Rheinpfalz Beethoven gegen AfD-Kundgebung straffrei

(kad). Der Intendant des Mainzer Staatstheaters, Markus Müller, und seine Mitarbeiter haben sich nicht strafbar gemacht, als sie eine AfD-Kundgebung vor dem Theater mit Beethovens „Ode an die Freude“ beschallten. Die Staatsanwaltschaft Mainz hat das Verfahren eingestellt, teilte sie gestern mit. Allerdings muss die Stadt entscheiden, ob ein Bußgeld fällig wird.

MAINZ Es hat geregnet, es war kalt und dunkel am frühen Abend dieses 21. Novembers 2015 in Mainz. Die Wahlkampfkundgebung der Partei Alternative für Deutschland (AfD) auf dem Gutenbergplatz vor dem Mainzer Staatstheater hatte 300 Besucher angelockt, die Gegendemonstration 1200. Alle Wege zum Gutenbergplatz waren mit Gittern und einem immensen Polizeiaufgebot abgesperrt, Gegendemonstranten skandierten Sprüche wie: „Kein Recht auf Nazipropaganda“. Nur mit Polizeibegleitung schaffte es AfD-Chefin Frauke Petry auf den Platz. Um Punkt 18 Uhr setzte AfD-Landeschef Uwe Junge zur Begrüßung an. Gleichzeitig gingen am Balkon des Staatstheaters die Fenster auf und Beethovens „Ode an die Freude“ erschallte für wenige Minuten aus Kehlen, Lautsprechern und Blechblasinstrumenten. Junge unterbrach seine Rede, die Polizei mahnte per Lautsprecher aufzuhören. Das passierte bis 18.20 Uhr noch zweimal. Die AfD-Reden wurden bis 19 Uhr wie vorgesehen gehalten, ein geplanter Marsch durch die Innenstadt fiel aus – wegen der vielen Gegendemonstranten. Strafanzeigen von der AfD und von der Polizei kassierten aber Theater-Intendant Markus Müller und die Ensemblemitglieder, die seinem Aufruf gefolgt waren, der AfD-Kundgebung „eine positive Botschaft im Sinne von Vielfalt, Humanität und Toleranz“ entgegenzusetzen. Dem Staatstheater schlug in den Folgetagen viel Sympathie entgegen. Beethovens neunte Sinfonie wurde seither in mehreren Städten bei ähnlichen Anlässen gespielt. Ebenso gab es aber auch etliche Kritiker, die dem Theater als öffentlicher Institution das Recht absprachen, eine solche Versammlung stören zu dürfen. Intendant Müller äußerte sich dazu in vielen Interviews und Talkshows. Eine Botschaft habe er senden wollen, sagte er, nicht die AfD-Veranstaltung verhindern. Deshalb war außer der Musik auch ein Banner am Theater angebracht mit einem Satz aus Lessings „Nathan der Weise“, aus dem aktuellen Spielplan: „Es eifre jeder seiner unbestochnen von Vorurteilen freien Liebe nach.“ Die Staatsanwaltschaft folgte Müllers Auffassung. Es sei um die Vermittlung einer Botschaft gegangen, nicht um eine auf „Verhinderung, Sprengung oder sonstige Vereitelung ausgerichtete Handlung“, sagt der stellvertretende Leitende Oberstaatsanwalts Gerd Deutschler. Das Verhalten stelle auch keine Nötigung dar. Lautstarkes Musizieren sei keine Gewalt im Sinne des Nötigungstatbestands. Dass die Polizei von Amts wegen ein Verfahren eingeleitet habe, sei aber „sachlich zutreffend und geboten“ gewesen, sagt Deutschler. Die Schwelle des Anfangsverdachts einer Straftat sei überschritten gewesen. Die Polizei war damals bei ihrem obersten Dienstherrn, Innenminister Roger Lewentz (SPD), auf wenig Verständnis gestoßen. Nun muss die Stadt Mainz prüfen, ob das laute Musizieren eine Ordnungswidrigkeit darstellt oder nicht. Pikant. Die Stadtverwaltung selbst hatte damals ein Zeichen gesetzt: Während der AfD-Kundgebung war die Beleuchtung des benachbarten Doms ausgeschaltet. Einwurf

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