Rheinpfalz „Atypische Jobs“: Im Kreis Anteil zu hoch

Die Gewerkschaft IG Bauen-Agrar-Umwelt (IG Bau) kritisiert eine „Schieflage am heimischen Arbeitsmarkt“. Anhand einer Studie bemängelt die IG Bau vor allem Teilzeit- und Minijobs. Die Zahl dieser sogenannten atypischen Beschäftigungsverhältnisse ist laut der Studie in den vergangenen Jahren drastisch gestiegen.

Rund 8100 Menschen im Landkreis Kusel arbeiten laut einer Mitteilung der IG Bau in Teilzeit, Leiharbeit oder haben einen Minijob als alleiniges Einkommen. Damit sei der Anteil der atypischen Beschäftigung an allen Arbeitsverhältnissen im vergangenen Jahr auf einen Rekordwert von 52 Prozent gestiegen. Die Gewerkschaft beruft sich hierbei auf eine aktuelle Studie der Hans-Böckler-Stiftung, die die Entwicklung am Arbeitsmarkt im Kreis Kusel seit dem Jahr 2003 untersucht hat. Damals lag die Quote sogenannter atypischer Beschäftigungsverhältnisse noch bei 41 Prozent. IG Bau-Bezirkschefin Marina Rimkus spricht von einem Alarmsignal an die Politik: „Es kann nicht sein, dass wir einerseits einen wirtschaftlichen Aufschwung erleben, aber die Hälfte der Menschen in prekären Verhältnissen arbeitet“, sagt Rimkus. Hier sei „grundsätzlich etwas in Schieflage geraten“ – der unbefristete Vollzeit-Job müsse dringend wieder zum Normalfall werden. Nach Angaben der Böckler-Stiftung hat im Kreis Kusel besonders die Teilzeit-Beschäftigung drastisch zugenommen: Arbeiteten 2003 noch etwa 2700 Erwerbstätige in Teilzeit, waren es 2016 bereits rund 4400 – ein Anstieg von 61 Prozent. „Gerade für Frauen ist es nach einer Familienpause enorm schwer, wieder voll in den Beruf einzusteigen. Gegen die ,Teilzeit-Falle’ brauchen wir ein verbrieftes Rückkehrrecht in Vollzeit“, fordert Rimkus. Ein entsprechender Gesetzentwurf der Großen Koalition sei in diesem Frühjahr allerdings am Widerstand der Union gescheitert. Auch bei Minijobs gibt es der Studie zufolge keine Entwarnung: Rund 3600 Menschen im Landkreis waren 2016 ausschließlich geringfügig beschäftigt. In der Gebäudereinigung machten Minijobs mittlerweile die Hälfte aller Arbeitsplätze aus, berichtet Gewerkschafterin Rimkus. Auch hier seien es insbesondere Frauen, die nach einem Jobverlust oder einer Trennung oft schnell in Hartz IV abrutschten. Mit Blick auf die Bundestagswahl im September fordert die Gewerkschaft von den Parteien klare Konzepte „gegen die Unwucht am Arbeitsmarkt“. Dazu müsse die Abschaffung der Befristungen ohne sachlichen Grund genauso gehören, wie die Einbeziehung von Minijobs in die Sozialversicherung. „Dabei sind auch die Arbeitgeber in der Pflicht. Statt aufs Billig-Prinzip sollten Chefs auf Kontinuität setzen“, betont Rimkus. Wer heute vollwertige Stellen schaffe, brauche sich morgen nicht um fehlende Fachkräfte zu sorgen.

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