1. FC Kaiserslautern Abpfiff – der Betzenberg-Krimi (17)

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In welchem ein zweiter Zimmerschlüssel für den Sandig auftaucht und der Feldkamp eine Ahnung hat, für wen der bestimmt war.

„Er schläft jetzt.“

Der Feldkamp hat immer noch die Worte von dem Kevin im Ohr, als er zurück in seinem Hotelzimmer ist.

Schlafen würde er jetzt auch gern. Nicht nur, weil er in dem Alter ist, in dem ein schönes Mittagsschläfchen immer wichtiger wird, sondern auch, weil es vielleicht doch wieder ein bisschen zu viel Rieslingschorle gewesen war, erst auf der Terrasse und dann unten in der Hotelbar. Aber so sehr er sich auch hin und her wälzt im Bett, über einen leichten Dämmerzustand kommt er nicht hinaus: Wie die ganzen letzten Tage geht ihm wieder viel zu viel auf einmal im Kopf herum. Und jetzt auch noch diese Geschichte mit dem Arzt. Wenn es denn wirklich einer war. Das hat auch der Jean gemeint, als das Kleeblatt dann aufgebrochen ist. Nicht ohne sich vorher abzusprechen, wie sie denn jetzt weiter vorgehen sollen in dieser verzwickten Geschichte.

Dem Jean fehlt immer noch der letzte überzeugende Beweis, dass jemand bei dem Tod von dem Schiedsrichter nachgeholfen haben könnte. „Das mit dem Arzt ist zwar äußerst verdächtig“, hat er gesagt. „Aber solange wir nicht nachweisen können, dass er in der Nacht wirklich mit dem Sandig auf dessen Zimmer gewesen ist, wird die Kripo den Fall nicht neu aufrollen. Und ohne Polizei werden wir den nicht so schnell finden. Lass uns deshalb erst einmal um die beiden Personen kümmern, von denen wir halbwegs etwas wissen: ich um diesen Chinesen und du um diese Adelige aus Hamburg.“

Der Jean hat natürlich recht. Die Beschreibung von diesem ominösen Arzt ist so vage, dass sie auf Tausende FCK-Fans passt. Da ist ein Chinese schon leichter aufzuspüren. Trotzdem will dieser Arzt dem Feldkamp nicht aus dem Kopf gehen. Bis sein Blick auf die Brezeltüte fällt, auf der er sich im Zug notiert hat, was er noch alles recherchieren muss: „Wo ist der Koffer?“ steht da unter anderem.

„Was ist mit dem 5er-BMW?“

Und: „Was ist mir auf dem Foto aufgefallen, das uns der Hofreiter gezeigt hat?“

Der Feldkamp schaut auf die Uhr. Schon halb fünf. Viel zu spät für einen Mittagsschlaf. Wenn er jetzt einpennt, steht er heute Nacht senkrecht im Bett. Außerdem hat er einen Riesenhunger. Was kein Wunder ist, denn so lange halten eine Leberkässemmel und zwei Butterbrezeln auch nicht vor.

Das Hotelrestaurant ist noch geschlossen. Aber der Hofreiter ist noch da und sitzt in seinem Kabuff hinter der Rezeption. Und zur Überraschung vom Feldkamp zeigt er sich auch gar nicht bockig, als der ihn bittet, ihm noch einmal die Fotos zu zeigen, die er von dem toten Sandig in der Hochzeitssuite gemacht hat.

Im Gegenteil. „Meinst du, wir finden darauf noch einen Hinweis auf das, was in dieser Nacht da wirklich geschehen ist?“, fragt er neugierig.

„Ich weiß nicht“, antwortet der Feldkamp. „Ich hab nur so eine Ahnung, dass ich da etwas übersehen habe.“

Mit zwei Fingern spreizt er das Foto, das den Sandig von hinten auf dem Bett zeigt. Zusammengekrümmt wie ein Baby. Die Decke leicht verrutscht, so dass sein nackter Hintern darunter hervorlugt.

Aber für den interessiert sich der Feldkamp nicht. Er zoomt sich über den Kopf der Leiche und nimmt den Hintergrund ins Visier.

Da!

„Siehst du auch, was ich hier sehe?“, fragt er den Hofreiter. „Da, auf dem Nachttisch, direkt unter der Leselampe? Diese Plastikkarte mit dem Hirschgeweih eures Hotels drauf? Das ist doch die Chipkarte, mit der ich ins Zimmer kann, oder?“

„Ja. Das ist einer von unseren Zimmerschlüsseln. Wahrscheinlich der vom Sandig. Aber was ist daran so Besonderes? “

Der Feldkamp nickt zufrieden und versucht den Fotoausschnitt bis zum letzten Pixelchen auszureizen.

„Was daran besonders ist?“, fragt er. „Dass da nicht nur ein Zimmerschlüssel auf dem Nachttisch liegt – sondern zwei, wenn meine Augen mich nicht trügen!“

Ungläubig starrt der Hofreiter auf das Handy. Ja. Jetzt, wo man es weiß, sieht er es auch. Unter dem Zimmerschlüssel vom Sandig lugen noch die Enden eines zweiten Geweihs hervor.

