Fußball Zwischen Manuel Neuer und Bayern München knirscht es gewaltig

Manuel Neuer war bislang die unangefochtene Nummer 1 in München.
Manuel Neuer war bislang die unangefochtene Nummer 1 in München.

Manuel Neuer hat den FC Bayern mit seinen vereinskritischen Interviews erzürnt, seine Zukunft in München ist offener denn je.

Manuel Neuers herzzerreißender Seelenstriptease im Anklagemodus fand bei „Richter“ Oliver Kahn keine Gnade. Der schwer getroffene Kapitän muss beim erzürnten Boss zum Rapport – und über allem steht die Frage: Hat Neuer nach seinen vereinskritischen Interviews noch eine Zukunft beim FC Bayern?

„Ich hatte das Gefühl, mir wird mein Herz rausgerissen“, sagte der 36-Jährige in wortgleichen Gesprächen mit der Süddeutschen Zeitung und dem Portal The Athletic über die Entlassung seines engsten Vertrauten Toni Tapalovic, „das war das Krasseste, was ich in meiner Karriere erlebt habe.“ Schlimmer als das „Drama dahoam“ in der Champions League 2012, schlimmer als die historischen WM-Pleiten 2018 und 2022, schlimmer als alle Verletzungen. Das überraschende Aus seines Kumpels als Torwarttrainer sei sogar „eine ganz andere Hausnummer“ als die hasserfüllte „Koan Neuer“-Kampagne der Münchner Fans zu Beginn seiner Bayern-Ära 2011, betonte der in seinem Stolz und am Bein verletzte Keeper: „Für mich war das ein Schlag, als ich bereits am Boden lag.“ Rumms.

Bosse überrascht – und sauer

Die Bayern-Bosse wurden von Neuers Verbalattacke überrumpelt, erfuhren erst kurz vor Veröffentlichung von den Interviews. Neben der Wortwahl stieß Kahn und Sportvorstand Hasan Salihamidzic vor allem der Zeitpunkt auf – kurz vor den wichtigen Bundesliga-Spielen am Sonntag (17.30 Uhr/DAZN) beim VfL Wolfsburg, dann gegen Bochum und dem alles überlagernden Königsklassenkracher bei Paris St. Germain. „Was Manuel in Teilen dieser zwei Interviews im Zusammenhang mit der Freistellung von Toni Tapalovic gesagt hat, wird weder ihm als Kapitän noch den Werten des FC Bayern gerecht“, kritisierte Kahn auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur. Der frühere Vize-Weltmeister kündigte „deutliche Gespräche“ mit Neuer an, der in dieser Saison wegen seines Unterschenkelbruchs nicht mehr spielen kann. Neuer droht eine Geldstrafe, wie sie Philipp Lahm im November 2009 aufgebrummt worden war, als er sich öffentlich gegen die Klubführung gestellt hatte. Lahm spielte noch bis 2017 für den Rekordmeister, wurde sogar Kapitän.

Gibt es auch für Neuer (Vertrag bis 2024) und die Bayern noch eine Basis für ein Miteinander? „Ich bin ganz ehrlich: Ich habe an alles gedacht. Auch was meine eigene Zukunft im Verein angeht“, sagte er über die Tapalovic-Trennung: „Eine für mich nachvollziehbare Begründung gab es nicht. Es wurden Dinge gesagt, die ich nicht teile.“ Julian Nagelsmann gilt als Treiber für das Aus. „Wir haben offen gesprochen“, sagte Neuer über den Trainer und ergänzte kühl, er werde mit ihm künftig „professionell“ zusammenarbeiten: „Ich (...) werde mich niemals querstellen. Weil ich Teamplayer bin und als Kapitän eine besondere Verantwortung habe.“

An dieser Stelle finden Sie ein Video via Glomex.

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Diese Verantwortung aber, heißt es bei den Bayern, habe Neuer mit Füßen getreten. Kahn sieht Parallelen zum Aus seines Vertrauten Sepp Maier bei der Nationalmannschaft im Vorfeld der WM 2006. Der Vorstandschef, damals wie Neuer heute Kapitän der Bayern und der DFB-Elf, schluckte seine Wut herunter und stellte sein Ego zurück. Neuer allerdings, so sieht es Kahn, stelle sich über den Verein und sogar das berühmte „Mia san mia“ in Frage. „Wir wollen als Bayern München anders – eine Familie – sein“, sagte der Keeper, „und dann passiert etwas, das ich so hier noch nicht erlebt habe.“

Kritik und neuer Konkurrent

Die vergangenen Wochen müssen Neuer schwer beschäftigt haben. Erst das bittere Vorrunden-Aus bei der WM, dann die Verletzung durch den Skiunfall, für die er sich viel Kritik anhören musste und schließlich die Freistellung seines befreundeten Torwarttrainers Tapalovic. Dazu wurde Yann Sommer als ein erfahrener Keeper – immerhin Schweizer Nationaltorhüter – für rund acht Millionen Euro geholt. Dieser will seinen Platz sicherlich nicht so schnell wieder hergeben.

Dennoch glaubt Neuer fest an seine Rückkehr zwischen die Pfosten – in München wie im DFB-Team. „Wenn ich nicht performe, werde ich den Posten räumen. Aber rechnen Sie nicht damit“, sagte er. „Ich bin noch da. Auch wenn manche Menschen vielleicht das Gefühl haben, sie hätten die alten Spieler satt. Der Beste wird spielen. Wenn ich spielen will, muss ich der Beste sein.“

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