Rheinpfalz 100 Jahre Licht im „Kienholzdorf“

Wenn heute auf Knopfdruck das Licht angeht, so ist das in Münchweiler einer Entscheidung des Gemeinderats vor 100 Jahren zu verdanken. Denn am 19. Januar 1914 beschloss er, mit den Pfalzwerken einen Stromlieferungsvertrag abzuschließen. Heute, ein Jahrhundert später, verkauften die gemeindeeigenen Elektrizitätswerke über zehn Millionen Kilowattstunden Strom im Jahr. Werkleiter Dirk Christmann würde sich wünschen, in Sachen erneuerbarer Energie noch mehr einspeisen zu können.

Aus der Ortschronik von Werner Dillenkofer ist zu entnehmen, dass zur Beleuchtung der Ortsstraßen und Gassen 1878 von der Gemeinde für 620 Mark 16 Laternen aufgestellt oder an Häusern befestigt wurden. Diese wurden vom Nachtwächter angezündet, gelöscht und gereinigt. Bei Einbruch der Dunkelheit entzündete er mit Hilfe einer drei Meter langen Leiter den Docht in den Petroleumlaternen. War das Petroleum aus, füllte er mit einer Fünf-Liter-Blechkanne und einem Trichter Steinöl nach. So recherchierte Dillenkofer, dass 1886 insgesamt 679 Liter Steinöl gekauft wurden. Die Nachtwächter, ausgewählt vom Gemeinderat, erhielten eine Jahreslohn von 90 Mark, waren aber auch zu anderen Arbeiten verpflichtet. In den Häusern lieferten damals noch Kerzen und Petroleumlampen Licht. Das änderte sich 1914 schlagartig. Nach dem Ratsbeschluss wurden Masten, Kupferleitungen und Werkzeuge zum Aufstellen der Freiluftmasten herbeigekarrt werde – eine logistische Herausforderung vor 100 Jahren. Jeder Freileitungsmast musste zirka zwei Meter tief eingegraben werden. Per Hand natürlich. Zuvor, noch ohne Pfalzwerke-Vertrag, hatte sich die Schuhfabrik Marx Wadle, so schreibt Dillenkofer in seiner Ortschronik, seinen in der Produktion benötigten Strom selbst hergestellt. Zunächst mit einer Dampfmaschine, dann mit einem Gasmotor, letztendlich mit einem Dieselmotor. Diese Firma belieferte auch die Gemeinde mit Strom für „Bureau-Licht“ im Bürgermeisteramt/Schulhaus in der Ludwigstraße. Unter Bürgermeister Jakob Wadle (1890 bis 1915) wurde der Stromlieferungsvertrag mit den Pfalzwerken abgeschlossen. Die Finanzierung erfolgte mit einem Darlehen von 20.000 Mark. Eine Bürgerversammlung am 10. März 1914 stimmte dem Vorhaben zu. Noch im gleichen Jahr wurden die ersten Stromleitungen durch die Rheinische Schuckert Gesellschaft aus Mannheim verlegt. Aus der Gemeinderatssitzung vom 6. November 1914 geht hervor, das die Gemeinde ihr eigenes Elektrizitätswerk in eine öffentliche Anstalt der Gemeinde Münchweiler festschrieb. Nach dem Ersten Weltkrieg erfolgte ein weiterer Ortsnetzausbau, Kosten: zwischen 40.000 und 50.000 Mark. Festgehalten ist, dass 1919 insgesamt 44.627 Kilowattstunden verbraucht wurden. Der Strompreis orientierte sich damals am Kohlezuschlag. Es gab also schon vor knapp 100 Jahren Zusatzkosten beim Strombezug. Aber das schreckte nicht ab, denn 1919 wurden schon 191 Kunden festgehalten. Für den Bürger galt die Berechnung: eine Mark pro Kilowattstunde, plus Zählermiete (Staffelpreis von 0,40 bis zwei Mark). Die Anschlusskosten lagen zwischen 45 und 110 Mark. Es wurde am „Luxusgut“ Strom gespart. Nicht alle Räume wurden beleuchtet, lediglich an Sonn- und Feiertagen wurde es „heller“. Mit dem Fortschreiten der Industrialisierung und dem Ausbau der Technik konnten sich zunehmend mehr Privathaushalte Strom leisten. So stellte die Gemeinde 1935 einen „Ortsmonteur und Lichtkontroller“ ein. 1937 wurde vom Rat eine Gebührenermäßigung für Kinderreiche, mit vier und mehr Kindern, beschlossen. Nach dem Zweiten Weltkrieg war der industrielle Fortschritt in der Gemeinde, besonders in der Schuhbranche nicht mehr aufzuhalten und Strom nicht mehr wegzudenken. Es folgte ein Netzausbau mit Trafostationen über den gesamten Ort. Erwähnenswert ist 1952 der Bau des US-Hospitals. Hier wurde ein 20.000-Volt-Kabelanschluss (vier Trafostationen) verlegt. Dass der Stromnetzausbau ein großes Gemeindeanliegen war, geht aus einem RHEINPFALZ-Bericht vom Mai 1965 hervor, worin informiert wird, dass 160.000 Mark in zwei Jahren investiert wurden. Mitte der 70er Jahre bis Anfang 80er Jahr wurde die Erdverkabelung vorgenommen. Die Verwaltung des E-Werkes kam ins Bürgermeisteramt (wo sie heute noch ist). Eine kurzfristige Änderung der E-Werksverwaltung gab es bei Gründung der Verbandsgemeinde (1971). Zum 2. Januar 1992 holte man die Gemeindewerke wieder nach Münchweiler zurück. 2004 wurden die Gemeindewerke in eine Anstalt des öffentlichen Rechts umgewandelt. Man erzeugte selbst Strom. So wurde das Blockheizkraftwerke im Bürgerhaus im Oktober 2006 in Betrieb genommen. Am 2. April 2008 wurde eine Gesellschaft für Erneuerbare Energie gegründet. „Adieu alte Glühbirne“ so hieß es im September 2008, als die Straßenbeleuchtung auf Gelblicht (Natrium-Dampf) umgerüstet wurde. Der Bau der Fotovoltaikanlage auf dem Bürgerhaus am 23. Oktober 2008 war eine Initialzündung im Ort. Es folgten weitere Einspeise-Anlagen auf dem Kindergarten Max und Moritz, der Rotensteinhalle und der neuen Werkhalle.

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