Rheinpfalz Bandenkrieg im Saarland

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SAARBRÜCKEN/MANNHEIM. Ihre T-Shirts ziert ein Flecktarn-Muster in schwarz-weiß-grau, darunter spannen sie die Brustmuskeln an: In Macho-Pose haben sich 19 junge Männer auf dem Mannheimer Marktplatz aufgebaut, das Foto laden sie am 10. Juli bei Facebook hoch. Die kriegerischen Gestalten gehören zu einer neuen, in mehreren deutschen Städten aktiven Migranten-Gang. Bahoz nennt sie sich, das ist Kurdisch und heißt Sturm oder Gewitter. Theoretisch haben sich die Bahoz-Mitglieder dem „Kampf gegen den Faschismus“ verschrieben, praktisch widmen sie sich vor allem den Osmanen Germania. Diese von Türken dominierte Truppe bezeichnet sich als Boxclub, sie wurde wohl Ende 2011 in Frankfurt gegründet – offenbar im Umfeld der Hells Angels. Mittlerweile hat sie viele Ableger, die Polizei spricht von rockerähnlichen Strukturen. Doch die überwiegend kurdischstämmigen Bahoz-Anhänger verhöhnen die Osmanen im Internet als „Witzfiguren“, als „unloyale Pisser“, als „Lutscher“. Und als Feiglinge, die sich vor Prügeleien drücken. Im Saarland ist aus diesem Streit zwischen beiden Lagern in den vergangenen Tagen ein richtiger Bandenkrieg geworden. Die Polizei berichtet: Vor einem Restaurant im Saarbrücker Stadtteil Dudweiler prügeln am Montag 15 bis 20 Bahoz-Mitglieder einen Osmanen mit Baseballschlägern krankenhausreif. Zeugen hören, wie dabei zwei Schüsse fallen; später werden Beamte eine Patronenhülse auflesen, die „höchstwahrscheinlich“ aus einer scharfen Waffe stammt. Die Ermittler ahnen schnell, dass es nicht bei diesem Scharmützel bleiben wird: Aus anderen Bundesländern rückt Bahoz-Verstärkung an. 130 Beamte sind daher am Dienstag im Einsatz, um die Kurden- und die Türken-Gang auseinanderzuhalten. Trotzdem wird am Abend in einem Saarbrücker Shisha-Café wieder ein mutmaßlicher Osmane verprügelt, während die Polizei gerade in einer anderen Wasserpfeifen-Bar Bahoz-Leute kontrolliert. Vor diesem Etablissement kracht es dann ein paar Stunden später so richtig: Um 3.45 Uhr am Mittwoch sehen Zeugen, wie ein Auto, vermutlich ein grauer Mercedes, vors mittlerweile geschlossene Café rollt. Gleich darauf detoniert eine Handgranate, die niemanden verletzt, aber Sachschaden anrichtet. Dass die Feindseligkeiten zwischen den Gangs explodieren könnten, hat sich schon länger abgezeichnet. Anfang Juli marschierten beide Gruppen in Hanau auf, die Polizei rückte sicherheitshalber mit etwa 20 Mannschaftswagen und einem Wasserwerfer an. Berichte über ähnliche Vorfälle gibt es auch aus Ulm, aus Nordrhein-Westfalen, aus der Schweiz. Was die Eskalation im Saarland ausgelöst hat, lässt die Polizei derzeit offen. Ein Sprecher sagt: Die politischen Konflikte in der Türkei könnten eine Rolle spielen. Aber eher noch tippen die Ermittler auf klassische Machtkämpfe zwischen Kriminellen. Die Saar-Beamten gehen davon aus, dass die Gruppen ins Dealer- und Rotlichtmilieu verstrickt sind, Vertreter beider Gangs seien einschlägig bekannt. In Rheinland-Pfalz hingegen scheinen sich Osmanen und Bahoz-Gang noch nicht etabliert zu haben. Eine Sprecherin des Landeskriminalamts jedenfalls sagt: Bislang seien hier keine Ortsgruppen registriert worden. In Mannheim hingegen sind zumindest die Osmanen schon amtsbekannt, zum Beispiel wegen einer Attacke auf einen Ludwigshafener im Februar 2015. Vier Männer aus dem Raum Frankfurt und einer aus der Pfalz wurden deshalb verurteilt. Ihre kurdischen Rivalen hingegen, sagt eine Polizeisprecherin, sind in Mannheim „noch nicht aufgetreten“. Das Facebook-Profil „Bahoz Mannheim“ und die dort veröffentlichten Fotos scheinen die Beamten bislang also nicht entdeckt zu haben. Dabei ist dort gerade eine neue Aufnahme hochgeladen worden – am Montagabend, etwa eine halbe Stunde, bevor der erste Osmane in Dudweiler attackiert wurde. Diesmal zeigt das Bild fast 80 junge Männer. In Macho-Pose aufgebaut haben sie sich am Saarufer in Saarbrücken. Einwurf

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