Rheinpfalz Der besondere Charakter

AALEN. Stefan Ruthenbeck ist ein ganz besonderer Mensch und Trainer. Bevor er im Profi-Fußball Schlagzeilen schrieb, wurde er vom Deutschen Fußball-Bund (DFB) mit dem Fair-ist-mehr-Bundespreis und dem Fair-Play-Preis des Verbandes Deutscher Sportjournalisten (VDS) ausgezeichnet. Seit Saisonbeginn ist der 41-Jährige Trainer des Fußball-Zweit-Bundesligisten VfR Aalen.

Rückblende: 2009/2010, 30. Spieltag der Oberliga Südwest: Ruthenbeck kämpft mit TuS Mayen um den Klassenerhalt. Es steht 2:2 gegen Mitkonkurrent SV Waldalgesheim, ein TuS-Spieler liegt in den Schlussminuten verletzt am Boden. Die Waldalgesheimer spielen den Ball ins Aus, um die Behandlung zu ermöglichen. Fair befördert ein Mayener das Leder nach der Unterbrechung zurück, der gerade noch verletzte TuS-Angreifer, der die Situation nicht so erkennt, sprintet dazwischen und donnert den Ball ins Netz: 3:2. Rudelbildung, Tumulte! Ruthenbeck reagiert, ruft seinen Kapitän und einen Gegenspieler zu sich und bittet beide, für das 3:3 zu sorgen. So kommt es. TuS Mayen steigt ab.

Ruthenbeck lehnt das neue Angebot ab, wird Trainer bei der SpVgg Glas-Chemie Wirges, besteht mit ihr in der Oberliga Südwest. Bei der VDS-Ehrung in Osnabrück hält Peter Neururer die Laudatio - tief beeindruckt. Er weiß nicht, wie er sich in solch einer Situation verhalten hätte.

Heute sind sie Kollegen in der Zweiten Bundesliga. Wie Aalen (25 Punkte) kämpft auch der VfL Bochum (26 Punkte) gegen den Abstieg. ”Peter Neururer hat sich noch an mich erinnert. Es war eine sehr freundliche Begegnung”, erzählt Ruthenbeck, den die Ehrung stolz macht: ”Das war ein Teil von mir, der mich mein Leben lang begleitet, obwohl ich mir da leider nicht nur Freunde gemacht habe.”

Ruthenbeck ist als gelernter Chemielaborant ”hartes Arbeiten gewöhnt”. Mit 37, 38 fragt er sich: War‘s das schon? Chemie studieren? In der Elternzeit - Ruthenbeck ist verheiratet und hat zwei Töchter, sechs und zwei Jahre alt - durchläuft er die Ausbildung zum Fußball-Lehrer in Köln. 2012 folgt er dem Ruf des VfR Aalen, wird Leiter des Nachwuchsleistungszentrums, trainiert die zweite Mannschaft, die er zurück in die Verbandsliga führt. In der Zeit lernt Ruthenbeck Markus Schupp, den damaligen Sportdirektor des VfR Aalen, ”kennen und schätzen”. Nach der Demission von Cheftrainer Ralph Hasenhüttl spürt Ruthenbeck auch bei Präsident und Mäzen Scholz die Erwartung, dass er das Angebot annimmt.

”Die Leute hier verkennen, dass ich ja kein Neueinsteiger bin. Ich habe zehn Jahre auf hohem Amateurniveau trainiert, habe Erfahrung im Abstiegskampf”, sagt der Coach. ”Natürlich ist der Druck hier höher, weil es auch um Existenzen geht”, weiß er. Als Profitrainer aber hat er nun auch mehr Zeit, sich noch intensiver mit seiner Aufgabe und seiner Mannschaft zu beschäftigen,

”Wenn man weiß, dass es gegen den Abstieg geht, dann kann man mit der Situation umgehen”, meint Ruthenbeck. In 21 Spielen holt seine Mannschaft 25 Punkte - was er als Erfolg wertet: ”Auch wenn es drei Punkte mehr hätten sein können.”

Einen ähnlichen Weg wie Ruthenbeck beschritt auch Stefan Krämer, der Coach von Arminia Bielefeld. Er nutzte Oberligist SpVgg Rossbach/Verscheid als Sprungbrett. ”Wir haben bei FV Bad Honnef zusammengespielt, er war später mein Trainer”, erzählt Ruthenbeck.

Am Sonntag (13.30 Uhr) geht‘s für den VfR Aalen nach Kaiserslautern. Als ”sehr schwierig” stuft der Aalener Coach die Aufgabe ein . ”Da muss viel passieren, um Kaiserslautern zu schlagen. Zweimal hintereinander verlieren Spitzenmannschaften nicht oft. Die werden alles daransetzen, um den Ausrutscher von Aue wettzumachen. Mir wäre lieber gewesen, sie hätten 5:0 gewonnen”, sinniert Ruthenbeck. Das Hinspiel in der Scholz-Arena gewann der VfR Aalen sensationell 4:0. Danach wurde FCK-Trainer Franco Foda entlassen.

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