Fussball-WM Nach Aus in der Vorrunde: Die DFB-Kicker in der Einzelkritik

Die deutsche Mannschaft vor dem Spiel gegen Japan.
Die deutsche Mannschaft vor dem Spiel gegen Japan.

Deutschland ist nach der Vorrunde raus bei der WM in Katar. Wer hat überzeugt? Wer nicht? Die Spieler in der Einzelkritik.

Manuel Neuer
Manuel Neuer

Manuel Neuer: An den 26. Juni 2016 dürfte sich der Torwart gerne zurückerinnern. 3:0 gewann die Nationalmannschaft im EM-Achtelfinale gegen die Slowakei. Es war das letzte Turnierspiel, bei dem Neuer ohne Gegentor blieb – und das ist schließlich das Ziel eines jeden Torhüters. Ist jetzt halt auch schon sechs Jahre her. In Katar war Neuer, wie schon in Russland kurz vor der WM verletzt, nicht ganz unbeteiligt am Desaster. Beim zweiten Treffer der Japaner machte er die kurze Ecke auf, gegen Costa Rica wehrte er vor dem Ausgleich nach vorne ab und irrte vor dem Rückstand durch seinen Strafraum. Zeigte in der Vorrunde Wahnsinnsparaden, aber auch Unsicherheiten. Ist jetzt mit 19 Partien WM-Rekordtorhüter. Sollte sich aber gründlich überlegen (genauso wie die Trainer), ob weitere dazukommen (sollen). 2026 ist er 40 Jahre alt.

Kevin Trapp
Kevin Trapp

Marc-André ter Stegen und Kevin Trapp: Die Ersatztorhüter haben jetzt beide zwei Weltmeisterschaften hinter sich – und beide Turniere waren bereits nach drei Spielen beendet. Beide Male mussten sie sich hinter einem kurz vor dem Turnier fit gewordenen Manuel Neuer einreihen. Trapp und ter Stegen eint dasselbe Schicksal: In jedem anderen Land wären sie wohl unangefochtene Nummer 1, in Deutschland nicht. Es wird nicht einmal ein offener Konkurrenzkampf ausgerufen. Können einem fast schon leid tun.

Matthias Ginter: Fast ein weiterer Rekord eines Spielers im DFB-Dress, den er dem Kroaten Anthony Seric abgeluchst hätte. Der saß bei 13 WM-Spielen 90 Minuten lang auf der Bank. Ginter war bislang bei drei Weltmeisterschaften dabei – und kam nie zum Einsatz. Bis zur 93. Minute gegen Costa Rica, als er für Niklas Süle eingewechselt wurde. Eine Geste des Trainers? In jedem Fall sein 48. Spiel für die Nationalmannschaft. Ginter darf sich weiterhin Weltmeister 2014 nennen. Könnte aber auch froh sein, bei den Turnieren in Russland und Katar nur eine Nebenrolle gespielt zu haben.

Niklas Süle und Antonio Rüdiger: Zwei der wenigen im deutschen Team, die nicht (mehr) beim FC Bayern München kicken. Der eine war schon dort, den anderen haben sie nicht bekommen. Genau wirkten sie auch: zusammengewürfelt. Abstimmungsprobleme, Sekundenschlaf. Torhüter kennen das: Lange nichts zu tun – und dann hellwach sein. Süle und Rüdiger waren es nicht.

Antonio Rüdiger
Antonio Rüdiger

Nico Schlotterbeck: Von Freiburg über Dortmund zur Weltmeisterschaft. Kann man mal machen. An was man sich bei Schlotterbeck von diesem Turnier erinnern wird, ist seine Monstergrätsche gegen Spaniens Morata in der 90. Minute. Oder daran, wie er Japans Asano entwischen ließ.

Nico Schlotterbeck
Nico Schlotterbeck

Thilo Kehrer: Spielte bislang unter Hansi Flick fast immer, dann ließ ihn der Bundestrainer gegen Japan plötzlich auf der Bank. Gegen Spanien die Rolle rückwärts, konnte aber nicht wirklich überzeugen. Gegen ihn gelang Dani Olmo der Pass vor dem 1:0. Für das letzte Spiel Rückkehr auf die Bank.

Lukas Klostermann: Kam gegen Spanien für Kehrer, hatte Olmo besser im Griff. Kennt ihn aber auch von RB Leipzig. Gegen Costa Rica löste er Kimmich als Rechtsverteidiger ab – und musste gegen den vermeintlichen Außenseiter tatsächlich verteidigen. Machte seine Sache meist ordentlich.

Thilo Kehrer
Thilo Kehrer

David Raum: Kurzum: Top nach vorne, druckvoll und gute Flanken. Aber eben auch mit enormen Defiziten in der Defensive. Kann gegen Spanien passieren, gegen Japan und Costa Rica sollte es aber nicht.

David Raum
David Raum

Joshua Kimmich: Hatte es sicher nicht leicht bei diesem Turnier. Hohe Erwartungen, sollte ein Anführer sein, wurde dann vom Trainer hin- und hergeschoben. Fand nicht in seine Rolle, denkt zu offensiv und zu selten defensiv. Fürchtet, dass das Scheitern mit seinem Namen verknüpft wird und deshalb in ein Loch zu fallen. Eine Angst, die nachvollziehbar ist.

