Tennis Boris Becker und Wimbledon 2022: Gefängnis statt Wohnzimmer

2014 als Trainer in Wimbledon auf der Tribüne: Boris Becker.
2014 als Trainer in Wimbledon auf der Tribüne: Boris Becker.

Boris Becker ist ohne Wimbledon undenkbar – und umgekehrt fast genauso. Dieses Jahr fehlt die gefallene Ikone wegen ihrer Haftstrafe. Die Ex-Kollegen unterstützen Becker öffentlich vor dem Start des Rasenklassikers. Einer von ihnen plant etwas Besonderes.

Natürlich geht es in Wimbledon nicht ganz ohne Boris Becker. Zum 100-jährigen Jubiläum des Umzugs an die legendäre Church Road verlosen die Veranstalter des Rasenklassikers digitale Kunstwerke mit ikonischen Aufnahmen aus der Turniergeschichte. Dabei ist auch die „german brilliance“, die deutsche Brillanz, wie das Foto Beckers von seinem sensationellen Titelgewinn aus dem Jahr 1985 im Alter von 17 überschrieben ist.

Auf die reale Version müssen die Tennisfans im All England Lawn Tennis Club dieses Jahr verzichten. Huntercombe-Gefängnis statt sportliches Wohnzimmer: 70 Kilometer westlich des Londoner Stadtteils sitzt Becker in Nuffield seine Haftstrafe wegen Insolvenzvergehen ab und wird von Wegbegleitern am Ort seiner größten Triumphe schmerzlich vermisst. „Boris fehlt natürlich, wenn Wimbledon stattfindet und er nicht dabei ist“, sagt sein früherer Davis-Cup-Teamkollege Patrik Kühnen, der das am Montag beginnende Turnier als Sky-Experte begleitet.

Drei Triumphe als Spieler

Wenige Begriffe sind seit 37 Jahren so miteinander verwoben wie Becker und Wimbledon: dreimal als Spieler triumphiert, Novak Djokovic als Coach zum Titel geführt, langjähriger Tennis-Erklärer bei der BBC. In seiner Wahlheimat wird Becker bereits seit 2002 während der Wimbledon-Wochen als TV-Experte fachlich hochgeschätzt. Ob der 54-Jährige nach seiner Freilassung aber wirklich auf den Bildschirm zurückkehren wird, lässt der TV-Sender offen.

Die Lust, den Fall einer Legende zu beobachten, ist auch in England ausgeprägt. Als sich Kommentator Andrew Castle vergangene Woche bei einer Übertragung mit den Worten „Boris, wir freuen uns, dich bei deiner Rückkehr wieder willkommen zu heißen“ direkt an Becker wendete, präsentierten britische Boulevardzeitungen genüsslich wütende Kommentare von Internetnutzern. Ende April war Becker zu zweieinhalb Jahren Haft verurteilt worden, von der die zweite Hälfte wohl auf Bewährung ausgesetzt werden soll. Er hatte seinen Insolvenzverwaltern Vermögenswerte in Millionenhöhe verschwiegen.

McEnroe möchte ihn besuchen

Der öffentlichen Unterstützung seiner Ex-Kollegen darf sich Becker aber weiter sicher sein. „Boris ist ein Freund von mir, das ist einfach entsetzlich“, sagt der dreimalige Wimbledon-Sieger John McEnroe. Auch der Amerikaner ist in Wimbledon für die BBC im Einsatz und kündigte einen möglichen Besuch bei seinem früheren Widersacher an: „Ich will ihn sehen, falls ich das kann, falls er Menschen sehen will oder kann.“

Dass Becker aus dem Gefängnis seinen Sport weiter verfolgt, darf als sicher gelten. Bis er selbst wieder im Rampenlicht steht, wird es aber noch dauern. Auch eine vorzeitige Aussetzung der Haft auf Bewährung nach 15 Monaten käme für einen Besuch von Wimbledon 2023 zu spät.

Wimbledon: Zur Sache

Schunks Gegnerin steht fest

Die Erstrundengegnerin von Nastasja Schunk (18; BASF TC Ludwigshafen) in Wimbledon steht fest: Michaela Buzarnescu ist die Nummer 127 der Welt, die 34-jährige Rumänin war mal Nummer 20. „Ich kenne sie nicht, aber vielleicht kennt sie mein Trainer Benjamin Ebrahimzadeh. Wir werden uns rechtzeitig mit ihr befassen“, sagte die Altriperin, die auf Platz 154 steht. Das Spiel ist am Montag oder Dienstag.

Titelverteidigung 1986: Boris Becker als 18-Jähriger in Wimbledon.
Titelverteidigung 1986: Boris Becker als 18-Jähriger in Wimbledon.
x