Fußball Nach Finale: Müder Mourinho, Spanien feiert „Sevilla-Liga“

Startrainer José Mourinho hat seine Zukunft bei der AS Rom auch nach dem im Elfmeterschießen verlorenen Europa-League-Finale gegen den FC Sevilla offen gelassen. Sein Vertrag laufe noch ein Jahr und das sei die Situation, sagte der 60-Jährige nach dem überlangen Fußball-Krimi in Budapest am Mittwochabend. Ab Montag habe er Urlaub und dann werde man sehen, sagte der Portugiese. Sollte er mit einem anderen Club in Kontakt treten, würde es sein derzeitiger Arbeitgeber zuerst erfahren, beteuerte er.

Mourinho wirkte nach dem 1:4 im Finale nicht abgeneigt, beim italienischen Erstligisten zu bleiben. Er sei allerdings „müde“, sagte er nach seinem ersten verlorenen Europapokal-Endspiel als Trainer. „Ich habe fünf Finals gewonnen, aber ich war nie stolzer als heute“, sagte er und lobte seine Spieler dafür, dass sie in der intensiven Partie „alles gegeben“ und „hart gearbeitet“ hätten.

Auch Mourinho konnte den bemerkenswerten Triumphzug des FC Sevilla in der Europa League nicht stoppen. Seit 2006 hat er den Wettbewerb inklusive des Vorgängerformats UEFA-Cup nun schon siebenmal gewonnen und damit häufiger als jeder andere Verein in der Historie. Ansonsten war es für Sevilla bisher eine verkorkste Saison. In der Liga liegt das Team von Trainer José Luis Mendilibar vor dem letzten Spieltag nur auf Tabellenplatz elf. Durch den erneuten Europa-League-Erfolg qualifizierte sich Sevilla aber für die Champions League. „Dieses Gefühl, das gibt es gar nicht, das ist unglaublich. Einmal mehr haben wir dem Fußball gezeigt, was Sevilla kann. Sevilla ist Europa League“, sagte der frühere Schalker Bundesliga-Profi Ivan Rakitic. die spanische Sportzeitung machte den Europapokal direkt zur „Sevilla-Liga“.
Viel Nachspielzeit
Dabei trafen die Spanier während des Spiels gar nicht ins Tor. Der argentinische Weltmeister Paulo Dybala (35. Minute), dessen Startelf-Einsatz nach Sprunggelenkproblemen fraglich gewesen war, hatte Rom in Führung gebracht, Gianluca Mancini (55.) per Eigentor den zwischenzeitlichen Ausgleich erzielt. Allein in der zweiten Hälfte der Verlängerung gab Schiedsrichter Anthony Taylor über zehn Minuten Nachspielzeit obendrauf.

Die Roma, die im Halbfinale Bayer Leverkusen aus dem Wettbewerb geworfen hatte, brauchte ein paar Minuten, um ins Spiel zu finden. Leonardo Spinazzola prüfte Sevilla-Torwart Yassine Bounou in der zwölften Minute. Die Vorlage kam von Dybala, für den Mourinho eigentlich angekündigt hatte, dass mehr als „20, 30 Minuten“ Spielzeit gar nicht drin seien. Im Nachhinein vermutlich ein kleiner Psychotrick des Taktikmeisters. Sevilla kam mit dem aggressiven Spiel der Roma zunächst überhaupt nicht zurecht. Die Auswahl von Trainer José Luis Mendilibar versuchte, wenn überhaupt, über die rechte Seite des 37 Jahre alten Kapitäns Jesús Navas in die Nähe des gegnerischen Strafraums zu kommen. Erst in der langen Nachspielzeit der ersten Halbzeit kam Rakitic zur großen Ausgleichschance, traf aber nur den Pfosten.

Dafür begann die zweite Hälfte für den spanischen Verein nach Maß. Rom zog sich zurück und versuchte, die Führung zu verwalten. Das durch eine scharfe Flanke von Navas erzwungene Eigentor brachte die Andalusier endgültig in die Partie zurück. Auf der Gegenseite verhinderte Bounou gegen Tammy Abraham den erneuten Rückstand (67.). Auch der eingewechselte Andrea Belotti verpasste das zweite Roma-Tor ganz knapp (83.). Die Partie musste in die von den Verletzungen geprägte Verlängerung, in der beide Mannschaften sichtlich an der Belastungsgrenze spielten.
Letzter Schuss muss wiederholt werden
„Ich denke, wir haben einen guten Job gemacht“, sagte José Luis Mendilibar, der bereits als dritter Coach in dieser Saison bei Sevilla tätig ist und dessen Vertrag im Sommer ausläuft. „Ich bin dem Club dankbar dafür, dass er mir diese Möglichkeit gegeben hat.“ Sollte er gehen müssen, würde er „viele Freunde verlassen“ müssen. Er hoffe allerdings, dass er beim Klub bleiben dürfe. Im Elfmeterschießen partierte „Bono“ zwei Schüsse der Roma. Der marokkanische Nationaltorhüter zeigte schon bei der WM in Katar, dass er ein Spezialist in Sachen Elfmeter ist. Den entscheidenden Elfmeter verwandelte Gonzalo Montiel für Sevilla – im zweiten Versuch, wohlgemerkt. Zunächst hielt Roms Torwart, bewegte sich allerdings zu früh, sodass der Schuss wiederholt werden musste. Entkräftet stemmten Kapitän Navas und Stellvertreter Rakitic den Silberpokal in den Budapester Nachthimmel.

Und Mourinho? War nicht nur stolz auf seine Mannschaft, sondern auch tief enttäuscht. Die Medaille, die er nach dem Abpfiff bekommen hatte, wollte er nicht. Stattdessen warf er sie einem jungen Fan auf der Tribüne hinter der Trainerbank zu. Insgesamt fühle sich die Niederlage „ungerecht“ an, sagte er.