Rheinpfalz Eine Idee, die bewegt

MAINZ

/LUDWIGSHAFEN. Hicran Göz ist von der Tagwerk-Idee überzeugt: „Es ist ein gutes Gefühl zu arbeiten und zu wissen, wo das Geld hingeht“, sagt die 16-jährige Schülerin des Ludwigshafener Heinrich-Böll-Gymnasiums. Bei der Bäckerei Görtz hat Hicran im vergangenen Juni fast einen Tag lang Erdbeeren für Obstkuchen „geschnippelt“. Dafür wurden ihr 50 Euro zugunsten von Aktion Tagwerk vergütet. Und die Mainzer Hilfsorganisation Human Help Network (HHN) sorgte als langjähriger Tagwerk-Partner dafür, dass das so verdiente Geld ohne großen Verwaltungsaufwand sinnvollen Bildungsprojekten in Afrika zufließt. Wobei ein Schwerpunkt der HHN-Projektarbeit im rheinland-pfälzischen Partnerland Ruanda liegt. Für die Tagwerk-Idee hat Musiklehrerin Claudia Scheuber im Böll-Gymnasium erstmals im vergangenen Jahr „getrommelt“. Auf Anhieb schwärmten 64 Schüler in Betriebe aus, um statt im Unterricht zu büffeln einen Tag lang für Afrika zu jobben. Allerdings gilt auch für die Aktion Tagwerk das Jugendarbeitsschutzgesetz. Deshalb musste für Jugendliche unter 15 Jahren ein Alternativprogramm her: Einen Nachmittag lang wurde musiziert, gebastelt, wurden Fruchtsäfte gemixt, berichtet die Lehrerin. Außerdem wurden Leckereien angeboten, die zum Teil von den Heimatländern der Eltern beeinflusst waren. Beispielsweise gab es eine afrikanische Bananenspezialität und schmackhafte Teigtaschen aus dem Kosovo. Aus den Erlösen dieses Nachmittags und aus dem Arbeitseinsatz der älteren Heinrich-Böll-Schüler kamen so 3285,19 Euro zusammen. Und das gleich bei der ersten Tagwerk-Beteiligung. Etliche weitere Pfälzer Schulen trugen im vergangenen Jahr ihr Scherflein zu der Aktion bei. So startete die Schülervertretung des Frankenthaler Albert-Einstein-Gymnasiums eine Autowaschaktion. Fünf Euro wurden pro Karosse verlangt, die meisten Autobesitzer rundeten großzügig auf. Andere Einstein-Schüler organisierten eine Vokabel-Olympiade: Für richtig aufgesagte Vokabeln sicherten Sponsoren Spenden zu. Das Einstein gehört übrigens zu den Schulen, die sich seit Jahren engagieren. Über 15.000 Euro sammelten allein dort die Jugendlichen zugunsten ihrer ruandischen Partnerschule ein. Am anderen Ende der Pfalz verzeichnete die Grundschule in Rammelsbach (Kreis Kusel) einen neuen Rekord: Ihr mittlerweile dritter Afrika-Spendenlauf brachte über 3000 Euro ein. Im Vorfeld hatten 150 Mädchen und Jungen bei Eltern und Verwandten für jede zurückgelegte Runde auf dem Sportplatz einen Betrag ausgehandelt. Außerdem lernten die Rammelsbacher Schüler an den Stationen eines Parcours den Alltag ihrer Altersgenossen in Afrika kennen. Das Beispiel zeigt: Bei der Aktion können alle Schulen und Schüler jeden Alters mitmachen. Unterwegs für Afrika waren auch Jugendliche der Montessori-Schule in Haßloch. Ausgerüstet mit Schaufeln und Eimern zogen sie durchs Dorf, um Unkraut zu jäten oder Straßengräben zu fegen. Auf diese Weise kamen 525 Euro zusammen. Bundesweit machten allein im vergangenen Jahr 180.000 Jugendliche aus über 600 Schulen mit und sammelten 1,2 Millionen Euro ein. Für dieses Jahr laufen die Vorbereitungen für die zwölfte Tagwerk-Aktion auf Hochtouren. Mit ihrem langen Atem beweist der von der mittlerweile 30-jährigen Nora Weisbrod geführte gemeinnützige Verein, dass er nachhaltiger ist als so manches von Profis aufgebaute Entwicklungsprojekt. Ein Grund dafür mag sein, dass die Aktion auch neue Erfahrungen und Perspektiven eröffnet. So suchte sich Elena Neumann vom Ludwigshafener Böll-Gymnasium einen Tagwerk-Job bei einer Mannheimer Elektronikfirma. Ihr wurde dort eine Aufgabe gestellt, die sie mit Hilfe von Excel-Tabellen und Internet-Recherchen lösen sollte. „Das war etwas komplett anderes als in der Schule“, erinnert sich die 17-Jährige. „Toll war, dass ich da selbstständig arbeiten konnte.“ Übrigens: Hicran Göz mag auch heute noch Erdbeeren, versichert sie mit einem Schmunzeln. Und so wie Elena will sie auch bei der aktuellen Kampagne von Aktion Tagwerk wieder mitmachen.

x