Handball Deutscher Titeltraum bei der EM geplatzt, Bronze ist jetzt das Ziel
„In der zweiten Halbzeit hatten wir in der Abwehr nicht mehr den Zugriff wie in der ersten“, analysierte Kapitän Johannes Golla direkt nach dem Match. Es hätte gegen die Dänen eines perfekten Tages bedurft, „der war es nicht“. Trotzdem war Golla „sehr stolz auf die Mannschaft.“
Keine Angst vor großen Tieren. Die deutsche Mannschaft war von Beginn an da, zeigte keinen Respekt vor dem Weltmeister. Und das, obwohl mit Kai Häfner (aus privaten Gründen abgereist) und Timo Kastening (Infekt) zwei Stammspieler fehlten.
Unbekümmert und frech
Renars Uscins, U21-Weltmeister, machte seine Sache zunächst sehr gut, warf frech ein Tor nach dem anderen. Der junge Hannoveraner spielte unbekümmert auf. Als Rechtsaußen durfte der nachnominierte Lukas Zerbe ran. „Vorne haben wir zunächst sehr stark gespielt“, befand Bundestrainer Alfred Gislason nach dem Spiel gegen die „ziemlich beste Mannschaft der Welt“.
Das Prunkstück im deutschen Spiel war lange die Abwehr. Wann hat man so eine so kompakte, aggressive Einheit zuletzt gesehen? Die Dänen fanden nicht in ihr Tempospiel, das deutsche Team unterbrach immer wieder die Spielzüge. Die Anspiele an den Kreis kamen nicht. Wunderknabe Mathias Gidsel fand kaum Lücken. Und zwischen den Pfosten zeigte Torhüter Andreas Wolff erneut eine klasse Leistung. Immer wieder vereitelte er freie Chancen des Weltmeisters.
Kurzum: Der Weltmeister war beeindruckt.
Ein bisschen aus dem Konzept brachten die deutsche Auswahl die zwei Zeitstrafen für Sebastian Heymann. Aber sie fing sich schnell wieder. Im Angriff trumpfte Juri Knorr auf, gegen seine ansatzlosen Würfe hatte Torhüter Niklas Landin kein Rezept. „Juri ist auf dem Weg zu einem unglaublichen Spieler“, meint Dänemarks Trainer Nikolaj Jacobsen. Mit einem Siebenmeter scheiterte Knorr allerdings an Landin.
Als Dänemark auf 10:10 herankam, schien Ungemach zu drohen. Doch die Antwort des sehr disziplinierten deutschen Teams kam sofort: drei Tore in Folge. Die Führung zur Pause war hochverdient.
Wende nach der Pause
Das Bild in der zweiten Halbzeit änderte sich. Das lag daran, dass der eingewechselte Emil Nielsen mehr Bälle zu fassen bekam als Niklas Landin. Und in der Abwehr bekamen die Deutschen den großen Kreisläufer Simon Hald nicht in den Griff. Mikkel Hansen beschränkte sich darauf, die Geschichte zu moderieren - und die wichtigen Siebenmeter zum 20:18 und 21:18 zu verwandeln. Die Dänen setzten nun zumeist auf den siebten Feldspieler, mit Erfolg. „Das war eine Auszeichnung für unsere Abwehr“, sagte Kapitän Golla.
Die junge deutsche Mannschaft tat sich schwer, jetzt Tore zu erzielen. Sie machte Fehler, die ihr in einigen Jahren vermutlich nicht mehr passieren werden. Ein Fehlpass wie jener von Julian Köster in Überzahl – wie ärgerlich. Renars Uscins scheiterte zweimal mit seinen Würfen. Die Fehlerquote war zu hoch.
Knapp zehn Minuten vor dem Abpfiff war die Partie entschieden. Der Favorit führte mit fünf Toren Vorsprung. Sebastian Heymann wehrte sich gegen die Niederlage, donnerte zweimal den Ball ins Netz. Dem Spiel eine andere Richtung konnte er nicht mehr geben. Dänemark war noch eine halbe Nummer zu groß. „Man ist schon ein bisschen enttäuscht, dass es nicht gereicht hat. Aber die Qualität der Mannschaft stimmt. Die Zufriedenheit mit der Leistung überwiegt“, sagte Bundestrainer Gislason. Im Bronze-Spiel gegen die Schweden geht es nun am Sonntag um 15 Uhr auch um die direkte Olympia-Qualifikation. „Wir wollen uns unbedingt für ein Turnier belohnen, in das wir alles reingehauen haben“, versicherte Jannik Kohlbacher mit Blick auf das letzte Turnierspiel.