Rheinpfalz Bilder für die Ewigkeit

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Bad Bergzabern

. Kisten mit Dias, unzählige Ordner mit Fotografien stapeln sich in Richard Stöbeners Bad Bergzaberner Wohnung. Sie legen Zeugnis ab über ein außergewöhnliches Künstlerleben. Über das Leben eines Fotokünstlers. Auf dem Wohnzimmertisch liegen die ersten Entwürfe für Stöbeners wohl letztes Buch. „Mein Vasgovia“ wird es heißen. Es ist sein Vermächtnis. „Das ist die wahrscheinlich wichtigste Arbeit mein Lebens“, sagt Stöbener. „Wenn ich es nicht mache, geht es verloren. Und das darf doch nicht sein. Diese Fotos – das ist doch mein Leben.“ Wenn Richard Stöbener über das Fotografieren und „seinen Wasgau“ spricht, dann blitzt eine fast jugendliche Begeisterung in ihm auf. Dann merkt man ihm sein Alter wahrlich nicht an. Am 19. Februar wird er 86. Fotograf wurde Richard Stöbener eher zufällig. Er ist Autodidakt. Geboren wurde er 1931 in Erlenbach bei Dahn als Sohn eines Holzschuhmachers. Diesen Beruf sollte auch er erlernen, fand aber keine Freude daran. „Ich habe manchmal absichtlich Löcher in das Holz gebohrt“, erzählt er, „dann hat mich mein Vater nach draußen geschickt.“ Mit seiner Kuh streifte er durch die Gegend. Ab 1949 begleitete ihn auch seine geliebte Leica-Kamera. Nach der Währungsreform hatte er genug Geld gespart, um sich eine Leica IIIC kaufen zu können. Stöbener arbeitete in einer Strumpffabrik in Bad Bergzabern. „Der Lohn reichte damals gerade aus, um sich jedes Jahr ein neues Objektiv zu kaufen“, erinnert er sich. 1958 musste die Fabrik schließen, Stöbener begann, sein Leben ganz der Fotografie zu widmen. Fotografiert hat er nur im Wasgau. Die schroffe Landschaft mit ihren kegelförmigen Bergen, den Sandsteinfelsen und den zahlreiche Burgruinen hat Stöbener nie losgelassen. Und er hat sie in ganz Deutschland bekannt gemacht. Wichtig ist ihm, dass der Wasgau keine Grenze hat, die deutsch-französische Grenze hat für ihn nie existiert. Er war im Elsass und in Lothringen immer genauso daheim wie in der Pfalz. Der Wasgau erstreckt sich grenzüberschreitend von der Queich im Norden bis zur Zaberner Steige im Süden. Richard Stöbener legt mehrere Fotos auf den Tisch. Sie zeigen alle einen Blick auf die Burg Altdahn, sie sind nicht leicht zu unterscheiden. Entstanden sind sie aber in verschiedenen Jahren. „Ich habe mit einem ganz speziellen Kalender gearbeitet“, erzählt er. Jedes Jahr war er immer am gleichen Tag zur gleichen Uhrzeit an derselben Stelle, um Fotos zu machen. Bis er endlich das perfekte Bild hatte. Perfekt für das Auges des Künstlers. Es hat oft Jahre gedauert, bis es perfekt war. „Es waren dann immer die gleichen Bedingungen: gleiches Licht, gleiche Sonneneinstrahlung, gleiche Luftströmung.“ Dunst- und Nebelschwaden gehören zu Stöbeners Fotos ebenso wie grelles Licht und Wolken. Oder Wetterphänomene wie etwa Blitze. Und natürlich die Burgen und Klöster der Region. Stundenlang streifte er geduldig durch die Gegend, um die perfekte Aufnahme zu bekommen. Immer wieder musste Richard Stöbener betonen, dass keines seiner Fotos jemals nachbearbeitet wurde. Eine Fotografie am Computer aufzumotzen, ist für ihn undenkbar. Auch die Digitalfotografie ist für Stöbener nicht sehr reizvoll. „Ich lehne sie nicht ab, sie hat sicherlich ihre Berechtigung. Aber das perfekte Foto kriegt man so nicht.“ 1955 hielt Stöbener in Bad Bergzabern seinen ersten Diavortrag. „Romantischer Wasgau“ hieß er. Ein Kurgast aus Braunfels bei Wetzlar war von Stöbeners Vortrag begeistert. Zufällig war der Mann Kurdirektor in Braunfels. „Den Vortrag müssen sie auch bei uns halten“, sagte er zu Stöbener. So begann Stöbeners Leben als Vortragsreisender. Seit 1960 arbeitete er mit der Firma Leica zusammen. Mit 400 bis 500 Dias arbeitete er pro Vortrag. In späteren Jahren setzte er acht Projektoren ein. Immer begleitete ihn seine Frau Margot auf seinen Reisen quer durch Deutschland, aber auch nach Österreich oder Südtirol. „Viele Menschen haben den Wasgau besucht, nachdem sie einen meiner Vorträge gehört haben“, sagt Stöbener. Kurz nach seinem 80. Geburtstag starb seine Frau. „Sie hat mir stets den Rücken frei gehalten. Sie war meine Managerin, meine Begleiterin, meine große Liebe und meine beste Freundin“, sagt Stöbener. Danach wurde es ruhiger um ihn. 2013 gab er vor rund 500 Besuchern seine letzte Freiluft-Dia-Show auf Burg Altdahn. Seine Projektoren und Leinwände hat er inzwischen dem Deutschen Film- und Fototechnik-Museum in Deidesheim vermacht. Im vergangenen Jahr hat er seine geliebten Leica-Kameras „schweren Herzens“ verkauft. Sein fotografisches Werk geht nach seinem Tod in den Besitz der Georg-von-Neumayer-Stiftung der Pollichia über. Im „Haus der Artenvielfalt“ in Neustadt sollen seine Bilder dann regelmäßig ausgestellt werden. Die Pollichia will auch sein Buch verlegen. Derzeit bereitet er Mappen mit seinen Werken vor, mit denen er Sponsoren gewinnen will. Die Arbeit ist sehr aufwendig. Seine Dias lässt er von einer Spezialfirma in Stuttgart scannen, dann werden sie von einem Fotostudio ausgedruckt. Sie sollen nichts von ihrer einmaligen Qualität verlieren. „Ich denke, ich werde mindestens noch ein Jahr brauchen, bis ich mit dem Buch soweit bin“, sagt Stöbener. Schließlich muss er auch noch die erklärenden Texte selbst schreiben. „Wer soll das denn sonst machen?“

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