„Himmelherrgottdunnerwedderkeil!“, flucht der Hofreiter auf Pfälzisch. „Was hat das denn wieder zu bedeuten?“

„Das weiß ich auch noch nicht“, sagt der Feldkamp. „Im Moment weiß ich nur, dass ich gleich umfalle, wenn ich nicht sofort was zu essen kriege. Meinst du, die in der Küche können mir wenigstens ein Lewwerworschdebrod machen? Als Vorspeise quasi und lebensrettende Sofortmaßnahme am Unfallort?“

Der Hofreiter nickt. „Ich gehe gleich rüber in die Küche. Aber vorher will ich wissen, was das mit den zwei Schlüsseln auf sich hat.“ Er ruft laut: „FRAU VOLLMER!“

Erschrocken steckt eine junge Frau ihren Kopf durch die Tür: „Ei, was ist denn, Herr Hofreiter? Warum schreien Sie denn so. Ist schon wieder was passiert?“

„Nein … wie man“s nimmt“, stottert der Hofreiter. „Es geht noch mal um den Sandig, den toten Schiedsrichter … Sie wissen schon … den Sie am Samstag eingecheckt haben.“

„Ja. Und was ist mit dem?“

„Nur eine Frage: Haben Sie dem Herrn Sandig damals zwei Zimmerschlüssel gegeben?“

Die Frau Vollmer wird hochrot im Gesicht: „Ja, das war doch die Hochzeitssuite … das ist doch eigentlich normal, dass da zwei Schlüssel …“, stammelt sie. „Und der Herr Sandig hat doch gesagt, er bräuchte zwei, weil seine Frau noch kommt … ei, habe ich da was falsch gemacht, Herr Hofreiter?“

Der Anton schüttelt den Kopf: „Nein, war schon alles richtig so. Aber ist denn die Frau Sandig noch gekommen an dem Tag?“

„Nee. Also jedenfalls nicht, als ich noch an der Rezeption war.“

Der Hofreiter schaut den Feldkamp etwas ratlos an. Dem schießt gerade ein ganz abenteuerlicher Gedanke durch den Kopf: Was ist, wenn ihn die Frau Sandig belogen hat? Ihm die ganze Zeit nur etwas vorgespielt hat? Was, wenn sie es war, die ihren Mann umgebracht hat? Ein Motiv hätte sie ja gehabt. So, wie der sie behandelt und kurzgehalten hat? Die arme kleine verhärmte Frau Sandig – ist sie in Wirklichkeit ein eiskaltes Luder?

Nein!

Das kann er sich beim besten Willen nicht vorstellen. So hätte ihn eine Frau noch nie hereingelegt in seinem Leben.

Nein!

Der zweite Schlüssel kann nur für eine andere Frau bestimmt gewesen sein. Und der Feldkamp ist sich jetzt auch ziemlich sicher, für welche: für die Frau nämlich, der das rote Seidenhöschen gehört. Für die Frau, die mit dem Sandig Champagner getrunken hat an jenem Abend in der Hotelbar. Aber zur Sicherheit zeigt er jetzt auch der Frau Vollmer das Selfie, das der Sandig von sich und der „Elblette“ gemacht hat.

„Diese Frau da“, fragt er. „Erkennen Sie die wieder?“

„Ja“, nickt die Frau Vollmer. „Das ist doch die Frau von Lewitz, die bei uns am Samstag eingecheckt hat. Warum fragen Sie?“

„Ach, nur so. Und sie war die einzige Frau, die am Samstag allein angereist ist?“

„Ja.“

„Und ist Ihnen an ihr etwas Besonderes aufgefallen?“

„Eigentlich nicht … das war halt so der Typ Businessfrau auf Geschäftsreise … sehr elegant … aber auch so ein bisschen von oben herab. Und was mir aufgefallen ist, war ihr Rollkoffer, so ein richtig teures Teil von Louis Vuitton.“

„Und wer hatte das Zimmer für sie reserviert? Ihre Firma?“

„Nein. Sie selbst. Über eines dieser Hotelportale im Internet. Drei Tage vorher.“

Der Hofreiter schaut immer noch ratlos. „Warum willst du denn das alles wissen, Feldkamp?“, fragt er.

„Weil es mir etwas merkwürdig vorkommt, dass eine Geschäftsfrau in eurem Hotel absteigt, Anton. In einem Romantikhotel. Und das auch noch an einem Samstag, an dem Geschäftsreisende eigentlich schon im Wochenende sind. Und weil ich immer mehr das Gefühl habe, dass der Sandig und diese Frau von Lewitz sich nicht erst in eurer Bar kennengelernt haben.“

„Du meinst, die waren schon vorher verabredet?“

„Genau das! Doch was mir noch nicht klar ist, ist, warum die beiden so getan haben, als ob sie sich gerade erst kennenlernen an diesem Abend …“

Weiterlesen? Alle Teile des Betze-Krimis finden Sie hier.

Zur Person

Udo Röbel, geboren 1950 in Neustadt an der Weinstraße, ist Journalist und Autor. Der ehemalige RHEINPFALZ-Volontär wurde später in die Chefredaktion des Kölner „Express“ und an die Spitze der BILD-Zeitung berufen. Für seine Rolle in der sogenannten Kießling-Affäre wurde er mit dem Wächterpreis der deutschen Tagespresse ausgezeichnet. 1988 stieg er bei der Geiselnahme von Gladbeck zu Entführern und Geiseln ins Auto. Das Verhalten der Medien während der Geiselnahme führte zu einer Erweiterung der Richtlinien im Pressekodex. Heute lebt Röbel in Hamburg und Berlin. Ein Interview mit dem Autor finden Sie hier.

Journalist und Autor Udo Röbel.
Journalist und Autor Udo Röbel.

An dieser Stelle finden Sie ein Video via GlomexSport.

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