Sport Lehrgeld im Viererpack
Die junge Mannschaft des 1. FC Kaiserslautern startet furios und enthusiastisch in die ersten Minuten der Zweitliga-Saison. Am Ende aber hat sie gegen den eiskalt abschließenden und äußerst effizient spielenden Aufstiegsfavoriten Hannover 96 keine Chance. FCK-Trainer Tayfun Korkut muss seine Jungs nun aufrichten für die nächste Partie in Würzburg. Von Oliver Sperk
Applaus für die Jungs in Rot. Sie waren so bemüht – aber letztlich überfordert. Die Stimmung war besser als die Lage. Als sich die neu formierte Mannschaft des 1. FC Kaiserslautern nach der bitteren 0:4-Heimschlappe gegen Hannover 96 zum Auftakt der Fußball-Zweitliga-Saison bei ihren Fans bedankte, wurde sie nicht niedergepfiffen. „Lautrer geben niemals auf, sie kämpfen“, sangen stattdessen die schon lange leidgeprüften Anhänger in der Westkurve. „Das war ganz große Klasse, wie die Zuschauer die Mannschaft unterstützt und begleitet haben – von der tollen Choreographie am Anfang bis zum aufmunternden Applaus am Ende. Das nötigt mir riesigen Respekt ab“, sagte der ob des klaren Resultats dennoch geknickte FCK-Sportdirektor Uwe Stöver. 40.021 Zuschauer im damit gut gefüllten Fritz-Walter-Stadion – ein üppiger Vertrauensvorschuss für die junge Mannschaft des neuen Trainers Tayfun Korkut. Und tatsächlich – die Lauterer präsentierten gleich ein Feuerwerk, überraschten den favorisierten Bundesliga-Absteiger mit extrem frühem und aggressivem Attackieren. Hannover wurde zu Fehlern gezwungen, der Favorit fand keine Ordnung. „In der ersten Halbzeit war es ein Heimauftritt, wie man ihn sich vorstellt“, sagte FCK-Kapitän Daniel Halfar. Der folgenschwere Makel indes: Tore für die überaus engagierte Heimmannschaft blieben aus. Auch der auffälligste Spieler der Anfangsphase wurde nicht belohnt: Der von Drittligist Hallescher FC gekommene FCK-Stürmer Osayamen Osawe (22) konnte vor allem bei Steilpässen seine enorme Schnelligkeit und Athletik ausspielen, wirbelte und zeigte bei der schönsten Kombination der Partie spielerische Klasse. Nach Zusammenwirken mit Rückkehrer Robert Pich spielte der in Nigeria geborene und in England aufgewachsene Osawe mustergültig quer auf Marcel Gaus (6.). Der aber tat das, was schon das große FCK-Problem der Vorsaison war: Er nutzte die Riesenchance nicht. 96-Torwart Philipp Tschauner parierte ebenso wie kurz darauf gegen Osawe (7.). „Ich weiß, dass ich diesen Ball rein machen muss. Aber es hilft ja jetzt nichts mehr“, sagte Gaus später niedergeschlagen. Die Strafe für fehlende Cleverness und für die alte FCK-Schwäche der mangelnden Abschlussqualität folgte: der 0:1-Rückstand aus dem Nichts. Nach einem Ballverlust des in der Vorbereitung deutlich stärkeren Christoph Moritz lief der 96-Konter, im Strafraum zeigte Hannover erstmals seine hohe Qualität. Sebastian Maier, Neuzugang vom FC St. Pauli, erzielte die 1:0-Führung (16.), das erste Tor der Zweitliga-Spielzeit 2016/17. „Wir hätten nicht besser in die Saison starten können“, meinte Maier später freudestrahlend. Der Neu-Lauterer Moritz indes räumte selbstkritisch ein: „Wir haben ordentlich angefangen, aber wenn man in der Mitte solche Ballverluste produziert, kann es schnell gehen, speziell gegen einen so erfahrenen Gegner.“ Mit der 1:0-Führung kehrte immer mehr Sicherheit in das Tun der zumeist bundesligaerprobten Gäste ein, der FCK versuchte sich weiter am schnellen Vertikalspiel, agierte dabei aber zu ungenau. „Auch wenn wir in der ersten Halbzeit gut mitgehalten haben“, sagte Kaiserslauterns Trainer Tayfun Korkut, der am 20. April 2015 bei Hannover entlassen wurde, „haben wir gesehen, dass Hannover 96 eiskalt zuschlagen kann.“ Der rund viermal so teure Kader hat sich bezahlt gemacht. Die Effizienz stimmte, fast jeder Torschuss saß bei den Gästen. So machte Hannover gleich alle guten Vorsätze zunichte, die die Lauterer in der Halbzeitpause fassten: Nach der ersten Gästeecke traf Waldemar Anton zum vorentscheidenden 2:0 (48.). „Wenn du sofort nach der Pause das 2:0 kriegst, bist du geschockt“, gestand FCK-Kapitän Halfar. Auch das 0:3 zeigte, dass sich die Lauterer Abwehr, in der die jungen Außen Phillipp Mwene und Naser Aliji die Seiten nie dicht bekamen, bei Standards ebenfalls extrem steigern muss. Artur Sobiech (63.) traf, ließ später das 4:0 folgen (84.). „Das erste Tor war unglücklich, beim zweiten und dritten Tor müssen wir viel besser verteidigen, das vierte Tor war schlitzohrig gemacht“, sagte Sportdirektor Stöver. „Die Absprachen in der Defensive haben gepasst“, sagte Innenverteidiger Stipe Vucur, „aber das hilft nichts, wenn du dann die entscheidenden Zweikämpfe verlierst.“ Klar, dass sich Trainer Korkut eine ganz andere Heimpremiere gewünscht hätte. Dafür aber hat seinem willigen Team am Freitagabend jede Menge gefehlt: Erfahrung, Cleverness und Qualität.