Rheinpfalz Der Krieg ums Jagen geht weiter

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Die Jagdgenossen in Hohenöllen wollen sich nicht mit der jagdlichen Befriedung eines Grundstücks in ihrem Beritt abfinden. Sie setzen sich weiter dafür ein, dass der Jagdpächter dort wieder schießen darf. Doch die Eigentümerin des Geländes will das aus ethischen Gründen nicht. Der Fall wurde am Dienstag erneut vor dem Kreisrechtsausschuss in Kusel verhandelt. Ein Ergebnis ist noch nicht in Sicht.

Die Vorsitzende des Kreisrechtsausschusses, Miriam Sommer, und ihre Beisitzer Helge Schwab und Wolfgang Caspers erlebten einen harten Schlagabtausch zwischen Tierrechtlern und Jagdbefürwortern. Der Rechtsanwalt der Jagdgenossen trug auch noch den passenden Namen: Jürgen Reh. Doch der Reihe nach: Grundstückseigentümerin Margot Scheibe vom Sulzhof hatte im März 2013 die jagdliche Befriedung ihrer rund 25 Hektar großen Grundstücks in Hohenöllen beantragt (wir berichteten). Diesem Antrag gab die Untere Jagdbehörde der Kreisverwaltung zum 1. April 2014 auch statt. Hintergrund ist ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte, der 2012 entschieden hatte, dass Grundstückseigentümer nicht verpflichtet werden dürfen, die Jagd auf ihrem Land zu dulden. Den Jagdgenossen – unter anderem Landwirte, die land- oder forstwirtschaftliche Grundstücke bearbeiten – passt es jedoch gar nicht, wenn dort nicht mehr gejagt werden darf. Der frühere Vorsitzende, Erich Wannenmacher, legte ebenso wie die Landwirtschaftskammer Widerspruch ein. Deren Widerspruch war allerdings zurückgewiesen worden. Margot Scheibes Rechtsanwalt beantragt, nun auch den Widerspruch der Jagdgenossen abzuweisen. Scheibe selbst war nicht zum Termin erschienen. Vertreten lässt sie sich von Rechtsanwalt Dominik Storr aus Stromberg, einem Jagdgegner, der nach eigenen Angaben bundesweit derartige Fälle vertritt. Weil der schon jahrzehntelang um das Gelände in Hohenöllen stehende Zaun offenbar an einigen Stellen undicht ist, seien Hunde eingedrungen und hätten darin gejagt, erklärte Storr. Insofern sei das Gelände gar nicht komplett befriedet, stellte er fest. Jürgen Reh wies bei der Verhandlung in Kusel darauf hin, dass seit der Befriedung „zunehmende Wildschäden“ registriert würden. „Es ist genau das eingetreten, was prognostiziert wurde.“ Das Schwarzwild habe sich offenbar darauf eingestellt, dass keine Gefahr mehr von Jägern drohe. Damit das Schwarzwild „kapiert, dass hier kein gefährdungsfreier Zustand ist“, sollte zumindest einmal „durchgedrückt“ werden, empfahl der Jurist. Auch solle die Grundstückseigentümerin die Nachsuche auf Schalenwild (Huftiere) zulassen. Reh sagte auch, Scheibe habe ihre ethische Haltung nicht glaubhaft gemacht, sei sie doch früher einmal selbst zur Jagd gegangen. Auch besitze sie noch geerbte Jagdwaffen. Und: Würden Flächen aus dem Jagdrevier herausgenommen, könne das die Seuchengefahr erhöhen, warnte Reh. Den Vorwurf, die ethische Gesinnung seiner Mandantin sei nicht glaubwürdig, wies Storr zurück. Scheibe hatte gesagt, sie verzehre seit Jahren kein Fleisch mehr und sie wolle Tiere nicht leiden sehen. Vor allem aber bemängelte Storr, dass es an Belegen für die Wildschäden fehle. Auf Nachfrage von Beisitzer Helge Schwab stellte sich heraus, dass es keine schriftlichen Aufzeichnungen oder auch nur Notizen über die Schäden der Vergangenheit gibt. „Mutmaßungen reichen nicht“, stellte Storr klar. Und er fügte hinzu: „Von einer Befriedung sind keine Allgemeingüter konkret verletzt.“ Das sieht der Vorsitzende der Hohenöller Jagdgenossenschaft ganz anders: „Der Jäger will die Wildschäden nicht mehr zahlen“, berichtete Arnold Hirstein dem Kreisrechtsausschuss. Storr sieht dagegen die „Wildschweinschwemme“ als hausgemacht an. An die Adresse seines Kollegen Reh sagte er, die Tiere würden durch die Jagd erst „hemmungslos Nachwuchs“ erzeugen, dies würden auch Experten bestätigen. Insgesamt seien Wildtiere in Deutschland starkem Stress ausgesetzt und „ständig auf der Flucht“. Dabei wollten die Tiere doch einfach nur Ruhe. An Hirstein appellierte er: „Geben Sie doch den Wildschweinen eine Wiese ab!“ Wenn man raus aufs Land gehe, komme man in ein Kriegsgebiet, meinte Storr. „Mir kommen gleich die Tränen“, konterte Reh und fügte hinzu: „Wir leben in einer Kultur-, nicht in einer Naturlandschaft. Wir brauchen intensive Bejagung.“ Es sei in keiner Weise nachvollziehbar, dass Jagd die Ursache für die Ausbreitung des Wildes sei, erklärte er. |suca

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