Joshua Kimmich
Joshua Kimmich

Leon Goretzka: Ging vor dem Turnier mit mutigen Aussagen voran, die auch seinem Arbeitgeber Bayern München nicht unbedingt gefallen haben dürfte, indem er die Verbindungen zwischen seinem Verein und Katar kritisierte. Er hätte nichts dagegen, wenn die Partnerschaft mit der Fluggesellschaft Qatar Airways nicht verlängert wird, sagte er. Auch in der Menschenrechtsdebatte einer derer, die sagen, was sich viele wünschen. Leider hat er diesen Mut diesmal auf dem Platz eher weniger gezeigt.

Leon Goretzka
Leon Goretzka

Ilkay Gündogan: Organisator, Antreiber, Elfmeterschütze. Zeigte Spaniens Sergio Busquets die Grenzen auf. Gündogan ist der Beweis, dass Arbeitsteilung (mit Kimmich und Goretzka) nicht immer sinnvoll ist. Als er gegen Japan ausgewechselt wurde, führte Deutschland. Mehr muss man eigentlich nicht sagen.

Ilkay Gündogan
Ilkay Gündogan

Jamal Musiala: Ein, wenn nicht der Lichtblick in der deutschen Mannschaft. Wackelt die Gegner aus, dribbelt wie ein Gott, der Ball klebt ihm förmlich am Fuß. Flüssige Bewegungen, Tempowechsel, alles da. Kein Gegner ist ihm zu viel. Verzettelt sich aber auch häufig, muss noch kaltschnäuziger werden – und viel effizienter. Hätte definitiv mindestens ein Tor verdient gehabt, genug Gelegenheiten hatte er. Trotzdem: Die Last einer Nation sollte nicht auf den Schultern eines 19-Jährigen liegen. Hat schließlich noch viele Turniere vor sich, zeigte der Welt schon einmal, was er kann.

Mario Götze: Der Rückkehrer zeigte der Welt diesmal nicht, dass er besser ist als Messi. Hatte bei drei Einwechslungen aber auch wenig Gelegenheiten für einen wahren „Götze-Moment“. Trotzdem ist es schön, dass er wieder da ist. Es kommen auch wieder Spiele mit Verlängerung.

Jamal Musiala
Jamal Musiala

Kai Havertz: Der einzige Deutsche, der die WM in Katar mit einer Trophäe verlässt. Nach dem Sieg gegen Costa Rica wurde es zum Spieler des Spiels gewählt – und das verdient. Kam für 30 Minuten, schoss zwei Tore und spielte mit ordentlich Wut im Bauch. Zeigte, dass er mit seiner Leistung gegen Japan samt Auswechslung und den folgenden 90 Minuten auf der Bank gegen Spanien nicht zufrieden war. Sein Foto von der Pokalübergabe ging im Internet steil. Wahrscheinlich der traurigste „Man of the Match“ aller Zeiten.

Jonas Hofmann: Zweimal eingewechselt. Unauffällig, was auch gut sei kann.

Kai Havertz
Kai Havertz

Thomas Müller: Relativierte seine Aussagen zu einem möglichen Rücktritt bereits wieder. „Falls das mein letztes Spiel gewesen sein sollte“, begann er nach dem Spiel gegen Costa Rica und bedankte sich für all die Unterstützung in den vergangenen Jahren. Alles habe ihm Spaß gemacht – und das würde er auch für die Zuschauer hoffen. Es klang nach Abschied, aber in einer Art, in der er wieder der Müllerthomas der Vergangenheit war, spitzbübisch und unerwartet. Jene Eigenschaften, die er während der drei Spiele eben nicht zeigte. Irgendwie kam diese Rede an die Fußballnation vier Jahre zu spät.

Leroy Sané: Das Knie der Nation. Mit einer Blessur angereist, zunächst nicht im Kader, dann eingewechselt, gegen Costa Rica im Zusammenspiel mit den Bayern-Zockern Musiala und Gnabry von Beginn an gut drauf.

Serge Gnabry: Zählt zu den Lieblingen des Bundestrainers, man kennt sich aus Bayern-Zeiten. Stets agil und umtriebig, tauchte aber auch immer wieder ab. Zwei Torbeteiligungen gegen Costa Rica, aber gegen Japan auch mit vergebenen Chancen, die Deutschland teuer zu stehen kamen.

Thomas Müller
Thomas Müller

Niclas Füllkrug: Es ist glücklicherweise nicht die Aufgabe des Bundestrainers, den Forderungen der Öffentlichkeit nachzugeben. Füllkrug machte das, was er machen sollte – Tore. Zwei Treffer in drei Spielen, das kann sich sehen lassen. Spielt wie in Bremen, druckvoll und entschlossen. Nahm Musiala glücklicherweise den Ball ab gegen Spanien und traf. Mehr als eine Geheimwaffe. Er steht dort, wo ein Mittelstürmer stehen muss. Ja. Deutschland hat einen Mittelstürmer.

Youssoufa Moukoko: Kam gegen Japan kurz vor Schluss für Gnabry, als der Fehlstart quasi schon feststand. Eine zweite Spitze in hoffnungsloser Situation als Akt der Verzweiflung?

Christian Günter, Armel Bella-Kotchap, Karim Adeyemi, Julian Brandt: ohne Einsatz, aber sicher gut für das Mannschaftsgefüge.

Niclas Füllkrug
Niclas Füllkrug
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