Rheinpfalz Fahndung nun doch öffentlich

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Die Staatsanwaltschaft Frankenthal und die Polizei haben gestern im Fall des geflohenen Häftlings aus Diez einen Fahndungsaufruf veröffentlicht. Der 47-jährige Sascha Ball saß wegen Mordes an einer Frau in Ludwigshafen und wegen einer Vergewaltigung seit 1998 im Gefängnis.

MAINZ/FRANKENTHAL/DIEZ. Ball ist laut Polizei 1,82 Meter groß, von kräftiger bis korpulenter Gestalt, er hat braune Augen sowie eine Halbglatze mit dunklem Haarkranz. Üblicherweise trage er eine Brille. Wie berichtet, ist er am 7. Juni bei einem begleiteten Freigang in Limburg geflohen. Die Behörden kennen weder den Fluchtweg noch seinen Aufenthaltsort. Balls Entlassung nach über 17 Jahren Haft war an einer negativen Sozialprognose gescheitert: Es gehe noch immer eine Gefahr von ihm aus. Allerdings hatte das Gericht nach einer gutachterlichen Stellungnahme angeordnet, dass Ball Haftlockerungen haben sollte, zu denen auch ein begleiteter Ausgang zählt. Bis Donnerstag hatte der Leitende Oberstaatsanwalt von Frankenthal, Hubert Ströber, eine Öffentlichkeitsfahndung abgelehnt. Begründet wurde dies mit dem Hinweis, der Mann habe ein „Allerweltsgesicht“. Justizminister Herbert Mertin (FDP) geriet wegen des entflohenen Strafgefangenen politisch unter Druck, weil er von den zuständigen Abteilungen erst fünf Tage nach dem Vorfall informiert worden war. Mertin ist seit 18. Mai im Amt. Er war es nun, der am Donnerstagabend über den SWR angekündigt hatte, es werde eine Öffentlichkeitsfahndung geben. Doch erst gestern um die Mittagszeit folgte die Veröffentlichung des Fotos und der Personenbeschreibung durch die Polizei über soziale Netzwerke. In einer Pressemitteilung am Morgen hatte Ströber den Medien vorgeworfen, die Ermittlungsarbeit behindert zu haben. Er gab an, dass die Behörden nach der Flucht zunächst „im Umfeld des Verurteilten möglichst unbemerkt und effektiv“ hätten fahnden wollen. „Diese Maßnahme wurde durch eine ohne Rücksprache mit der Staatsanwaltschaft erfolgte Veröffentlichung einer Zeitung über die Flucht des Verurteilten vereitelt“, heißt es in Ströbers Mitteilung. Dabei war die Flucht sechs Tage von der Öffentlichkeit unbemerkt geblieben. Erst am Montag hatte zunächst die „Bild“-Zeitung darüber berichtet. Dass er nun doch die Öffentlichkeitsfahndung einleite, die er noch kurz zuvor abgelehnt hatte, erklärte Ströber damit, dass verschiedene Medien veraltete Lichtbilder des Verurteilten gezeigt hätten. „Diese Veröffentlichung ist kontraproduktiv, weil der Verurteilte inzwischen erheblich anders aussieht. Durch die Verbreitung ungeeigneter Lichtbilder besteht die Gefahr, dass unbeteiligte Dritte in die laufenden Ermittlungen hineingezogen werden und dass die Bearbeitung unbrauchbarer Hinweise unnötig Kapazitäten der Ermittler bindet.“ Ströber nannte allerdings auch „ermittlungstaktische Gründe für den Zeitpunkt der Aktion“, die er aber nicht öffentlich nennen könne. Auf Nachfrage sagte Ströber, die öffentliche Fahndung sei eine Entscheidung der Staatsanwaltschaft gewesen, auf die das Ministerium keinen Einfluss gehabt habe. Übereinstimmend hieß es von ihm und vom Ministerium, dass die Aussage Mertins beim SWR abgestimmt gewesen sei. Nach Angaben des Justizministeriums kamen in diesem Jahr bisher 16 Strafgefangene nicht von einem Ausgang oder von einem Hafturlaub zurück. Im vergangenen Jahr waren es 24, von denen 20 noch im vergangenen Jahr wieder ergriffen wurden. Der rheinland-pfälzische Landesverband des Deutschen Journalistenverbandes (DJV) wies die Medienschelte Ströbers gestern zurück. Es sei „ungeheuerlich“ zu behaupten, mit der Berichterstattung seien die Ermittlungen vereitelt worden. DJV-Landesvorsitzende Andrea Wohlfahrt sagte: „Die Presse kommt – nach sieben Tagen Ermittlungsarbeit offenbar ohne greifbarer Ergebnisse – klar ihrer Aufgabe nach, im öffentlichen Interesse nachzufragen und auch zu hinterfragen. Kommentar Info Die Polizei bittet um Hinweise zum Aufenthaltsort des Gesuchten an das Landeskriminalamt Mainz unter der Telefonnummer 06131/ 652833 oder an jede andere Polizeidienststelle. |kad/jüm

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