Formel 1 Vettels Karriere-Ende: Neue Ziele abseits der Pisten

Konkurrenten und Freunde: Sebastian Vettel (links), der hier im November 2012 mit Michael Schumacher seinen dritten WM-Titel fei
Konkurrenten und Freunde: Sebastian Vettel (links), der hier im November 2012 mit Michael Schumacher seinen dritten WM-Titel feiert.

Sebastian Vettel reicht es. Einer der erfolgreichsten Rennfahrer der Geschichte beendet seine Formel-1-Karriere mit 35 Jahren nach dieser Saison. Seine sportliche Glanzzeit ist länger vorbei. Die Familie ist wichtiger geworden.

Ein kleiner Hocker, ein schmuckloser Raum, Sebastian Vettel trägt schwarz. Er nimmt Platz und zögert nicht lang. „Ich verkünde hiermit meinen Rücktritt aus der Formel 1 am Ende der Saison 2022.“

In einem rund vierminütigen Instagram-Video auf deutsch und englisch, das am Donnerstag nach fünf Stunden schon mehr als 16 Millionen Mal angesehen wurde, erklärte Vettel offen und mit emotionaler Entschlossenheit die Gründe für seinen nahenden Rücktritt mit 35 Jahren. „Meine Ziele haben sich verändert“, sagt er. „Weg von Rennsiegen und dem Kampf um Meisterschaften, dazu, meine Kinder aufwachsen zu sehen.“

Seine drei Kinder, seine Frau, die Liebe für die Natur, die aktuellen Herausforderungen der Menschheit, der Kampf um Gleichheit – Vettel ließ nichts aus. Auch wenn er vor einer Woche noch – überraschend – erklärt hatte, weitermachen zu wollen: die Worte, mit denen er das Ende einer der erfolgreichsten Karrieren im Motorsport ankündigte, zeigen, was im Menschen Sebastian Vettel steckt. „Ein Rennfahrer zu sein, war nie meine ganze Identität“, sagt Vettel. Fast schon philosophisch ergänzt er: „Wer ich bin? Ich bin Sebastian, Vater von drei Kindern und Ehemann einer wundervollen Frau.“

Eine Bilderbuch-Karriere

Er sei auch neugierig, mal nervig, nach Perfektion strebend, ehrgeizig. Attribute, die ihn als Formel-1-Piloten auszeichneten und zu einem der besten seines Fachs machten. Eine Bilderbuch-Karriere war es in der ersten Hälfte. Der gebürtige Heppenheimer glänzte vor allem in seiner Zeit bei Red Bull mit vier WM-Titeln von 2010 bis 2013; der Vettel-Finger auf dem Podium wurde legendär. „Er hatte eine unglaubliche Karriere“, sagte der aktuelle Weltmeister Max Verstappen: „Es ist wichtig, dass er jetzt das Leben mit seiner Familie lebt. Für ihn ist die Zeit gekommen, alles zu genießen.“

Lange wirkte Vettel immer wie ein Schüler auf Besuch im Fahrerlager: unbeschwert, ein bisschen frech, witzig, auch mal schmollend, wenn es nicht nach seinem Willen lief, aber eigentlich immer authentisch. Selbst während der Zeit nach seiner Hochphase. Mit der Ära bei Ferrari wie beim großen Idol Michael Schumacher wurde es in sechs eher tristen Jahren nichts. Auch dass es bei Aston Martin nichts wurde, wird Vettel letztlich verkraften können. Am 20. November in Abu Dhabi wird er zum letzten Mal ein Formel-1-Rennen bestreiten. Ein Rücktritt vom Rücktritt – bei ihm unvorstellbar.

Den Kindern „Werte weitergeben“

Sein ganzer Fokus soll seiner Liebsten und den drei gemeinsamen Kindern gelten. In der Schweiz lebt Vettel mit seiner Familie auf einem ehemaligen Bauernhof. Er will seine „Werte weitergeben“, den Kindern helfen, „wenn sie fallen und ihnen zuzuhören, wenn sie mich brauchen“, sagte er. Das alles sei mit einem Job wie dem in der Formel 1 einfach nicht mehr vereinbar.

Lange habe er über den Schritt nachgedacht. „Ich liebe diesen Sport. Es war der Mittelpunkt meines Lebens, seitdem ich denken kann“, sagte er vor dem Großen Preis von Ungarn am Sonntag (15 Uhr) in Budapest: „Aber so sehr es das Leben auf der Strecke gibt, so sehr gibt es auch mein Leben neben der Strecke.“

Schlagzeilen durch politisches Engagement

Auf der Piste versuchte er von 2015 bis 2020 Michael Schumacher nachzueifern. Statt Titeln gab es bei Ferrari die Ausmusterung. Nach zwei Jahren bei Aston Martin reicht es Vettel nun ganz. Zuletzt machte er ohnehin mehr Schlagzeilen durch sein politisches Engagement, den Kampf für Menschenrechte und die Umwelt als mit Erfolgen auf der Rennstrecke. „Ich bin tolerant und fühle, dass wir alle die gleichen Rechte zu leben haben. Egal wie wir aussehen, woher wir kommen oder wen wir lieben“, sagte Vettel auch in seiner Rücktrittsankündigung und kündigte an, sich weiterhin zu engagieren.

Gewohntes Bild: Sebastian Vettel im Jahr 2010 nach einem Sieg im Red Bull.
Gewohntes Bild: Sebastian Vettel im Jahr 2010 nach einem Sieg im Red Bull.
Die Pose: Sebastian Vettel 2015 als Ferrari-Pilot.
Die Pose: Sebastian Vettel 2015 als Ferrari-Pilot.
Ein Mann mit Haltung: Sebastian Vettel im Jahr 2021.
Ein Mann mit Haltung: Sebastian Vettel im Jahr 2021.
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