Rheinpfalz Bereit für Hillary
. Eine helle Altbauwohnung im Mannheimer Osten, glänzender Dielenboden, in der Ecke ein Notenständer. Andrea Römmele sitzt in ihrem Arbeitszimmer, hinter ihr ein mit politikwissenschaftlichen Fachbüchern und großformatigen Kunstbänden überquellendes Regal. „I’m ready for Hillary“ – Ich bin bereit für Hillary. Der kleine blaue Aufkleber ist der einzige Hinweis auf das, was in den kommenden Monaten auf die renommierte Politologin zukommt. New York statt Kurpfalzmetropole, Wahlkampfhektik statt akademischer Gelassenheit. Mitte März wird Römmele, Direktorin der Hertie School of Governance in Berlin und seit über 20 Jahren Wahl-Mannheimerin, in die USA fliegen. Dort soll sie die Wahlkampfkampagne der Präsidentschaftskandidatin Hillary Clinton analytisch begleiten. „Teilnehmende Beobachterin“ nennt sie ihre Rolle. In der im New Yorker Stadtteil Brooklyn gelegenen Zentrale der Wahlkampfstrategen wird sie dann mit Clintons Team vor allem an der Außendarstellung der 68-jährigen Politikerin feilen. Ihre Erkenntnisse will sie danach in einem Buch verarbeiten. Möglich gemacht haben das langjährige Verbindungen in die USA und ein internationaler Ruf als Expertin für politische Kommunikation. Denn Römmeles Analysen sind gefragt. Für die ARD gibt die 48-Jährige ihre Einschätzung zu anstehenden Wahlen ab, für die Wochenzeitung „Die Zeit“ oder Politmagazine wie „Cicero“ schreibt sie regelmäßig meinungsstarke Beiträge über Themen aus der deutschen Innenpolitik. Flüchtlingskrise, der Aufstieg der AfD, Rechtspopulismus – Die gebürtige Stuttgarterin ist keine Professorin, die sich bei tagesaktuellen Themen im akademischen Elfenbeinturm verschanzt. Stichwort „Populismus“. Daran hat es dem amerikanischen Wahlkampf schließlich noch nie gemangelt. Erst recht nicht, seit ein wasserstoffblonder Milliardär mit pfälzischen Wurzeln lautstark mitmischt. Könnte Römmele denn auch Donald Trumps Kampagne mit ihrer Expertise unterstützen? „Nein, niemals“, sagt sie lachend. „Desto näher eine Wahl rückt, umso eher kann ich nur noch jemanden beraten, den ich auch wählen würde.“ Über Trumps verbale Ausfällen staunt auch die Wahlkampfexpertin. „Zu ihm fällt mir so langsam nichts mehr sein“, sagt sie ironisch. Für Clinton sieht die Expertin in Trumps Parolen allerdings eine Chance. „Die Republikaner müssen dadurch so weit nach rechts rücken, dass ihre Standpunkte in einer Präsidentschaftswahl nicht mehr mehrheitsfähig wären“, ist sie sich sicher. Der ehemaligen Außenministerin und Ehefrau des Alt-Präsidenten Bill Clinton werden dagegen gute Chancen eingeräumt, als erste Frau das begehrte Amt im Weißen Haus zu bekleiden. Für Römmele ist zum Erreichen dieses Ziels vor allem eines entscheidend. „Mich interessiert, wie und ob es ihr gelingen kann, sich als politische und öffentliche Person neu zu erfinden. Darauf wird es letztlich ankommen.“ „Rebranding“ heißt das in der Fachsprache. „Interessant wird aber auch, inwieweit Bills vergangene Sex-Eskapaden und der kürzliche E-Mail-Skandal ihr schaden können“, sagt die Politologin. Angriffe unter der Gürtellinie sind im politischen Tagesgeschäft der USA keine Seltenheit. Im Gespräch mit der Expertin wird klar: Wahlkampf ist eigentlich wie Marketing. Man schafft eine Marke, füllt diese mit Inhalt und entwickelt eine Botschaft, die den Kern des Produkts am knackigsten beschreibt. Danach sucht man nach den besten Wegen, um die Botschaft so an den Kunden oder eben Wähler zu übermitteln, dass er anbeißt. Römmele untersucht in ihrer wissenschaftlichen Arbeit genau diese Mechanismen. Der Wettstreit um das höchste Amt in der amerikanischen Politik, der europäischen Beobachtern manchmal wie eine oberflächliche Verkaufsveranstaltung vorkommen kann, liefert dazu ergiebiges Anschauungsmaterial. Zu den USA hat die zweifache Mutter ein zwiespältiges Verhältnis. Mehrere Forschungsaufenthalte haben ihr das Land und seine faszinierenden Facetten ans Herz wachsen lassen. „Ich habe allerdings auch immer in Regionen wie Kalifornien gewohnt, in denen es sich wirklich gut leben lässt. In den strukturschwachen Gebieten im Herzland sieht es ja ganz anders aus“, räumt sie ein. Die sich dort zeigende innere Zerrissenheit der riesigen Nation, geprägt durch mangelnde gesellschaftliche Solidarität und fehlende soziale Sicherung, sieht sie dagegen durchaus kritisch. Diese Probleme möchte Hillary Clinton nach einer erfolgreichen Wahl anpacken. Andrea Römmele könnte bald ihren Teil dazu beitragen.