Kultur Südpfalz Ein ungewöhnlicher Blick auf Mutter Erde
Gaia, die Muttergöttin der antiken Mythologie, steht bei dem in Bristol lebenden Künstler Luke Jerram für einen Blick auf die Erde, wie wir ihn nicht kennen: Mit Unterstützung von Fotomaterial der Weltraumbehörde NASA wird sie nachbildet. Jerram erläutert: „Es handelt sich um einen Globus mit einem Durchmesser von sieben Metern, der sich seit 2018 in mehreren Exemplaren langsam dreht und angestrahlt wird. Ich möchte, dass die Betrachter über das Anschauen zum Nachdenken über Natur und Nachhaltigkeit kommen. Ich möchte aber auch, dass das Publikum dieses Seherlebnis genießt – und natürlich hoffe ich, dass ich mit meiner Arbeit die Menschen inspiriere, den Planeten zu retten.“
Predigt unter Weltkugel
Dass seine Arbeit nicht mit dem erhobenen Zeigefinger daherkommt, den Hinweis auf Nachhaltigkeit nicht moralisch unterfüttert, sondern auf das Staunen über die Schöpfung und den „Blauen Planeten“ fokussiert, überzeugte Stadtpfarrerin Claudia Rauch, die in den nächsten Wochen unter der Weltkugel predigen wird. Diese wird in der Höhe variabel angebracht, so dass auch Chor und Orchester, die Haydns Schöpfung am Sonntag, 29. September, 19.30 Uhr, darbringen werden, dort gut Platz finden. Rauch „war es wichtig, nicht nur den Globus in die Stadtkirche zu hängen, sondern ein Rahmenprogramm zu gestalten. Dass das eine richtige Entscheidung war, zeigt sich auch daran, dass inzwischen rund 1.400 Kinder für verschiedene Veranstaltungen angemeldet sind.“
Hunde in der Kirche
Damit trifft sie bei Jerram auf Zustimmung, der betont, „Gaia ist ein Kulturprojekt, dessen Bedeutung sich durch den Ort, an dem der Globus hängt, verändert. In England gehen die Menschen eigentlich nicht mehr in die Kirche. Dort waren die Verantwortlichen begeistert, weil plötzlich wieder Leben einzog. In Rumänien dagegen war die Kathedrale im Präsentationszeitraum zu beliebt. Hunde, die mitgebracht wurden, auf dem Boden liegende Menschen waren den Kirchenoberen doch etwas zu viel.“ In rund 110 Ausstellungen pro Jahr werden Jerrams Arbeiten gezeigt. Er konzentriert sich vor allem auf die Konzeption, die Ausführung übernimmt sein Team in Zusammenarbeit mit Spezialisten vor Ort. „Es ist eine angestaubte Idee, dass Künstler Dinge selbst machen müssen“, findet Jerram, der in der Kollaboration die Chance sieht, mit einem erweiterten Team zu einer gelungenen Installation zu kommen, die beim Nachdenken ein ästhetisches Erlebnis verspricht.
Zerbrechliche Erde
Das Projekt gehört, auch wenn es sich um ein Medienkunstwerk handelt, nicht zu den Sommeraktionen der UNESCO City of Media Art, ist aber wohl daran angedockt. „Gaia findet am Ende der Schlosslichtspiele statt und läutet den Anfang der Fairen Woche ein, markiert somit die Schnittstelle beider Events. Ich finde es toll, dass es diese Verbindung gibt“, lobt Claudia Rauch, die schon seit einiger Zeit Luke Jerram auf Instagram folgt und selbst an ihn herangetreten ist. In der Dresdner Frauenkirche hat sie sich die Gaia-Installation im letzten Jahr angeschaut. Dort wie hier handelt es sich um eine Kirche mit Zerstörungsgeschichte, womit, so führt Rauch weiter aus, „die Verletzlichkeit und Zerbrechlichkeit unserer Erde, aber auch die Verantwortung, die wir für sie haben, am Gebäude ablesbar ist. Mit der Installation von Luke Jerram wird aber auch deutlich, dass es Gestaltungsmöglichkeiten für die Bewahrung der Schöpfung gibt.“ Der Astronaut Alexander Gerst schrieb in dem Brief an seine ungeborenen Enkelkinder, er könne sich am Anblick der Erde „einfach nicht satt sehen.“ Diesen besonderen Blick aus dem All auf die Erde ermöglicht das Projekt „Gaia“.
Info
Eröffnung: Freitag, 13. September, 18 Uhr, bis 6. Oktober, Evangelische Stadtkirche Karlsruhe, Marktplatz. Täglich geöffnet von 13 Uhr bis 22 Uhr. Infos und Rahmenprogramm unter www.gaia-in-karlsruhe.de.