Kultur Südpfalz Ein Fest im Schatten der Fußball-WM

Gefühlt an jeder Ecke der Stadt Musiker, die die Fußgängerzone und/oder Cafés beschallen, ohne Gage aber mit Hut – und das einen ganzen Tag lang: Das ist die „Fête de la Musique“. Ein aus Frankreich stammendes Straßenmusiker-Festival, das am Samstag nun zum zweiten Mal in Landau stattfand. Doch in diesem Jahr waren die Landauer etwas abgelenkt.

Der schwarze Adler im Kreis fällt nicht direkt ins Bild. Doch er ist da. Rechts oben, etwa auf Herz-Höhe. Die Aufgabe für die vorwiegend aus Studenten bestehende Gruppe ist simpel: Etwas Weißes sollten sie tragen, auf Bierbänken mit weißen Tischtüchern ein „Dîner en blanc“, ein Dinner in Weiß also abhalten. Der klassische Auftakt einer „Fête de la Musique“, die längst zu einer internationalen Bewegung geworden ist. Doch in das Weiß mischt sich auch ein bisschen Schwarz. Wie beim Trikot der deutschen Fußballnationalmannschaft. Ein paar Schritte weiter durch den Goethepark eröffnet sich der Blick auf den Rücken der Dinnierer, von denen offensichtlich die meisten Müller oder Klose heißen und wahlweise die Nummer 13 oder 11 tragen. 21. Juni, das ist nicht nur „Jour de la Fête“, es ist auch WM-Spieltag. Ob die „Fête“ eine Chance gegen „Schland“ hat? Der Blick wird weiter. Während die Landauer Band Gizmo auf der Unplugged-Bühne des AStA letzte Vorbereitungen trifft, laufen zwei Kinder durch den Park. Beide heißen offensichtlich Thomas Müller und haben gerade einen Fußball gefunden, den die Co-Organisatoren vom Verein Südstern dort hingelegt haben. Die haben im Goethepark ihre eigene Bühne. „Unser Haus ist eigentlich zu weit weg, aber wir wollten auch gerne mitmachen, deshalb haben wir uns mit dem AStA zusammengeschlossen“, so Sarah Mergen vom Südstern. Und AStA-Kulturreferent Carsten Saremba sagt Ähnliches über den Campus: „Da wird man ja nicht wahrgenommen“. Also treffen sich Nord und Süd im Westen. Dort stehen Sofas mitten im Park, mindestens acht Stück, ein Baum wird gerade zur Kletterwand umgebaut, Kicker, Volleyballnetz, Wurstbuden und Getränkestände. Die WM ist schon einmal da, nur wo ist die Straßenmusik? Auf den Bierbänken. Dort sitzen und spielen sechs nicht mehr ganz jugendliche Herren, die Rietburgsänger. Die erste von zehn Gruppen oder Solisten, die allein im Goethepark auftreten werden. Mit Bass-Gitarre, Western-Gitarre, Mandoline und Akkordeon stimmen sie Lieder ein, die so gar nicht in das „Schland-Feeling“ passen wollen: Pfälzer Volkslieder, Winzerlieder, ab und zu ist auch ein norddeutscher Shanty drin. Technische Probleme auf der Bühne habe es gegeben, erklärt Peter Mayrhofer, Südstern-Mitglied, hat stilecht ein Glas Riesling in der Hand. Das habe er geschenkt bekommen, öle damit die Stimmbänder, erklärt er spitzbübisch. „Die Fête soll mehr zu einem Festival werden, das generationsübergreifend die Menschen anspricht“, sagt er und wirbt für mehr Engagement auch von Chören. Der Weg führt weiter, raus aus dem Goethepark, auf die Straße. Vor dem „Barock“ am französischen Tor testet die Band „Mai“ ein letztes Mal den Sound, während noch ein paar Plätze frei sind. Das ist ungewohnt – im vergangenen Jahr standen zu diesem Zeitpunkt schon die Massen in dritter Reihe. Stattdessen fährt ein imposant beflaggter Radfahrer vorbei, stimmt sich schon auf das Fußballspiel ein. „Wir stehn auf für die Champions“ dröhnt es aus den Untiefen des Ein-Fahrrad-Fahnenmeeres. Irgendwie auch Musik. Auf seinem Weg liegt das „Akzent“ an der Stiftskirche. Dort spielt die Folk-Pop-Band Lluvia (spanisch: Regen) der Schwestern Debora und Simone Würth, alte Bekannte im „Akzent“. Auch hier sind noch viele Sitzplätze frei. „Es ist deutlich weniger los als im letzten Jahr“, bemerkt auch Frontfrau Rahel Yainishet von der Band Sooty Kitchen. Vergangenes Jahr drängten sich noch die Massen um sie bei ihrem Auftritt vor dem Café Mago, heute sind deutlich weniger Menschen unterwegs. Das war anders geplant, schließlich wollten die Landauer Werbung für ihre neue CD machen, ihre erste. Ein weiterer „alter Bekannter“ ist Dominik Wrana, der bereits 2013 Jahr spontan vor dem Pergamino seine Cover-Stücke sang, heute an gleicher Stelle unterstützt von David Geis. Der kritisiert das mangelnde Engagement von Straßenmusikern außerhalb des offiziellen Programms. „Viele wissen nicht, dass sie heute einfach spielen dürfen“. In Frankreich sei das ganz anders, erklärt Pergamino-Betreiberin und Wahl-Französin Birgit Lauser, die das geringe Interesse der Landauer an der „Fête“ bedauert. Zumindest in der Innenstadt. Ganz anders ist das Bild im Goethepark. Die Angebote werden angenommen, es gibt kaum noch grüne Flächen zwischen Südstern-Bühne und West-Spielplatz. Der AStA bietet derweil Workshops (Instrumente, Poetry-Slam und Poi, ein Element der Artistik, mit der Feuerbänder durch die Luft gewirbelt werden können) an. Der größte Andrang kommt aber erst kurz vor 21 Uhr. Dann startet hier das Public Viewing. Und dann ist die Vuvuzela das einzige Instrument, das noch zu hören ist.

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