Kultur Südpfalz Die Kontinuität der Blödheit

Ein Mann, ein Skript, ein Weizenbier: Urban Priol in der Festhalle.
Ein Mann, ein Skript, ein Weizenbier: Urban Priol in der Festhalle.

Bissig, böse und sehr unterhaltsam schaute Urban Priol in der voll besetzten Festhalle am Sonntagabend auf die vergangenen Monate zurück. Der Jahresrückblick „Tilt“ des aus Funk und Fernsehen bekannten Kabarettisten hat bereits Tradition. Wie in den vergangenen Jahren spart er nicht mit Kritik und verbeißt sich vor allem in die Politik.

Ein Stehtisch mit Buch und Weizenglas drauf. Ein Mann mit Brille, leicht verwirrtem Haar, in Hemd und Jeans. Viel mehr an Kulisse braucht es nicht, wenn Urban Priol mit den Geschehnissen des Jahres 2018 auf bitterböse Art und Weise abrechnet. Dabei steigt er ganz aktuell mit dem „historischen Parteitag der CDU/CSU“ ein und weiß: „Annegret Kramp-Karrenbauer war vor Kurzem auch hier? Da denk ich mir: Wenn die in Landau war, kann die auch Bundeskanzlerin.“ Spätestens ab diesem Gag sind ihm die Lacher sicher, dabei hat der Unterfranke gerade erst angefangen. Die Umstände der Groko-Bildung – „Habemus Groko“ – nimmt er ebenso auf die Schippe wie den Landtagswahlkampf in Hessen und Bayern: „Ein Raketenprogramm im Bayern? Ja, man muss die Leute, die hinterm Mond leben, ja auch irgendwie erreichen“. Er braucht nicht lange, um sich so richtig in Rage zu reden – und dabei teilt er auch mal unter der Gürtellinie aus. So würde er ins Lebenszeugnis des ehemaligen Verkehrsministers Alexander Dobrindt schreiben: „Hat sich nicht mal bemüht“. Seine Aufregung, seine Wut und auch stellenweise Verzweiflung über die Politik und Wirtschaft unterstreicht Priol mit Gesten – mal auslanden-wild, mal nachdenklich und fast schon in sich gekehrt. Priol ist ein guter Stimmenimitator, wie er immer wieder unter Beweis stellt. Trump („der Irre“) spielt in seinem Jahresprogramm ebenso eine Rolle wie EU-Kommissar Günther Oettinger, „der Albtraum eines jeden Logopäden“, und Andrea Nahles, der „sozialdemokratische Backfisch“. Doch auch weniger aktuelle Figuren wie Altkanzler Schröder oder Karl-Theodor zu Guttenberg ruft er wieder ins Gedächtnis. Neben Diskussionen um Mesut Özil, Funktionäre der Fifa und die Fußball-WM führt kein Weg an der „Debatte des Jahres vorbei: der Diesel“. Dabei unterhält Priol mit seinem sehr intelligenten Humor, in dem er die Verstrickungen zwischen Politikern, Wirtschaftsvertretern und Lobbyisten aufdeckt. Auffällig selten erwähnt er die AfD, verbeißt sich förmlich in die Protagnisten der CDU/CSU, allen vorneweg Seehofer und Merkel. Bei Themen wie den Kriegen in Jemen und Syrien, die ertrinkenden Flüchtlinge im Mittelmeer und die Lieferungen deutscher Rüstungsunternehmen an Despoten dieser Welt, ist das Lachen des Publikums hörbar leiser. Leichte Beklemmung ist spürbar. Schwierige Themen eben für einen Kabarettabend. Dagegen findet er anerkennende Worte für die Gelbwesten in Frankreich und die demonstrierende Jugend im Hambacher Forst. Über zweieinhalb Stunden agiert Priol so auf der Bühne und kann sich der Sympathie des Landauer Publikums sicher sein. Nicht zuletzt in seiner Kritik steht dieses als Teil der deutschen Bevölkerung selbst. Alles lassen wir mit uns machen und werden von den Mächtigen der Nation gehörig an der Nase herumgeführt. Priol: „Wir lieben Kontinuität und wir können sicher sein: 2019 wird mit Sicherheit genauso bescheuert wie 2018“.

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