Rheinpfalz Die Beinahe-Katastrophe

91-54579542.jpg

Das Unglück am Mannheimer Hauptbahnhof forderte 38 Verletzte. 13 Menschen waren gestern noch in der Klinik. Doch der Zusammenstoß eines Eurocitys mit einem Güterzug, der Chemikalien transportierte, hätte viel schlimmer ausgehen können.

Noch 13 verletzte Fahrgäste im Krankenhaus, mehrere Gleise am Mannheimer Hauptbahnhof gesperrt, weil zwei entgleiste Eurocity-Wagen und ein Güterzug mit Chemikalien geborgen werden müssen. Und doch ist am Tag nach dem Zugunglück von Mannheim auch Erleichterung zu spüren. Erleichterung, weil alles viel schlimmer hätte kommen können. Um 20.51 Uhr war am Freitagabend der Eurocity 216, der mit 250 Reisenden vom österreichischen Graz nach Saarbrücken unterwegs war, mit einem Güterzug kollidiert (die RHEINPFALZ berichtete). Der Unfall passierte bei einer sogenannten Flankenfahrt. Das heißt: Die Züge hätten eigentlich nebeneinanderher fahren sollen. Zwei der fünf Wagen des ICE kippten bei dem Zusammenstoß um, dabei wurden 38 Menschen verletzt, vier davon schwer. Sie waren aber nicht in Lebensgefahr, wie es hieß. In den beiden umgekippten Wagen sollen 110 Menschen gesessen haben. Der holländische Güterzug, der im Auftrag der Firma ERS Railways mit Sitz in Rotterdam fuhr, war auf dem Weg von Duisburg ins ungarische Sopron und hatte unter anderem zwei Gefahrgut-Container geladen. „Man kann von Glück reden, dass beide Züge recht langsam unterwegs waren“, sagte Carolin Bartelt von der Bundespolizei Karlsruhe der RHEINPFALZ am SONNTAG. Sonst wäre der Zusammenstoß wohl stärker ausgefallen. Möglicherweise wäre dann auch ein mit Chemikalien beladener Waggon des Güterzugs mehr in Mitleidenschaft gezogen worden. Jedoch und zum Glück: Der Waggon mit dem Gefahrgut sei „nicht umgekippt und die Container wurden nicht beschädigt“, so Polizeisprecherin Bartelt. Von den Chemikalien sei daher zu keinem Zeitpunkt eine Gefahr ausgegangen. Neben den Ermittlern der Bundespolizei waren an der gesperrten Unfallstelle seit Freitagabend auch Experten der Eisenbahnunfall-Untersuchungsstelle des Bundes (EUB) im Einsatz. Sie sollen klären, wie es zu der Kollision kommen konnte. Die EUB ist eine unabhängige Behörde des Bundesverkehrsministeriums zur Untersuchung von gefährlichen Ereignissen. Ergebnisse ihrer Arbeit legten bis gestern Abend allerdings weder die unabhängigen Spezialisten noch die Experten der Bundespolizei vor. Wie eine Sprecherin der Untersuchungsstelle des Bundes berichtete, überprüften die Bahn-Spezialisten den Betriebsablauf. Es müsse herausgefunden werden, ob die Signale und die Fahrzeuge richtig funktioniert hätten. Die Bundespolizei flog mit einem Hubschrauber über den Schauplatz der Beinahe-Katastrophe und machte Aufnahmen. Ein Sprecher der Firma ERS Rail-ways in Rotterdam berichtete im Gespräch mit unserer Zeitung, dass bei dem Unfall auch der Fahrer des Güterzugs verletzt wurde und im Krankenhaus behandelt werden musste. Der Güterzug, den eine Drittfirma im Auftrag von ERS Railways auf den Weg geschickt hatte, habe aus sieben Wagen und insgesamt 13 Beladungseinheiten bestanden. Die Frage, welche Chemikalien in den Gefahrgut-Containern geladen waren, wollte der Unternehmenssprecher nicht beantworten – Informationen darüber behielten sich die deutschen Behörden beziehungsweise die Deutsche Bahn vor. Die Bahn sprach gestern von einem „ätzend wirkenden Stoff“. Das Unglück löste nach Angaben der Deutschen Bahn nur relativ geringe Störungen im Bahnverkehr aus (siehe Spalte „Umgeleitet“). Drei von zehn Gleisen am Hauptbahnhof Mannheim waren gestern Abend noch gesperrt. Für die Betroffenen des Zugunglücks – nicht für Fragen zu Verspätungen – hat die Bahn ein Notfalltelefon unter 0800/3111111 geschaltet, unter der sich gestern nach kurzer Wartezeit ein Ansprechpartner meldete.

x