Sport Anklage gegen DFB-Topleute: Sommermärchen vor Gericht

Die Fußball-WM 2006 hat ein juristisches Nachspiel. Auf dem Bild der ehemalige OK-Chef Franz Beckenbauer vor dem WM-Logo.  Foto:
Die Fußball-WM 2006 hat ein juristisches Nachspiel. Auf dem Bild der ehemalige OK-Chef Franz Beckenbauer vor dem WM-Logo.

Nach jahrelangen Ermittlungen erhebt die Schweizer Bundesanwaltschaft Anklage gegen die ehemaligen DFB-Topleute Niersbach, Zwanziger und Schmidt. WM-Chef Beckenbauer muss hingegen noch nicht auf die Anklagebank in Bellinzona.

Bern. In der Sommermärchen-Affäre wird es für die ehemaligen DFB-Präsidenten Wolfgang Niersbach und Theo Zwanziger juristisch ernst. Über die weiterhin dubiosen Millionenzahlungen in Richtung Schweiz und Katar wird nach jahrelangen Ermittlungen vor dem Bundesstrafgericht in Bellinzona nahe des Lago Maggiore verhandelt werden. Franz Beckenbauer als der große Architekt der Fußball-Weltmeisterschaft 2006 muss wegen seines schlechten Gesundheitszustands hingegen vorerst noch keine strafrechtlichen Konsequenzen fürchten.

Die Schweizer Bundesanwaltschaft erhob am Dienstag Anklage gegen Niersbach und Zwanziger sowie den ehemaligen DFB-Generalsekretär Horst R. Schmidt und dessen einstigen Fifa-Amtskollegen Urs Linsi. Dem Quartett wird vorgeworfen, im April 2005 über den eigentlichen Zweck einer Zahlung in Höhe von rund 6,7 Millionen Euro den Präsidialausschuss des WM-Organisationskomitees 2006 arglistig getäuscht zu haben. Das teilte die Schweizer Behörde mit.

„Auch Unsinn hat seinen Marktwert“

Niersbach und Zwanziger wiesen die Anschuldigungen umgehend energisch zurück und griffen die Ermittler verbal an. „Ich mache mir um diesen Vorgang gar keine Gedanken, weil er mit rechtsstaatlichem Vorgehen nichts zu tun hat“, sagte der 74 Jahre alte Zwanziger. „Auch Unsinn hat seinen Marktwert. Die Schweizer Ermittler sind Getriebene, die Millionen für Ermittlungen in den Sand gesetzt haben“, fügte Zwanziger an.

Niersbach teilte schriftlich mit: „Es ist bezeichnend für dieses unsägliche Verfahren, dass man als Betroffener nach über drei Jahren erfahren muss, dass Anklage erhoben wird. Materiell kann ich nur wiederholen, dass die erhobenen Vorwürfe völlig haltlos sind.“ Zwanziger und Schmidt sowie Linsi wird Betrug in Mittäterschaft vorgeworfen. Niersbach wird die Gehilfenschaft zu Betrug angelastet. Art 146. Abs. 1 des Schweizer Strafgesetzbuches sieht für dieses Vergehen Freiheitsstrafen bis zu fünf Jahren oder Geldstrafen vor. Die ebenfalls untersuchten Tatbestände der ungetreuen Geschäftsbesorgung und der Veruntreuung seien nicht eigenständig angeklagt worden, weil dies vom Tatbestand des Betrugs bereits vollumfänglich erfasst sei, teilte die BA auf Anfrage mit.

6,7 Millionen Euro auf Funktionärskonto geflossen

Eingestellt wurde im Juli laut Bundesanwaltschaft das Verfahren wegen des Verdachts auf Geldwäsche. In dem Verfahren geht es um die weiterhin nicht geklärten Zahlungen von 6,7 Millionen Euro aus den Jahren 2002 und 2005. Franz Beckenbauer hatte von Robert Louis-Dreyfus einen Kredit in dieser Höhe erhalten, angeblich um einen von der Fifa geforderten Vorschuss für einen WM-Zuschuss von 250 Millionen Schweizer Franken für die nach eigenem Bekunden finanziell klammen WM-Macher zahlen zu können. Die umgerechnet 6,7 Millionen Euro flossen auf Konten des damaligen Fifa-Funktionärs Mohammed Bin Hammam, der mittlerweile wegen Korruption gesperrt ist.

Der Deutsche Fußball-Bund teilte am Dienstag mit, dass er als „möglicherweise Geschädigter“ von der Bundesanwaltschaft informiert worden sei. „Sollte der DFB durch ein schuldhaftes Verhalten der Beschuldigten Vermögensschäden erlitten haben, so ist er rechtlich verpflichtet, mögliche Ersatzansprüche zu prüfen und durchzusetzen“, hieß es aus Frankfurt. |dpa

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