Rheinpfalz Es ist Sommer-Zeit

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PARIS. Vielleicht wird diese 88. Minute im Spiel gegen Albanien ja in die Schweizer Fußballgeschichte eingehen: Shkelzen Gashi war da plötzlich im Strafraum freigespielt worden, er rannte noch ein paar Schritte und schoss, aber der Schweizer Torhüter Yann Sommer parierte mit einem katapultartigen Reflex. Es blieb deshalb beim 1:0 für die Eidgenossen.

Die Erleichterung über den gelungenen Turnierstart in der EM-Gruppe A war riesig. Heute (18 Uhr) geht es im Prinzenpark von Paris gegen Rumänien. Die Schweizer Mannschaft ist selbstbewusst, sie ist von dem Willen getragen, die Überraschungsmannschaft des Turniers zu werden. Der Erfolg in einem schwierigen Duell gegen Albanien hält diesen Glauben hoch. Granit Xhaka, der Mittelfeldspieler, der nach der Saison für 45 Millionen Euro von Borussia Mönchengladbach zum FC Arsenal nach England wechselt, weiß, dass der Traum auch deshalb lebt, weil Yann Sommer gegen Albanien so grandios seine Fähigkeiten unter Beweis gestellt hat. „Gott sei Dank, war Yann im Tor“, schwärmte Xhaka. Souveräne Strafraumbeherrschung, schnelle Reaktionen und reife Spielantizipation zeichnen den Torwart von Borussia Mönchengladbach aus. Der heute 27-Jährige kam vor zwei Jahren vom Schweizer Serienmeister FC Basel zur Borussia. Nachdem der Wolfsburger Diego Benaglio nach der WM 2014 seinen Rücktritt aus der Nationalmannschaft erklärte, ist Sommer auch in der „Nati“ die Nummer 1. „Ich darf in der Bundesliga spielen, wo das Niveau immer hoch ist. Das hat mich noch stärker gemacht“, betont Sommer. Nationaltrainer Vladimir Petkovic lobt: „Yanns starke Leistung ist nichts Neues für mich. Er hat wieder bewiesen, dass er ein hervorragender Torwart ist. Jeder in Deutschland weiß das, jetzt weiß es auch Europa.“ Auch die Anerkennung seiner Kollegen ist ihm gewiss. Sommer nimmt in seinem Training Anleihen aus anderen Sportarten, mit neuesten Methoden versucht er sich immer weiter zu verbessern. So trainiert er mit einer sogenannten Stroboskopbrille seine Reaktionsschnelligkeit. Die Gläser dieser Spezialbrille verdunkeln sich schnell, der Ball ist für den Träger so spät zu erkennen. Sommer ist ein bescheidener Athlet. Vergleiche mit Manuel Neuer, die nach der Glanzleistung gegen Albanien angestellt wurden, freuen ihn zwar, aber er sagt: „Neuer ist der beste Goalie der Welt, ich vergleiche mich nicht mit ihm.“ Hartnäckig halten sich Gerüchte, nach denen Sommer mit Manchester City und anderen englischen Klubs in Verbindung gebracht wird. Gerüchte seien das, nichts weiter, blockt er Fragen nach seiner Zukunft ab. Bis 30. Juni 2019 läuft sein Vertrag noch. Derzeit denkt der Mann aus dem Kanton Waadt fast nur an das Spiel gegen Rumänien. Ein Sieg würde das Weiterkommen der Schweizer sichern. Gegen die unbequemen Rumänen sei der Druck auch sehr hoch, sagt Sommer. Damit jene 88. Minute von Lens tatsächlich Schweizer Fußballgeschichte schreibt, müssen sich vor allem Sommers Kollegen im Sturm steigern. Der Torwart befindet sich in der Form seines Lebens.

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