Rheinpfalz Einst beliebter Treffpunkt für Jung und Alt schließt seine Pforten

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Nach 330 Jahren ist jetzt Schluss. Das Gasthaus Christmann in der Katzweilerer Hauptstraße stellt den Betrieb ein. Zum Jahresende werden Kurt und Waltraud Christmann ihr traditionsreiches Wirtshaus krankheits- sowie altersbedingt schließen. Einen Nachfolger haben die beiden noch nicht auserkoren.

Grüne und weiße Tischdecken liegen auf einer langen Tafel im vorderen Raum der Gaststätte. Die dunklen Holzverkleidungen an den Wänden sehen aus, als wären sie erst kürzlich lackiert worden. Die Schränke hinter der Theke sind prall gefüllt mit Gläsern. Der polierte Zapfhahn blitzt im Schein der Tresenbeleuchtung. Es scheint, als wären Kurt und Waltraud Christmann jederzeit darauf vorbereitet, ein großes Fest zu veranstalten. Kaum vorstellbar, dass Schluss ist. 1686 „erbaute Hans Wilhelm Henn an der Stelle, an der später auch der Gastwirt Eugen Christmann sein Haus erbaute, seine Schenke“. So steht es in der Ortschronik von Katzweiler. Das heutige Betreiber-Ehepaar übernahm das Gasthaus 1971 in der siebten Generation. Ministerpräsidenten, Landräte, Bürgermeister hätten das Haus gerne besucht. Das belegten Einträge, Unterschriften, Fotos in Grußalben. Auch wenn Waltraud Christmann die wohl ungezählte Male durchgeblättert hat, funkeln ihre Augen immer noch, wenn sie daraus vorließt. Eine hölzerne Schiebetür trennt die Gaststätte vom Tanzsaal. Als Christmann sie öffnet, strömt kühle Luft heraus. Alte Wagenräder hängen von der hohen Decke herab. Christmann hat sie zu Lüstern umfunktioniert. In schwarzer und roter Schrift prangen an den weißen Wänden Sprüche wie „Ein Viertel Frühling, ein Viertel Wein, verliebt muss man sein“ und „Wer nicht liebt Wein, Weib und Gesang, der bleibt ein Narr sein Leben lang“. „Damals konnte hier nicht nur getanzt, sondern auch gekegelt werden“, erzählt Christmann. Auch der Saal wirkt wie frisch renoviert, Stühle stehen in Reih’ und Glied an langen Tafeln. „Unsere Besucher sollen sich bei uns immer wie zu Hause fühlen.“ Mehrere Male wurden in dem großen Tanzsaal Filme gedreht, in denen es beispielsweise um die Wandermusikanten aus Mackenbach oder um die Mennoniten-Bewegung nach dem Dreißigjährigen Krieg geht. Auch einige Szenen eines Kriminalfilms sollen hier entstanden sein. Früher war die Gaststätte Treffpunkt für nahezu alle Vereine, erzählt Kurt Christmann. So hätten sich hier Fußballer nach dem Training eingefunden, um zu essen. Zahlreiche Gesangvereine hätten ihre Singstunden abgehalten. Auch Schützenvereine hätten hier trainiert. „Auf die Kerwezeit habe ich mich immer besonders gefreut“, sagt der 78-Jährige. Sechs Bedienungen zusätzlich seien nötig gewesen, um den Ansturm zu bewältigen. Christmann bedauert, dass sich die heutige Jugend nicht mehr in Gaststätten trifft, „um die Dorfgemeinschaft zu pflegen“. „Früher kamen hier alle Generationen zusammen, unterhielten sich, spielten Karten und sangen“, sagt er und schwelgt in Erinnerungen. Gesundheitsbedingt können er und seine Frau die Gaststätte nicht mehr betreiben. Außerdem sei es „mit 78 Jahren an der Zeit, in Rente zu gehen“. Ob die Gaststätte weitergeführt wird, wissen die beiden noch nicht. Abgeneigt scheinen sie dieser Idee nicht zu sein. Fürs Erste soll sie aber geschlossen bleiben. |jrd

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