Rheinpfalz Das unscheinbare Gesicht des Imagewandels

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Paris. Unter Trainer Didier Deschamps hat die skandalanfällige französische Fußball-Nationalmannschaft einen Imagewandel durchgemacht. Das merken auch Stars wie Karim Benzema oder Franck Ribéry, die das Eröffnungsspiel der EM gegen Rumänien (heute, 21 Uhr) vorm Fernseher verfolgen müssen. Stattdessen sind die Augen vieler auf Angreifer Antoine Griezmann gerichtet.

Ribéry zählt nicht zu Deschamps’ Lieblingsspielern. Zumindest kann der Bayern-Star, der nach seinem Rücktritt 2014 zuletzt offensiv Lust auf die EM im eigenen Land angemeldet hatte, nicht den Eindruck haben, dass der Trainer ihn vermisst. „Es gibt keinen Grund, einen Platz im Kader für ihn zu opfern“, sagte Deschamps als Begründung für Ribérys Nichtnominierung: „Für ein großes Turnier wählt man nicht die besten Spieler aus, man versucht, die beste Mannschaft zusammenzustellen.“ Was wie eine Floskel klingt, ist die Benennung einer Kurskorrektur, für die Deschamps steht: Der Teamgeist ist wichtiger als große Namen! Auch Karim Benzema von Real Madrid und Mathieu Valbuena (Olympique Lyon) sehen die WM nur im Fernsehen. Ersterer soll letzteren mit einem Sexvideo erpresst haben. Auch in der Causa Benzema wusste Deschamps die öffentliche Meinung hinter sich. Vielen Fans gilt Benzema als Vertreter einer Spielergeneration, der die Nation spätestens 2010 die Gefolgschaft aufkündigte. Damals, bei der WM in Südafrika, hatten die Spieler das Training des schrägen Coachs Raymond Domenech bestreikt. In einem Land mit 24 Prozent Jugendarbeitslosigkeit kam das nicht gut an. Deschamps war instinktsicher genug, einen Imagewechsel anzustreben, als er 2012 das Amt des „selectionneur“ übernahm. Einer, der so ganz nach seinem Geschmack ist, heißt Antoine Griezmann und wird vom Magazin „So Foot“ als „Anti-Benzema“ geadelt. Der Mann, der vor 25 Jahren in Burgund geboren wurde und seinen Jugendtrainern als zu schmächtig für eine Profikarriere erschien, wechselte mit 13 Jahren ins Jugendinternat von Real Sociedad San Sebastian und schloss sich 2014 Atletico Madrid an, wo er sofort durchstartete. 22 Treffer erzielte er in der gerade abgelaufenen Saison. Kein Wunder also, dass halb Europa an ihm interessiert sein soll, doch offenbar hat der allürenfreie Griezmann nun seinen Vertrag bis 2021 verlängert. Doch der seriöse Griezmann, dessen Schwester im „Bataclan“ war, als Islamisten im November vergangenen Jahres einen Anschlag auf den Musikclub verübten, schient auch verborgene Seiten zu haben. „Der Griezmann, den er ihr vor den Kameras seht, ist nicht der echte“, deutet Kollege Paul Pogba an: „Der echte Griezmann ist ein Verrückter, einer, der zu allem tanzt.“ Pogba muss es wissen, neben „Grizzou“ ist er der zweite große Star in einem Team, das sich die Qualifikation als Gastgeberland sparen konnte. Doch die Bilanz bei den Tests mit Siegen unter anderem gegen Deutschland und Portugal kann sich sehen lassen. Nach dem 3:0 gegen Schottland hat sich eine Offensivformation um Griezmann, Pogba, Olivier Giroud (Arsenal) und Kingsley Coman (Bayern München) herauskristallisiert. „Wir haben eine enorme Offensivqualität“, findet Torwart Steve Mandanda von Olympique Marseille. Bliebe die Frage nach den Ambitionen. Großspurige Ankündigungen darf man von einem Mann wie Deschamps nicht erwarten. Einige Spieler haben aber schon durchblicken lassen, dass sie den Sommer 1998 in bester Kindheitserinnerung behalten haben. Damals wurde Frankreich vor eigenem Publikum Weltmeister.

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