Sport Das Talent setzt auf den Förderer

Hat’s als Linksaußen bei den Löwen naturgemäß schwer: der Schwede Jerry Tollbring.
Hat’s als Linksaußen bei den Löwen naturgemäß schwer: der Schwede Jerry Tollbring.

«Mannheim/Kronau.» Im Saisonendspurt der Rhein-Neckar Löwen in der Handball-Bundesliga und heute Abend (19 Uhr) bei der TSV Hannover-Burgdorf hofft Jerry Tollbring auf möglichst viele Einsatzzeiten. Der Linksaußen aus Schweden musste in den vergangenen Jahren oft hinter Gudjon Valur Sigurdsson anstehen – und im Sommer kommt Uwe Gensheimer zurück.

Es ist irgendwie grotesk, aber Tollbring hat mehr Sicherheit, auf dem Feld zu stehen, wenn er für die Nationalmannschaft unterwegs ist. Am vergangenen Wochenende traf der 23-Jährige dreimal für die Schweden, konnte die 27:33-Niederlage gegen Vize-Weltmeister Norwegen aber trotzdem nicht verhindern. Die Pleite ärgerte den Linksaußen, aber das gute Gefühl, über das Feld zu wirbeln, genoss er – schließlich erlebt er im Klub oft das Gegenteil. „Jerry ist ein sehr großes Talent, und ich glaube, dass er bald zu den besten Spielern auf seiner Position gehören wird“, sagt Nikolaj Jacobsen. Der Däne ist ein Fan des Schweden, und doch entscheidet sich der Trainer der Badener oft dazu, Tollbring auf der Bank zu lassen. Der Grund dafür ist 39 Jahre alt und eine Legende auf seiner Position. Niemand hat beispielsweise mehr Länderspieltore erzielt als Gudjon Valur Sigurdsson, und weil es der Isländer schafft, trotz seines Alters noch ein Leistungsträger auf Linksaußen zu sein, blieb Tollbring oft nur eine Nebenrolle im Kader der Löwen. „Jeder möchte so oft spielen wie es geht, aber in einer Spitzenmannschaft muss man sich die Aufgaben eben teilen“, sagt der Schwede. Tollbring wirkt abgeklärt und souverän – und vielleicht muss man das auch sein, wenn man bei den Löwen als Linksaußen unter Vertrag steht. Die Badener haben im Grunde seit mehr als 15 Jahren Weltklasse auf dieser Position zu bieten. Zunächst reifte Eigengewächs Uwe Gensheimer zu internationalem Topniveau heran, später gesellte sich Sigurdsson hinzu – und als Gensheimer vor drei Jahren nach Paris wechselte, kehrte Sigurdsson zu den Löwen zurück. Im Sommer zieht der Isländer zu Paris Saint-Germain weiter, aber das bedeutet nicht, dass künftig der Weg für Tollbring frei wäre, denn Gensheimer kehrt zu seinem Heimatverein zurück und teilt sich die Position mit dem Talent aus Schweden. „Ich gucke mir bei den älteren Spielern viel ab und achte darauf, wie sie werfen“, sagt Tollbring – und vor dem Hintergrund ist es ein großes Plus, dass er künftig mit Gensheimer in einer Mannschaft steht. Der deutsche Nationalspieler gilt als einer, vielleicht sogar als der beste Linksaußen in der Handballwelt, und das bedeutet, dass der Schwede die Möglichkeit bekommt, weiterhin von den Besten zu lernen. Tollbring glaubt fest daran, dass er trotz der großen Konkurrenz auf seiner Position genügend Spielzeit erhalten wird, um sich persönlich weiterzuentwickeln. Im vergangenen Herbst verlängerte er seinen Vertrag bei den Löwen vorzeitig bis Juni 2023, was sicher auch damit zu tun hat, dass Kristian Andresson ab 1. Juni als Trainer für die Badener tätig wird. Der Isländer ist gleichzeitig auch Coach der schwedischen Nationalmannschaft und dort ein großer Förderer von Tollbring. Bis dahin stehen für den Linksaußen und seine Teamkollegen bei den Löwen aber noch die letzten Spiele der laufenden Saison an, in denen es darum geht, zumindest den vierten Tabellenplatz zu verteidigen, um sicher im EHF-Cup mitspielen zu können. Dafür soll heute Abend in Hannover ein Sieg gelingen – im besten Fall mit Jerry Tollbring auf dem Feld statt auf der Ersatzbank.

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