Rheinpfalz Die Tradition der Kuseler Hutmacher

Viele Kuseler sind auf ihre Traditionen stolz. Den Hutmachern haben sie nicht nur mit einem Brunnen ein Denkmal gesetzt, sie feiern sogar jedes Jahr „Hutmacherfest“. Erinnerungen an die Stadtgeschichte will auch die Initiative für den Erhalt des Hauses Sauvage wachhalten. In dem Haus in der Trierer Straße 11 wurden nämlich einst auch Hüte gefertigt. Die RHEINPFALZ hat sich auf die Spuren der Hutmacher begeben.

„Hutmacher“, das ist auch der Neckname der Bewohner der Kreisstadt. Doch in Zeiten von Wollmütze und Baseballkappe haben es Hutmacher schwer. Den Beruf des Hutmachers oder Modisten gibt es zwar noch, „er ist aber am Aussterben“, sagt Günter Schifferer von der Handwerkskammer der Pfalz. Die Kammer registriert derzeit keinen Auszubildenden, und nur vier Betriebe seien in der Pfalz überhaupt noch eingetragen – ob diese dann auch ausbilden, steht auf einem anderen Stern. Fazit: Der Hutmacher ist laut Schifferer ein typischer Beruf, der Industrialisierung und Auslandsfertigung zum Opfer gefallen ist. Bereits seit Ende der 1950er und 1960er Jahre sei das Handwerk rapide zurückgegangen. Da ist es nicht verwunderlich, dass die Initiative zum Erhalt des Hauses Sauvage als Argument gegen den vom Stadtrat geplanten Abriss Kusels Hutmachertradition hervorhebt. Eine der Mitstreiterinnen ist Doris Wendel-Geil aus Blaubach. Die ausgebildete Modistin betrieb von 1996 bis 2003 einen Hutsalon mit Bekleidung in dem markanten Haus. Um das Anwesen vor dem Abriss zu bewahren, kann sie sich vorstellen, darin künftig ein Hutmacher-Museum anzusiedeln. Denn „es gibt noch genügend historische Materialien zu Kusels Hutmachertradition“, sagt Wendel-Geil. Dazu beitragen könnte auch die ehemalige Besitzerin des Hauses, Gaby Fischer. In ihrem Elternhaus sei die Kuseler Hutmachertradition über zwei Generationen hochgehalten worden, betont Fischer gegenüber der RHEINPFALZ. Sowohl ihre Großmutter, Anna Elisabeth Wißlicen, wie auch ihre Mutter, Liselene Sauvage (geborene Wißlicen), seien Modistinnen gewesen und hätten „hinreißende Hut-Kreationen für die Kuseler Damenwelt angefertigt.“ Ihre Mutter habe den Laden nach dem Tod der Großmutter 1953 übernommen und weitergeführt. Ein weiteres Hutgeschäft gab es in der Marktstraße, wo heute ein Kebab-Laden ist. Ihr Großvater Philipp Köstle betrieb den Laden schon vor 1900, erinnert sich die Enkelin aus Glan-Münchweiler. Dann führte Kurt Köstle das Geschäft weiter, bis es Anfang der 1970er Jahre an einen Händler mit Bilderrahmen verpachtet wurde. Und tatsächlich ist Kusels Hutmachertradition noch immer kein alter Hut: Zwar ist Sigrid Bannier weder Modistin – die fertigen nur Hüte für Frauen – noch Hutmacherin; diese machen wiederum nur Männerhüte. Dennoch kreiert sie als Filzhandwerkerin in ihrem Laden in Kusel sowohl Damen- als auch Herrenhüte. „Bis etwa 1850 haben beide Berufsgruppen ihre Hutrohlinge zum Teil noch selbst hergestellt“, weiß Bannier. Anschließend seien nur noch industriell gefertigte Hutrohlinge verarbeitet worden. In der „Geschichte der Stadt Kusel“ beschreibt Ernst Schworm, wie sich das Hutmacherhandwerk erst nach dem Dreißigjährigen Krieg in Kusel verstärkt niederließ. Eine historische Anordnung, wonach die Ware der Hutmacher nicht mehr von Krämern sondern von Hutmachern selbst feil gehalten werden sollte, deutete darauf hin, dass sich das Handwerk ausbreitete, und man begann, ihm besondere Achtung beizumessen. Damit Kollegen in umliegenden Dörfern den Kuseler Hutmachern die Preise nicht verderben konnten, wurden Auswärtige verpflichtet, ihre Hüte nur auf dem Markt in Kusel anzubieten. Hutmacher war also ein Stadtberuf. Als Rohmaterial diente den Handwerkern Wolle vom Schaf. Feinere Hüte entstanden aus Fellen von Hasen und Kaninchen sowie auch aus der Wolle von Maulwürfen. Für die besten und teuersten Hüte wurden Biberhaare verwendet. Der Kuseler Chronik von Ludwig Heinrich Baum zufolge wird der Hutmacher bereits in der Zunftordnung der Kuseler Wollenweber von 1696 ausführlich gedacht. Danach musste ein Hutmacher drei Jahre lernen und danach noch drei Jahre wandern, wenn er zum Meister werden wollte. Im Handwerkerverzeichnis von 1833 sind in Kusel acht Hutmacher erwähnt. Dass Kusels Hutmacher pfalzweit bekannt waren, ergibt sich aus einem historischen Bericht eines Speyerer Regierungsrates von der Kuseler Lokalgewerbeausstellung. Hutmacher stellten einst noch so viele Hüte in Kusel her, „dass der Bedarf in der Stadt und näheren Umgebung weit überschritten wurde“, schreibt Albert Reitenbach im Westrichkalender 1978. Die Ware sei auf den Bedarf kleinstädtischer und ländlicher Bevölkerung abgestimmt gewesen – die im Verlauf der Arbeiter-Entwicklung allerdings der Mütze den Vorzug zu geben begannen. So kamen konische Filzhüte aus der Zeit des ausgehenden Mittelalters, Dreispitz, Zweispitz oder der zylindrische Hut des Biedermeier allmählich aus der Mode. Gleiches galt auch für die beliebten Hüte mit breitem Rand, die gleichzeitig guten Wetterschutz boten. Doch schon zuvor hatten nach Recherchen Reitenbachs die Verkaufserfolge der Kuseler Hutmacher abgenommen, als nämlich zwischen 1830 und 1850 die Volkstrachten zwischen Rhein und Mosel abgelegt wurden.

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