forderung von 120 Tagessätzen zu 45 Euro. Denn der Angeklagte beging bis 2002 insgesamt 29 Straftaten, die aber kürzlich aus dem Bundeszentralregister gelöscht wurden, weil er seit 2002 straffrei ist. „Im Urteil muss ich jetzt berücksichtigen, dass sie strafrechtlich nicht in Erscheinung getreten sind“, so Richter Sommer. „Er hat das Recht in die eigenen Hände genommen, das ist alles aus dem Ruder gelaufen, er hätte das nicht machen sollen“, ist die Einlassung der Verteidigung. „Kein Mensch hat sich den Magen verdorben, Dosen können sie drei Monate später auch noch essen, sie lügen, wenn sie den Mund aufmachen“, hält Sommer dem Angeklagten vor. „Nur ihr Alter und ihre gesundheitlichen Einschränkungen haben mich von einer höheren Strafe abgehalten“, begründet er sein Urteil. Der Angeklagte verzichtet auf das letzte Wort, aber nicht auf eine volle Dose Jagdwurst, die er als weiteres „Beweismittel“ mitgebracht hatte und vom Gericht zurückfordert.

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