Am Rande WM 1938: Vergessene Blamage

So sah das Plakat zur WM 1938 aus.
So sah das Plakat zur WM 1938 aus.

Raus nach zwei WM-Spielen? Das gab es bereits 1938. Schuld waren die Österreicher. Und die Nazis.

Sepp Herberger hatte eine böse Vorahnung. „Oh, heilige Einfalt!“, notierte er in seinem Tagebuch über die absurden Pläne aus dem „Fachamt Fußball“. Jahre nach dem WM-Desaster soll er geseufzt haben: „Wiener Melange mit preußischem Einschlag, das konnte nicht gutgehen.“ Wenige Wochen nach dem „Anschluss“ Österreichs an Hitler-Deutschland sollte auch im Fußball zusammenwachsen, was nach Ansicht der Nazis zusammengehörte: Herberger, der 1954 als „Chef“ der Weltmeister-Elf von Bern unsterblich wurde, musste für die WM 1938 in Frankreich die in 16 Spielen ungeschlagene Breslau-Elf sprengen – und einige „Ösis“ einbauen. Doch das WM-System und die Wiener Schule („Donaufußball“) passten nicht zusammen.

Keine gute Stimmung

Altdeutsche „Leichtathleten“ hier, „Schönspieler“ aus der „Ostmark“ da – Herberger wusste: das musste schiefgehen. Doch sein Protest beim Fachamt verhallte. „Seppl, leben Sie denn auf dem Mond? Der Reichsführer wünscht ein 6:5 oder 5:6“, belehrte ihn Amtsleiter Felix Linnemann über das angedachte Spieler-Verhältnis: „Die Geschichte erwartet das von uns!“ Herberger fühlte sich „einsam und verlassen auf einem hohen Felsenrand“. Zumal die Stimmung in seiner Auswahl mit 13 Deutschen und neun Wienern feindselig, ja hasserfüllt war. Linksaußen Hans Pesser von Rapid giftete über den „Kraft-durch-Tritte-Fußball“ der neuen Kollegen, „streng nach Heeresordnung“.

In der Vorbereitung in Duisburg zeigte der Josef Stroh den Deutschen unter dem Gejohle seiner Spezis seine Tricks. „Das kann nur der Peppi“, frotzelten sie. DFB-Kapitän Fritz Szepan konterte und vollendete per Vollspannschuss dicht über die Köpfe der Österreicher. „Da habt ihr euer ,das kann nur der Peppi’!“ Und so kam es am 4. Juni 1938 in Paris, wie es kommen musste. Herberger stellte gegen die Schweiz im WM-Achtelfinale, damals die erste Runde, im Verhältnis 6:5 auf. Seine Elf ging in Führung, doch Andre Abegglen glich aus. Weil es noch kein Elfmeterschießen gab, kam es fünf Tage später zum Wiederholungsspiel. Herberger brachte sechs Neue, hielt aber am Verhältnis 6:5 fest. Seine Mannschaft verspielte eine 2:0-Führung, Abegglen traf beim 4:2 der Eidgenossen doppelt. Aus! Herberger rechtfertigte sich bei den aufgebrachten NS-Funktionären, im „furchtbaren Hexenkessel“ von Paris hätte sich „alles gegen uns verschworen“ gehabt: „Es war eine furchtbare Schlacht, es war kein Spiel mehr.“ In seinen Aufzeichnungen beklagte er den „unzulänglichen Einsatz“ – der Österreicher.

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