Rheinpfalz Die jungen Glückssucher
Ludwigshafen. „Wollen die überhaupt noch arbeiten?“, fragt manch Älterer mit Blick auf die als sehr anspruchsvoll wahrgenommenen jungen Kollegen der Generation Y. Andere sagen, bei dem Thema werde viel Lärm um fast nichts gemacht.
Jetzt kommt das Internet der Dinge: der Backofen, der weiß, wann der Kuchen fertig ist, ist vernetzt mit dem intelligenten Kühlschrank. Das virtuelle Cockpit im Auto gibt es schon. Modellpflege und elektronisches Facelift daran kann der Fahrer künftig selbst betreiben: per Update auf dem Cockpit-Touchscreen. Und mittendrin in der neuen digitalen Welt lebt die Generation der „Digital Natives“. Die 20- bis 34-Jährigen sind die ersten, die von Anfang an mit Computer und Internet aufgewachsen sind.
Die Generation Y, wie sie auch genannt wird, tickt in mancher Hinsicht anders als die vorherige. Die Autokonzerne versuchen mit der Digitalisierung ihrer Fahrzeuge, junge Kunden zu gewinnen. Die Ansprüche der Jungen verändern die Welt des Konsums – und die Welt der Arbeit gleich mit. Diese Ansicht ist von Personalmanagern und von Vertretern der Generation Y zu hören.
Die zwischen 1980 und 1995 Geborenen werden Generation Y genannt, weil sie auf die Generation X folgen. Die Generation Y steht aber auch im Ruf, vieles – zum Beispiel berufliche Hierarchien – zu hinterfragen. Im Englischen wird der Buchstabe Y ausgesprochen wie das Wort why, zu Deutsch: warum. Den Anfangzwanzigern bis Mittdreißigern wird nachgesagt, sie hätten eine andere Einstellung zum Beruf als ihre Eltern, die dem Job noch fast alles untergeordnet hätten. Die Jungen würden beim Thema Work-Life-Balance mehr Wert auf Life als auf Work legen. Sie seien auf der Suche nach dem Glück eher anspruchsvoll als leistungsbereit. Flexible Zeiteinteilung sei ihnen wichtiger als das Statussymbol Dienstwagen.
Tatsächlich reagieren Unternehmen auf der – wegen der demografischen Entwicklung immer schwieriger werdenden – Jagd nach den besten Nachwuchsmitarbeitern auf die Wünsche der Generation Y. So führt BMW ein Arbeitszeitmodell ein, bei dem berufliche Tätigkeit von zu Hause aus gutgeschrieben wird. Die Jungen würden nicht mehr so scharf zwischen Arbeit und Freizeit trennen, sagt Jörg Leuninger, der beim Chemiekonzern BASF die Rekrutierung in Europa leitet. Faul seien sie nicht, meint er. Aber sie wollten mitgestalten, was bei der Arbeit mit ihnen geschehe. Viele hätten sehr konkrete Vorstellungen davon, wie sie sich in den kommenden vier bis fünf Jahren entwickeln möchten. Auslandserfahrung zum Beispiel werde häufig früh gewünscht. Später stehe dann die Familienplanung im Vordergrund. Bei Auslandstätigkeiten versuche die BASF, auf Wunsch auch einen Job vor Ort für den Partner oder die Partnerin der BASF-Kraft zu organisieren.
Hätten bisherige Generationen vor allem Wert auf einen sicheren Arbeitsplatz gelegt, so wolle die Generation Y etwas leisten, was sie für sinnvoll halte, so Leuninger. Auch deswegen sei es wichtig, dass Unternehmen für sich Werte definierten und sich entschieden, wie sie wahrgenommen werden wollten. Mit Blick auf die Zielgruppe Generation Y hat die BASF im Internetportal Youtube unter „BASF-Praktikum“ ein Video hochgeladen.
Das im vergangenen November in Ludwigshafen eröffnete neue Mitarbeiterzentrum für Work-Life-Management der BASF zielt auch auf die Generation Y. Die Anzahl der Betreuungsplätze für Mitarbeiterkinder im Alter von sechs Monaten bis drei Jahren wurde dort von bisher 70 auf 250 erhöht. Das ist die derzeit größte betriebliche Kinderkrippe Deutschlands.
Bei der Diskussion des Themas Generation Y lauerten Wahrnehmungsfallen, weil Bauchgefühl und eigenes Erleben häufig falsche Ratgeber seien, warnt dagegen der Personalmanagement-Professor an der Uni Mannheim, Torsten Biemann. In einem zusammen mit seinem Bonner Kollegen Heiko Weckmüller im Fachblatt „Personal-Quarterly“ veröffentlichten Beitrag heißt es, bei der Generation Y werde viel Lärm um fast nichts gemacht. Studienergebnisse zeigten, dass die Unterschiede in den arbeitsbezogenen Einstellungen zwischen den Generationen zu klein seien, um eine grundsätzliche Neuausrichtung der Personalarbeit zu begründen.
Der Moderator und Autor Manuel Andrack nahm kürzlich an einem Studentenprojekt der Hochschule der Medien in Stuttgart zu Work-Life-Balance teil. Auch für ihn sei es wichtig, für ein Gleichgewicht zu sorgen, sagte er der RHEINPFALZ. Andrack ist sicher nicht der einzige Vertreter der Baby-Boomer-Generation, der in dieser Hinsicht ähnliche Präferenzen hat wie die Generation Y. Projektleiter Andreas Gorhan – Student, 25 Jahre alt – bestätigt, dass seine Generation ein flexibles Arbeitsumfeld erwarte. Dass Firmen bereit seien, das zu bieten, erlebe er als Werkstudent.