Handball Ein Verlierer als Gewinner

Zu Gast in Dirmstein: Ben Matschke. Rechts Tailormade-Direktor Oliver Meyer.
Zu Gast in Dirmstein: Ben Matschke. Rechts Tailormade-Direktor Oliver Meyer.

«DIRMSTEIN.» Kann einer, der 28 von 34 Spielen verliert, ein Gewinner sein? Kann einer als Trainer 17 Niederlagen in Serie in der Handball-Bundesliga überstehen? Er kann. Ben Matschke (36) hat das geschafft und bewiesen. Und er will das Kunststück 2018/19 mit den Eulen Ludwigshafen wiederholen und erstklassig bleiben.

Am Mittwoch war Matschke Premierengast der Tailormade-Gesprächsreihe „Persönlichkeiten – Starke Charaktere im Dialog“. „Menschen, die was zu erzählen haben, mit Menschen zusammenbringen, die was zu sagen haben“ – so skizzierte Tailormade-Direktor Oliver Meyer im schmuck-idyllischen Firmendomizil der Sport-Event-Agentur in der denkmalgeschützten Spormühle in Dirmstein das Ziel seiner losen Veranstaltungsreihe mit Freunden, Geschäftspartnern, Kunden und Sportlern. Matschke sprach und fesselte. Mancher Gast kann sich nun gut vorstellen, wie es ihm gelungen ist, seinen Spielern die Überzeugung einzuverleiben, auch nach 16 Spielen ohne Sieg an das Wunder zu glauben. Das Wort hat Bedeutung. Das Ziel heißt im Eulen-Revier nicht schlicht und platt „nicht absteigen“, sondern „drin bleiben“. Jupp Heynckes sagte einmal mitten in einer Siegesserie mit den Bayern: „Bundesliga-Trainer zu sein, kann man nicht genießen!“ Matschke kann: „Es ist ein Privileg und eine Ehre, Bundesliga-Trainer zu sein!“ „2300 Zuschauer bedeutet 2300 Meinungen, das bedeutet 2300 Ideen“, sagt Matschke. Er aber muss souverän sein – eine Linie haben, Enttäuschungen kanalisieren. „Mein Training beginnt immer in einem geschlossenen Kreis, mein Training endet auch immer in einem geschlossen Kreis.“ Vorher wird das Trainingsziel ausgegeben. Am Ende das Training bilanziert. Matschke – Ziehvater, Taktiker, Psychologe. „Man muss Reaktionen provozieren, Reize setzen.“ „16 Spieler bedeutet 16 verschieden Motive“, sagt Matschke. Seine Spieler stehen im Beruf oder studieren. Zuckerbrot und Peitsche. Nur Azat Valiullin ist Profi. „Zu ihm kann ich auch sagen: ,Azat, das war jetzt Scheiße.’ Andere brauchen das Vier-Augen-Gespräch.“ Es geht auch darum, Talenten, die aus tieferen Klassen kommen, Überzeugung zu vermitteln. So wie das mit dem aus Saarlouis gekommenen Jerome Müller trefflich gelingt: „Ich will. Ich kann. Ich darf.“ Der Trainer sieht David gegen Goliath spielen, wenn die jüngste Mannschaft mit dem kleinsten Etat gegen Weltstars aufläuft. „Das Ziel muss immer sein: Ich gebe mein Bestes. Ich erwarte keinen Sieg, ich erwarte Einstellung. Ich erwarte Charakter. Einstellung ist wie der Duft des Herzens.“ Spieler, die zu den Eulen kommen, wollen sich entwickeln. Sie wählen den Ausbildungsverein, der ihnen Spielzeit bei einem besonderen Trainer verspricht. „Aus Motiven Motivation generieren“ heißt ein Leitsatz Matschkes, der das große Lazarett der Eulen schrumpfen sieht. Das macht Mut, dass „das Wunder von Ludwigshafen 2.0“ Wirklichkeit wird. „Ich lebe diesen Verein“, versichert Matschke. So lange er das Gefühl hat, dass Geschäftsführung und Gesellschafter alles tun, um die Strukturen zu verbessern, will er seine Mission als Eulen-Trainer fortsetzen. Er genießt sein Privileg!

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