Rheinpfalz 120 Behinderte finden einen Job

Tobias Fürste ist einer der Arbeitnehmer, der von der Arbeit der Inklusionsinitiative profitiert. Er arbeitet mittlerweile bei d
Tobias Fürste ist einer der Arbeitnehmer, der von der Arbeit der Inklusionsinitiative profitiert. Er arbeitet mittlerweile bei der Barbarossa-Bäckerei in der Abteilung Warenrücklauf und Reinigung.

Menschen mit Handicap, die es deswegen oft nicht leicht im Leben haben, sollen dauerhaft einen Ausbildungs- und Arbeitsplatz haben oder finden: Das ist das Ziel der Inklusionsinitiative Westpfalz. Das Projekt läuft inzwischen seit einem guten Jahr – „erfolgreich“, wie jetzt Arbeitsagenturleiter Peter Weißler in einer ersten Zwischenbilanz feststellte. 121 Menschen mit Beeinträchtigung haben seitdem eine Arbeitsstelle gefunden.

Dass es schwierig sein kann, einen „richtigen“ Job zu bekommen, davon kann wohl auch Tobias Fürste ein Lied singen. Der 40-Jährige ist seit seiner Geburt beeinträchtigt. Er hat keine Ausbildung und nahm seit vielen Jahren vor allem an Beschäftigungs- und Qualifizierungsmaßnahmen teil. Eine ganz „normale“ Anstellung konnte er in der Vergangenheit erst ein einziges Mal ergattern, nur für rund ein halbes Jahr. An Betroffene wie Fürste richtet sich die Arbeit der Inklusionsinitiative: an schwerbehinderte Menschen oder solche, die Schwerbehinderten gleich gestellt sind. Es ist ein kooperatives, auf drei Jahres angelegtes Projekt, um solche Menschen in den Arbeitsmarkt eingliedern zu können. Finanziert wird es mit rund 2,3 Millionen Euro aus einem Sonderprogramm des Bundes. Mit im Boot sind bei dem Konzept neben der Arbeitsagentur Kaiserslautern-Pirmasens und den sieben Jobcentern der Region die Heinrich-Kimmle-Stiftung, das Evangelische Diakoniewerk Zoar und das Ökumenische Gemeinschaftswerk Pfalz. Hintergrund der Initiative: Trotz des guten Arbeitsmarktes, trotz des viel beschworenen Mangels an Fachkräften sind die Versuche schwerbehinderter Menschen, in einem Job Fuß zu fassen, oft nicht von Erfolg gekrönt. Selbst wenn sie häufig gut ausgebildet seien, so Weißler. Doch gebe es nach wie vor Vorbehalte bei vielen Arbeitgebern, die von der Befürchtung um die Belastbarkeit bis zur Sorge um viele Ausfallzeiten reichten. Um dem entgegenzutreten, setzt das Projekt auf eine intensive, individuelle Unterstützung und Begleitung von Betroffenen, die beispielsweise von der Hilfe beim Bewerbungsschreiben bis zur Unterstützung beim Vorstellungsgespräch reicht. Auch dem Arbeitgeber soll mit Rat und Tat zur Seite gestanden werden. Dazu wurden zwölf sogenannte Fachbegleiter eingestellt, Sozialpädagogen ebenso wie Handwerksmeister. Sie kümmern sich um die Schützlinge, für die die Teilnahme an dem Projekt freiwillig ist – 268 machten bislang mit. Jeder der zwölf Fachbegleiter ist Ansprechpartner für jeweils zwölf Schwerbehinderte. Da die Teilnehmerplätze über die gesamte Laufzeit viermal besetzt werden, sollen auf diese Weise 576 Schwerbehinderte unterstützt und gefördert werden. Der Erfolg der bisherigen Arbeit liege in erster Linie an dem Betreuungsschlüssel von 1:12, sind sich die Kooperationspartner einig. „Der Betreuungsschlüssel macht die Qualität unserer Arbeit aus“, sagt Kurt Philipp vom Evangelischen Diakoniewerk Zoar. Es sei eine Intensivbetreuung, „die wir ansonsten nicht leisten könnten“, bekräftigte Weißler. Dass sich die Situation für schwerbehinderte Arbeitslose oder Arbeitssuchende erstmals seit vielen Jahren verbessert habe, schreibt er auch der 2016 gestarteten Arbeit der Initiative zu. So seien 2015 im Durchschnitt 1300 Menschen mit Beeinträchtigung in der Region ohne Job gewesen, im Jahr darauf im Schnitt rund 1200. Tobias Fürste kamen die Bemühungen auf jeden Fall zugute. Er arbeitet mittlerweile bei der Barbarossa-Bäckerei in Kaiserslautern – sein zweiter „richtiger“ Job im Leben, wenn dieser derzeit auch befristet ist. Und er sei ganz stolz darüber, berichtet sein Fachbegleiter Thilo Clemens, der ihn bis jetzt schon 18-mal beraten hat. Nach einem Praktikum hat Fürste eine Tätigkeit als Helfer in der Abteilung Warenrücklauf und Reinigung aufgenommen. Boxen und Kisten, die aus den Bäckereifilialen gekommen sind und Backwaren enthalten haben, werden dort für die Wiederverwendung vorbereitet. „Wir sind natürlich zufrieden mit ihm“, meint Frank Weisenburger, im Marketing des Unternehmens tätig, über den 40-Jährigen. Bedenken wegen eines beeinträchtigten Mitarbeiters gab es nicht: Ein gutes Dutzend der im Industriegebiet Nord tätigen Arbeitnehmer der Bäckerei ist behindert. Hier und da habe man zwar auch negative Erfahrungen gemacht, wie bei anderen, nicht beeinträchtigten Mitarbeitern auch, meint Weisenburger. Doch zeichneten sich die Kollegen mit Handicap oft besonders durch ihr Engagement aus, sie seien zudem „voll und ganz“ an ihrer Arbeitsstelle integriert.

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