Rheinpfalz Bäume für die nächste Generation

Rudolf Knoll beim Setzen von Weißtannen-Stecklingen.
Rudolf Knoll beim Setzen von Weißtannen-Stecklingen.

«Neustadt.» Im Neustadter Stadtwald sind 300 Weißtannen-Setzlinge gepflanzt worden, die Fichten ersetzen. Diese sind im Sommer dem Borkenkäfer zum Opfer gefallen. Die Pflanzung sei auch eine Reaktion auf den Klimawandel, erläutert Revierförster Jens Bramenkamp.

Einen Hektar Kahlfläche hat der gefräßige Borkenkäfer im Gebiet „Hohes Geiersnest“ oberhalb des Kaltenbrunner Tals hinterlassen. Die befallenen Fichten mussten gefällt werden, um eine weitere Ausbreitung des Schädlings zu verhindern. „Inzwischen ist die dritte Generation Borkenkäfer des Jahres voll entwickelt und kann mit dem Beginn des nächsten Frühjahrs wieder loslegen“, verdeutlicht Bramenkamp den Ernst der Lage. „Wir rechnen mit dem Schlimmsten.“ Grund genug für den Stadtforst, von der jahrelang wegen ihres guten Holzertrags favorisierten Fichte abzusehen und eine andere Baumart in den Blick zu nehmen. „Die Weißtanne ist ein heimisches Gehölz, wurde aber jahrzehntelang nicht angepflanzt“, so der Revierleiter. „Für die aktuellen klimatischen Bedingungen ist sie ideal, denn sie ist widerstandsfähig gegen Trockenheit, Sturm und Borkenkäferbefall. Vom Holzertrag her ist sie ebenfalls ein guter Ersatz für die Fichte.“ Auch ökologisch sei die Weißtanne sinnvoll, gehöre sie doch zur heimischen Waldgesellschaft. Doch bevor auf den kahlen Flächen wieder große Bäume wachsen, ist viel Arbeit und Geduld nötig. Forstwirt Rudolf Knoll hat mit seinen Kollegen den steilen Abhang von Reisig und Ästen befreit und dann mit einer selbstgebauten Seilwinde drei Meter lange Holzgatter auf die Fläche transportiert, die zu einer Art „Baumgehege“ zusammengesetzt werden. „Wir müssen die kleinen Bäume vor dem Rehwild schützen. Die Setzlinge kommen aus der Baumschule, wo sie gedüngt wurden, und deshalb sind sie sehr zuckerhaltig. Das schmeckt den Rehen besonders gut“, erklärt Bramenkamp, während Knoll das erste Pflanzloch gräbt. Nicht ohne Schwierigkeiten: Weil der ganze Hang voller Steine und Felsen ist, kommt er nicht überall mit seinem Spaten in die Erde. Die kleinen Weißtannen sind vier Jahre alt, aber erst 30 Zentimeter hoch. Ebenso lang ist das Wurzelwerk, das Knoll nun behutsam in die Erde lässt. „Die Wurzeln dürfen nicht gequetscht werden, aber es darf auch kein Hohlraum entstehen, damit die Wurzel im Winter nicht erfriert“, beschreibt Experte Knoll sein Handwerk. 70 Bäumchen sollen in dem Gehege groß werden, pro Jahr wachsen sie bei guten Bedingungen rund 20 Zentimeter. „Wir Förster müssen langfristig denken“, meint Bramenkamp. „Diese Bäume werden erst die Kollegen der übernächsten Generation ernten.“ Dass dieses Jahr mitten in der Holzernte gepflanzt wurde, hat auch mit dem Klimawandel zu tun: Die Frühlingsmonate seien in den vergangenen Jahren viel zu trocken gewesen, um die empfindlichen Setzlinge in den Boden zu setzen. Deshalb hat sich Bramenkamp zum zweiten Mal in Folge entschieden, die Feuchtigkeit des Spätjahrs zu nutzen. Nicht alle Kahlflächen will der Revierförster neu bepflanzen. Manche Flächen sollen sich selbst überlassen werden, damit sich die noch stehenden Waldbäume in der Umgebung aussamen können. Auch hier schützt ein Zaun die zukünftigen jungen Triebe. „Diversität ist nur durch menschliches Zutun zu erreichen“, ist Bramenkamp überzeugt. „Ansonsten setzen sich doch nur die stärksten Baumarten durch.“ Deshalb werden im Stadtwald auch immer wieder Laubbäume gesetzt. Übrigens: Vor 100 Jahren war die Weißtanne schon einmal eine beliebte Baumart. Schöne Exemplare sind im Heidenbrunnertal, an der Hellerhütte und an der Kühhungerquelle zu finden. Man erkennt die Tanne an ihren weichen, abgerundeten Nadeln und den stehenden Zapfen.

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