Rheinpfalz Es muss nicht immer Kakerlake sein

Die Ekelpalette beim Geschäft mit Lebensmitteln ist groß: Schimmel auf dem Dessert.
Die Ekelpalette beim Geschäft mit Lebensmitteln ist groß: Schimmel auf dem Dessert.

«Mannheim.» Eine im Brötchen eingebackene Kakerlake. Ein verunreinigtes Pommessieb, das Ekel hervorruft. Die Zimmerdecke einer Backstube, bei der die Farbe abblättert und in die Backwaren zu fallen droht. Die Mannheimer Lebensmittelkontrolleure haben 2017 einiges zu sehen bekommen, das einem den Appetit vergehen lässt.

Trotzdem: Von erschreckenden Gruselfällen wie einst beim Gammel-fleischskandal war bei den städtischen Kontrolleuren nicht die Rede. Und das, obwohl offenbar mehr kontrolliert wird. Die zehn Lebensmittelkontrolleure der Stadt haben demnach über 4000 Betriebe unter die Lupe genommen. 2015 waren es noch rund 3500 Kontrollen gewesen. „Insgesamt haben wir dabei über 1600 Proben erhoben, wobei die Beanstandungen im Vergleich zum Vorjahr um zwei Prozentpunkte auf 16 Prozent zurückgingen“, sagt Mannheims Erster Bürgermeister Christian Specht (CDU). Drei der Proben wurden laut Specht als gesundheitsschädlich eingestuft, fünf weniger als 2016. Weniger erfreulich empfand Specht die Beanstandungsquote der kontrollierten Betriebe, die zwar im Vergleich zum Vorjahr zurückging, dennoch stets viel zu hoch sei. Fast 60 Prozent der Betriebe waren auffällig, weil sie zum Beispiel nicht hygienisch genug waren. „Dazu zählen aber auch Dinge wie ein nicht aufgefüllter Seifenspender oder fehlende Papiertücher zum Abtrocknen der Hände“, relativierte der Leiter der Abteilung Verbraucherschutz, Peer-Kai Schellenberger, die Zahl. Demnach wurden voriges Jahr wegen gravierender Mängel mit Gesundheitsgefährdung oder Unbelehrbarkeit sieben Strafverfahren eingeleitet und über 100 Ordnungswidrigkeiten bei kleineren Verstößen angezeigt. Sieben Betriebe mussten zumindest teilweise schließen, bis sie die Mängel behoben oder eine Grundreinigung in Angriff genommen hatten. Darunter befand sich auch die Backstube mit der bröckelnden Farbe an der Decke. Was die Kontrolleure besonders wurmt, ist die Zahl der Nachkontrollen und das Verhalten der Kontrollierten. „Es ist in vielen Fällen die fehlende Einsicht bei den Verantwortlichen“, sagt Lebensmittelkontrolleurin Sissi Denefleh. „Wir waren mit 749 Mängelberichten und 984 Nachkontrollen beschäftigt.“ Denn anscheinend schieben die Unternehmer nötige Ausbesserungen gerne auf die lange Bank. Doch gerade diese konsequenten Nachkontrollen seien dafür verantwortlich, dass die Lebensmittelkontrolleure andere Betriebe nicht unter die Lupe nehmen könnten, so Denefleh. Über 50 Betriebe mussten ein Zwangsgeld bezahlen, weil sie die angemahnten Mängel nicht rechtzeitig behoben hatten. Manche Funde wie die Kakerlake in der Backware kommen zum Teil durch Verbraucherbeschwerden ans Licht. Auch diese haben deutlich abgenommen. Die Lebensmittelüberwachung kontrolliert nicht nur Betriebe, sondern kümmert sich auch um den Verbraucherschutz, wie der Erste Bürgermeister erklärt. Käufer dürften nicht getäuscht werden. Als Beispiel nannte er den Döner, der nicht immer ein „echter“ Döner ist, wenn er nicht die dafür definierten Zutaten enthält. Was in den wahren Döner unter anderem nicht hineingehört, ist Geflügelfleisch, das nebenbei günstiger als Lamm- oder Kalbfleisch ist und den Verkäufern eine höhere Gewinnspanne beschert. „Das muss angegeben werden“, so Specht, was aber nicht immer der Fall sei. Auch eine Kontrolle von Äpfeln habe ergeben, dass man nicht immer sicher sein kann, woher sie stammen. „Denn ob sie aus Argentinien oder vom Bodensee kommen, kann der Verbraucher meist nicht schmecken“, sagt Specht. Aber es könne nachgewiesen werden. Alles in allem schneidet Mannheim im Vergleich mit anderen Städten ähnlicher Größe laut Peer-Kai Schellenberger gut ab. „Manchmal sogar besser. Deshalb kann man in Mannheim ruhigen Gewissens essen und einkaufen gehen“, meint der Leiter des Verbraucherschutzes. Noch Fragen? Über 6700 Betriebe liegen im Einzugsbereich der Mannheimer Lebensmittelkontrolleure. Davon sind 5400 Lebensmittelbetriebe, unter die 1570 Gastrobetriebe und über 80 Großküchen fallen.

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